Misstrauensantrag in Causa Ischgl gegen Tilg gescheitert
Bernhard Tilg (ÖVP) bleibt Tiroler Gesundheitslandesrat. Der wegen des Corona-Managements schwer unter Beschuss geratene Regierungspolitiker überstand am Mittwoch dank der schwarz-grünen Regierungsmehrheit erwartungsgemäß einen Misstrauensantrag der Opposition. Indes wurde nach einer emotionalen Debatte auch die Expertenkommission zur Untersuchung des Krisenmanagements des Landes beschlossen.
Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne hatten zusammen mit der SPÖ einen Abänderungsantrag eingebracht, wonach der Schweizer Krisenmanager Bruno Hersche und der ehemalige Richter Josef Geisler mit der Zusammensetzung beauftragt werden. Damit fand ein wochenlanges politisches Hickhack um Besetzung und Prozedere vorerst sein Ende. Zuletzt hatte es auch innerhalb der Grünen heftig rumort - der Landesparteivorstand empfahl mehrheitlich, dem Antrag nicht zuzustimmen. Vor allem die Unabhängigkeit von Geisler war zuletzt stark angezweifelt worden. Dieser hatte vor der Landtagswahl im Jahr 2018 für Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Personenkomitee geworben.
Die Grünen bekundeten in der Debatte zwar ihr Bauchweh, stimmten dann aber doch mit. Geisler sei schließlich von der SPÖ vorgeschlagen worden - und nicht von der ÖVP, argumentierte Klubobmann Gebi Mair. Wäre er von der Volkspartei vorgeschlagen worden, hätte man ihn wegen der Platter-Unterstützung ablehnen müssen. Besser sei nun "eine Kommission, als gar keine Kommission" - so der Tenor der Grünen, die auch auf Bedingungen bei der Besetzung wie Internationalität verwiesen. Und Mair sowie sein ÖVP-Pendant Jakob Wolf attackierten die Oppositionsparteien FPÖ, NEOS und Liste Fritz. Das ursprüngliche Modell, wonach jede Partei Experten nominiere, sei gescheitert, weil diese eben keine unabhängigen, internationalen Fachleute nannten. "Sie wollten eine Polit-Kommission", so Wolf in Richtung Opposition. Nur die Rolle von SPÖ-Chef Georg Dornauer lobt er.
Letzterer warf wiederum seinen Oppositions-Kollegen Anpatzversuche von "honorigen Persönlichkeiten" wie Geisler vor. Diese konterten, der SPÖ-Chef sei der ÖVP auf den Leim gegangen, und geißelten die ÖVP. "Jakob Wolf hat ein falsches, dreckiges Spiel gespielt", so FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. Renommierten Persönlichkeiten für die Kommission, die bereits feststanden, habe man peinlicherweise wieder absagen müssen. Die ÖVP habe Angst vor tatsächlicher Aufklärung: "ÖVP heißt Österreichische Vertuschungs-Partei." "ÖVP und Aufklärung - da ist ein Gegensatz an sich", meinte auch Liste Fritz-LAbg. Markus Sint und stellte klar: "Lieber keine Kommission als eine solche."
Das Polit-Hickhack sei ein "fatales Zeichen an die Welt", erklärte NEOS-Landessprecher Dominik Oberhofer. Ein ebenso fatales Zeichen sei Geisler, weil dieser als Präsident des Tiroler Fußballverbandes ständig mit dem Land um Förderungen verhandle und daher nicht unabhängig sein könne.
Abseits der Kommissions-Debatte stand Tilg im Fadenkreuz der versammelten Opposition. Einen "gefährlichen Gefährder" wegen der Causa Ischgl nannte ihn SPÖ-Chef Dornauer. Dieselbe Titulierung hatte der rote Vorsitzende für Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber über. "Wir Tiroler sind nicht so, wie wir im Ausland dargestellt werden", spielte Dornauer auf zahlreiche internationale Medienberichte zu Ischgl an und warf dem Landesrat, Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und der Behörde einmal mehr vor, frühzeitige Warnungen aus Island quasi in den Wind geschlagen zu haben.
"In jedem anderen Land Europas oder in jedem anderen Bundesland wären sie schon gegangen worden", ritt auch Abwerzger heftige Attacken. Nicht minder scharf die Angriffe von Liste Fritz-Klubchefin Andrea Haselwanter-Schneider: "Ihr Rücktritt ist seit Jahren überfällig. Corona hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Es hat unglaubliche Fehlentscheidungen gegeben. Wenn Sie Anstand haben, treten Sie zurück." Über viele Menschen, die sich in Ischgl und Tirol infiziert hatten, sei "Leid gebracht" worden. "Das Problem ist, dass Sie die Menschen nicht mögen. Sie können sich nicht in Menschen hineinversetzen", meinte Haselwanter-Schneider in Richtung Tilg. Ins selbe Horn stieß NEOS-Landessprecher Oberhofer: "Wir entziehen Tilg das Vertrauen."
Die ÖVP machte ihrem Landesrat hingegen die Mauer. "Der Schuldige kann nicht unser Gesundheitslandesrat sein", nahm Klubchef Wolf Bezug auf die weltweite Dimension des Coronavirus. Es gehe darum, "die Dinge aufzuarbeiten", aber man müsse fair sein. Und diese Fairness lasse die Opposition vermissen, indem sie Tilg bereits jetzt das Misstrauen ausspreche - zu einem Zeitpunkt, an dem die Kommission noch nicht einmal mit ihrer Arbeit begonnen habe. Auch die Grünen wollten nicht den Stab über Tilg brechen, wenngleich die Verteidigung verhalten ausfiel. Ja, in Sachen Ischgl seien Fehler passiert, so Klubobmann Mair. Es sei eben nicht - wie Tilg in der Vergangenheit immer wieder betonte - "alles richtig gemacht" worden. Niemand werde sich nach entsprechender Aufklärung der "politischen Verantwortung entziehen" können.
Tilg selbst meldete sich in der Debatte nicht zu Wort. Vor der Misstrauens-Abstimmung waren Anträge auf geheime und namentliche Abstimmung am "Veto" von ÖVP, Grünen und SPÖ gescheitert. Die Landtagssitzung fand wegen der Corona-Maßnahmen im Saal Dogana des Innsbrucker Congresses statt - teils unter Verwendung von Schutzmasken und mit entsprechenden Abständen zwischen den Tischen.
Zusammenfassung
- Bernhard Tilg (ÖVP) bleibt Tiroler Gesundheitslandesrat.
- Der wegen des Corona-Managements schwer unter Beschuss geratene Regierungspolitiker überstand am Mittwoch dank der schwarz-grünen Regierungsmehrheit erwartungsgemäß einen Misstrauensantrag der Opposition.
- Indes wurde nach einer emotionalen Debatte auch die Expertenkommission zur Untersuchung des Krisenmanagements des Landes beschlossen.
- Nur die Rolle von SPÖ-Chef Georg Dornauer lobt er.