Meinl-Reisinger: Österreich in Vermittler-Rolle überschätzt
Auf dem Stammtisch versammelten sich am Dienstagabend u.a. ein Finanzberater, ein Lehrer und eine Kriminalbeamtin in Pension. Fragen u.a. zu den Themen Neutralität, Teuerung, Grenzkontrollen, Cannabis und Pensionen beantwortete Meinl-Reisinger bei einem Glas Soda Zitron - wenngleich sie sich auf Nachfrage auch dazu bekannte, im Wirtshaus normalerweise Bier zu trinken.
Nachdem ein Stammtisch-Mitglied die Neutralität hochhielt, appellierte Meinl-Reisinger dafür, in die europäische Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur zu investieren. Diese müsse abschreckend sein, sodass niemand es wagen würde, ein europäisches Land anzugreifen. Es sei nicht gut, dass Amerika hier eine derart große Rolle spiele. Einen NATO-Beitritt Österreichs strebe sie nicht an. Auch die Rolle des neutralen Österreichs als Vermittler ist für Meinl-Reisinger kein überzeugendes Argument. "Ich fürchte, wir überschätzen uns da ein bisschen", sagte sie mit Blick auf die derzeitigen Vermittler China und die Türkei.
Für die schwarz-grüne Koalition gab es beim Thema Ukraine-Krieg Kritik: Die Abhängigkeit von russischem Gas sei ein Bezahlen des Aggressionskrieges und Zeichen eines Versagens der Regierung. Besonders aber ließ die NEOS-Chefin an den Freiheitlichen kein gutes Haar: Die FPÖ würde die Neutralität hochhalten, gleichzeitig aber Putins Propagandaspiel in Österreich betreiben. Es sei ein Missbrauch der Neutralität, wenn diese als Deckmantel für das Propagieren russischer Interessen benutzt werde.
Einmal mehr sprach sie sich gegen Vermögenssteuern auf Substanz aus, eine Erbschaftssteuer wollte sie aber nicht kategorisch ablehnen. Die Steuerlast müsse jedoch sinken, kritisierte sie die SPÖ, die jedes Problem mit einer Forderung nach einer neuen Steuer beantworte. Sie sprach sich außerdem gegen Grenzkontrollen zu Italien aus. Es brauche besseren Außengrenzschutz in Europa, im inneren sollen Freiheiten aber bewahrt bleiben.
Ausgiebig wurde im Prater auch über eine klassische NEOS-Forderung - die Senkung der Lohnnebenkosten - diskutiert, wollte ein Außendienstmitarbeiter mit seinen Fragen doch nicht locker lassen. Gerade zur Zeit der Teuerung sei es für Arbeitnehmer wichtig, mehr Netto vom Brutto zu bekommen, meinte Meinl-Reisinger. Ausgabenseitig müsse die Regierung den Gürtel enger schnallen - etwa durch weniger Gutscheine und Förderungen. Die gesenkten Kosten würden dann auch an die Arbeitnehmer weitergegeben, ist sie sich sicher. Der Arbeitgeber würde lieber seinen Mitarbeiter zahlen als den Finanzminister, vor allem in Zeiten des Arbeitskräftemangels.
Das treffe auch auf den Unternehmer Sepp Schellhorn zu. Dass dieser ihr als NEOS-Chefin Konkurrenz machen werde, verneinte Meinl-Reisinger. Als leidenschaftlichen Unternehmer wolle sie ihn aber wieder im Team haben. Doch Schellhorn war nicht der einzige ehemalige NEOS-Politiker, den Milborn ins Treffen brachte - wurde doch gar ein Ausschnitt eines Musikvideos von Ex-NEOS-Chef Matthias Strolz gezeigt. "Das ist doch irgendwie großartig, wie der bei sich ist", fand Meinl-Reisinger.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hätte sich als nächster den Fragen der Moderatorin und des Stammtisches stellen sollen. Nach dessen Absage an das Format widmet sich Puls 24 am 3. Oktober stattdessen in einem "Pro und Contra Spezial" der Kickl-FPÖ. Am 10. Oktober begibt sich dann Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler in das Prater-Gasthaus.
Zusammenfassung
- NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat sich im "Bürgerforum" von Puls 24 den Fragen von Moderatorin Corinna Milborn und einigen Stammtischgästen gestellt und dabei vor allem bekannte NEOS-Positionen bekräftigt.
- Nach SPÖ-Chef Andreas Babler kam sie als zweite Parteivorsitzende ins Gasthaus "Luftburg - Kolarik im Prater" und meldete etwa Zweifel an Österreichs internationaler Vermittler-Rolle an.
- Einen NATO-Beitritt Österreichs strebe sie nicht an.