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Mauthausen-Gedenken: Befreiungsfeier mit Mahnung vor Antisemitismus

Am Sonntag wurde der Befreiung des KZ Mauthausens gedacht.

Delegationen aus zahlreichen Ländern haben am Sonntag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen gedacht. Der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Österreich, Willi Mernyi, pochte bei dem Festakt, der unter dem Thema "Vernichtete Vielfalt" stand, auf die anhaltende Gültigkeit des Mauthausen-Schwurs, in dem der Aufbau einer gerechten freien Welt gelobt wird. Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer prangerte in einem Gottesdienst antisemitische Vorfälle an.

200.000 Internierte, 100.000 Tote

Zwischen 1938 und 1945 waren in Mauthausen und seinen 49 Nebenlagern rund 200.000 Menschen aus mehr als 70 Nationen interniert, knapp die Hälfte von ihnen wurde ermordet oder starb in Folge der grausamen Haftbedingungen. Seit Kriegsende wird der Befreiung des KZ in den ersten Maitagen 1945 durch US-Truppen jedes Jahr gedacht. Zur größten KZ-Befreiungsfeier weltweit kommen üblicherweise Tausende Gäste aus aller Welt, darunter auch - mittlerweile hochbetagte - Überlebende des Todeslagers.

Corona-bedingt fielen die Feierlichkeiten anlässlich der 76. Wiederkehr der Befreiung heuer weniger umfangreich aus als üblich. Nur vergleichsweise kleine Delegationen legten vor Ort Kränze nieder. Dafür wurde die Veranstaltung - wie bereits im Vorjahr, als nicht einmal das an Präsenz möglich war - live im Internet übertragen. In Videos, in denen Zeitzeugen und Überlebende zu Wort kamen, wurde den einzelnen Opfergruppen gedacht - unter ihnen Jüdinnen und Juden ebenso wie Roma und Sinti, Zeugen Jehovas, Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung oder politische Gefangene, sogenannte "Schutzhäftlinge".

Kogler, Gewessler und Mückstein

Das offizielle Österreich repräsentierten die Grünen Regierungsmitglieder Vizekanzler Werner Kogler, Klimaministerin Leonore Gewessler und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sowie Vertreter der Landespolitik. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und LH Thomas Stelzer (ÖVP) hatten bereits am Freitag einen Kranz in der Gedenkstätte niedergelegt, ebenso Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Zu Beginn wurde in mehreren Sprache der Mauthausen-Schwur verlesen, in dem es u.a. heißt: "Wir werden einen gemeinsamen Weg beschreiten, den Weg der unteilbaren Freiheit aller Völker, den Weg der gegenseitigen Achtung, den Weg der Zusammenarbeit am großen Werk des Aufbaues einer neuen, für alle gerechten, freien Welt. Wir werden immer gedenken, mit welch großen blutigen Opfern aller Nationen diese neue Welt erkämpft wurde."

Mauthausen-Schwur, solange es Ungerechtigkeit gibt

"Der Mauthausen-Schwur ist kein Schwur aus einer vergangenen Zeit", sagte Mernyi , "keine Idee, die man nicht erreichen kann", sondern er sei "eine Verpflichtung" und "ein ganz konkreter Auftrag, nicht an irgendwen - an uns". Solange es Ungerechtigkeit gebe, "solange es nicht die gleiche Achtung gibt für alle Menschen, gilt diese Schwur". Er hofft, dass die Befreiungsfeier, die vom Mauthausen Komitee Österreich in Zusammenarbeit mit dem Comité International de Mauthausen und der Österreichischen Lagergemeinschaft ausgerichtet wird, 2022 am 15. Mai stattfinden werde "ohne Pandemie-Beschränkung und mit großer Teilnehmerzahl".

Das Gedenken an den einzelnen Denkmälern war heuer nur in kleinem Rahmen und individuell möglich. Vor der offiziellen Befreiungsfeier wurde allerdings in der Kapelle der Gedenkstätte ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert. Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer kritisierte dabei antisemitische Vorfälle: "Wir beklagen und verurteilen in dieser Stunde die Angriffe auf Synagogen in den vergangenen Tagen" sowie "alle Vorfälle des Antisemitismus in den vergangenen Wochen und Monaten, besonders auch jene, durch die das Leid der Opfer von Mauthausen verhöhnt und das Gedenken bei der Befreiungsfeier entwürdigt wurde", so Scheuer. Und: "Wir beklagen die Gewalt und die Toten im Heiligen Land und beten um Frieden in Israel."

Der orthodoxe Erzpriester Alexander Lapin prangerte "Hass, Gewalt, Verachtung und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen oder ganzen Völkern" an. Nur allzu oft meine der Mensch selbst Gott zu sein. "Wir sind nicht Gott. Wir sind nicht diejenigen, die sich die Welt und die Menschen nach ihrem Bilde formen dürfen. Denn dann vergewaltigen wir die Menschen und die Welt", mahnte auch der evangelische Superintendent Gerold Lehner.

Russischer Tapferkeitsorden

Eine besondere Ehrung gab es vor der Feier für Zeitzeugin Anna Hackl: Sie bekam vom russischen Botschafter Dmitri Ljubinski den Tapferkeitsorden der Russischen Föderation überreicht - stellvertretend für ihre verstorbene Mutter Maria Langthaler. Die Familie hatte im Zuge der sogenannten "Mühlviertler Menschenhatz" - einer brutalen Verfolgungsjagd nach einem Großausbruch aus dem KZ im Februar 1945 - zwei sowjetische Gefangene versteckt und ihnen so das Leben gerettet.

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