Nationalrat erwartet spannende Auftakt-Sitzung
Eine Besonderheit zu Beginn einer Legislativperiode ist, dass auch Regierungsmitglieder Abgeordnete werden. Ein Großteil der bisherigen Minister und Staatssekretäre hat sich wieder um ein Mandat beworben und auch erhalten. Zumindest bis zur Angelobung der nächsten Regierung bleiben etwa Kanzler Karl Nehammer, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Beamtenminister Werner Kogler oder Innenminister Gerhard Karner in Doppelfunktion.
Eine Mehrheit hat die bisherige Koalition freilich nicht mehr. Denn gemäß dem Wahlergebnis ist die FPÖ mit 57 Mandataren vertreten, die ÖVP mit 51, die SPÖ mit 41, die NEOS mit 18 und die Grünen mit 16. Schwarz-Grün fehlen also satte 25 Mandate. Gesetzesbeschlüsse stehen bei der konstituierenden Sitzung allerdings ohnehin nicht an.
Eingeleitet wird diese noch von Wolfgang Sobotka, obwohl der scheidende Nationalratspräsident kein Mandat mehr hat. Seinen Stuhl übernimmt nach der geheimen Wahl durch die Abgeordneten der neue Präsident. Die ÖVP hat angekündigt, sie würde den Kandidaten der stärksten Partei, also der FPÖ, unterstützen. SPÖ und NEOS wollen das von der Person abhängig machen, die Grünen keinesfalls einen Freiheitlichen wählen.
Mit der Entscheidung für Rosenkranz geht die FPÖ auf Nummer sicher. Dieser war schon als Volksanwalt vom Nationalrat gewählt worden, es würde also wenig Anlass geben, ihn nun in neuer Rolle abzulehnen. Als mögliche Nachfolgerin in der Volksanwaltschaft gilt Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.
So gut wie fix ist die Besetzung der weiteren Präsidentenämter. Weder gegen den früheren Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner als Zweiten Präsidenten noch gegen Doris Bures, die als Dritte Präsidentin dann sämtliche Ämter im Präsidium schon ausgeübt haben würde, dürfte es nennenswerten Widerstand geben.
Bevor allerdings zur Abstimmung geschritten werden kann, muss noch die Gelöbnisformel geleistet werden. Geloben müssen die Abgeordneten "unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten".
Während rund zwei Drittel der Abgeordneten dem Nationalrat erhalten bleiben und eine Gruppe Freiheitlicher um Rosenkranz, den früheren Kärntner Landeschef Gernot Darmann und Wendelin Mölzer nach einer Pause zurückkehrt, ist die feierliche Zeremonie für viele mehr oder weniger klingende Namen eine Premiere. Das geht von SP-Chef Babler über den freiheitlichen Manager Arnold Schiefer bis zu den Gewerkschaftschefs Bettina Teiber und Reinhold Binder. Über die FPÖ-Liste kommt mit Marie-Christine Giuliani wieder einmal ein ehemaliger ORF-Star zu einem Mandat.
Außer der Wahl der Präsidenten ist vom regulären Programm nicht viel Aufregendes zu erwarten. Gewählt werden auch Schriftführer und Ordner, dazu werden einige Ausschüsse, etwa Hauptausschuss oder Budgetausschuss und Immunitätsausschuss, eingesetzt. Nicht allzu lange wird man auch auf einen Untersuchungsausschuss warten müssen. Die FPÖ will einen zur Corona-Pandemie so rasch als möglich etablieren. Die dafür nötigen Stimmen kann sie selbst aufbringen.
Eröffnet wird die Sitzung am Donnerstag mit Bundes- und Europahymne. Auf der Besucher-Galerie wird jede Menge politische Prominenz erwartet, allen voran wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen der konstituierenden Sitzung beiwohnen.
Zusammenfassung
- Der Nationalrat startet in eine neue Gesetzgebungsperiode mit der Angelobung von 183 Abgeordneten, wobei ein Drittel Neulinge sind, darunter SP-Vorsitzender Andreas Babler.
- Die Wahl des Präsidiums verspricht Spannung, da Walter Rosenkranz von der FPÖ als Parlamentschef kandidiert und die bisherige Koalition keine Mehrheit mehr hat, Schwarz-Grün fehlen 25 Mandate.
- Die Sitzung wird von Wolfgang Sobotka eröffnet, obwohl er kein Mandat mehr hat, und die FPÖ plant, einen Untersuchungsausschuss zur Corona-Pandemie einzurichten.