Maritimer Korridor für Gazastreifen soll am Sonntag öffnen
Aufgrund der katastrophalen humanitären Situation im Gazastreifen hätten sich die EU-Kommission, Deutschland, Griechenland, Italien, die Niederlande, Zypern, die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien und die USA zur Einrichtung des Hilfskorridors entschieden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Bemühungen würden "eng mit der Regierung Israels" abgestimmt.
Laut Angaben von hochrangigen Vertretern der US-Regierung wird der Bau des Hafens, dessen Hauptelement ein provisorischer Pier ist, mehrere Wochen dauern und in Zusammenarbeit mit "Verbündeten" vor Ort sowie mit den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen durchgeführt werden.
Bis der provisorische Hafen errichtet ist, soll es Übergangslösungen geben. Die Hilfslieferungen könnten zum Beispiel vor der Küste auf kleinere Boote umgeladen oder erst einmal nach Israel oder Ägypten transportiert und von dort weitergeleitet werden. Dass die Hilfslieferungen über einen EU-Hafen laufen, soll verhindern, dass andere Güter wie Waffen für die Terrororganisation Hamas in den Gazastreifen eingeschmuggelt werden.
Die Hilfslieferungen werden demnach von einem Hafen auf Zypern abgefertigt. Der Plan baue auf einer ursprünglich von dem Mittelmeerstaat angeregten Initiative auf. Zypern bemüht sich bereits seit Monaten, Hilfslieferungen per Schiff in den Gazastreifen zu leiten. Im Jänner war erstmalig ein Schiff auf den Weg gebracht worden, das allerdings in Ägypten anlanden musste, weil die Häfen entlang des Gazastreifens keinen ausreichenden Tiefgang für große Schiffe bieten.
Es handle sich um ein "komplexes" Vorhaben, das Hilfslieferungen über den Landweg nicht ersetzen könne, hieß es weiter. Israel müsse mehr Grenzübergänge öffnen, um mehr Hilfslieferungen zu ermöglichen. Auch die UNO-Beauftragte für humanitäre Hilfe im Gazastreifen, Sigrid Kaag, sprach sich für die "Erweiterung der Versorgungsrouten über den Landweg" aus.
Von der Leyen kündigte an, noch am Freitag werde eine erste "Pilotmaßnahme" gestartet. Die Vereinigten Arabischen Emirate hätten "durch die Bereitstellung der ersten von vielen Warenlieferungen" geholfen, den Korridor zu aktivieren. Ein Schiff könnte etwa zehn Stunden von Larnaka zum rund 370 Kilometer entfernten Gazastreifen brauchen.
Israel begrüßte den geplanten maritimen Hilfskorridor. Die Initiative werde "die Ausweitung der humanitären Hilfe für den Gazastreifen ermöglichen", erklärte Außenministeriumssprecher Lior Haiat im Onlinedienst X. Auch die auf diesem Weg gelieferten Hilfsgüter sollen demnach "einer Sicherheitskontrolle nach israelischen Standards" unterzogen werden.
US-Präsident Joe Biden hatte am Donnerstag die Einrichtung eines temporären Hafens im Gazastreifen für zusätzliche Hilfslieferungen auf dem Seeweg angekündigt. Biden prangerte in seiner Rede zur Lage der Nation die dramatische humanitäre Lage im Gazastreifen an, versprach den Menschen dort weitere Hilfe und rief Israels Führung zu einem besseren Schutz von Zivilisten auf. "Mehr als 30.000 Palästinenser wurden getötet, von denen die meisten nicht der Hamas angehören", sagte Biden. Kinder seien zu Waisen geworden, Menschen hätten ihre Häuser verloren und seien vertrieben worden. Viele seien ohne Nahrung, Wasser und Medizin. "Es ist herzzerreißend."
Hintergrund der Not im Gazastreifen sind massive Bombardierungen und eine Bodenoffensive Israels in dem Küstengebiet. Das Militär reagiert damit auf das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, bei dem Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel 1.200 Menschen ermordet und 250 entführt hatten. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei Israels Militäroffensive mehr als 30.000 Menschen getötet. Laut Armee sind darunter rund "10.000 Terroristen".
Zusammenfassung
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigt an, dass der maritime Hilfskorridor zum Gazastreifen voraussichtlich diesen Sonntag eröffnet wird, mit einem Pilotprojekt, das bereits am Freitag startet.
- US-Präsident Joe Biden kritisiert die humanitäre Lage im Gazastreifen und verspricht weitere Unterstützung, während er auf den Schutz von über 30.000 getöteten Zivilisten drängt.
- Sowohl die Vereinten Arabischen Emirate als auch Großbritannien, das mehr Lkw-Lieferungen fordert, beteiligen sich an der Errichtung des Seekorridors.