Lukaschenko versetzt weißrussische Armee in Alarmzustand
Angesichts der Proteste nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl hat der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko das Militär mit der "Verteidigung der territorialen Integrität" des Landes beauftragt. Dafür müsse die Armee die "striktesten Maßnahmen" ergreifen, erklärte Lukaschenko am Samstag. In Polen und Litauen gebe es NATO-Truppenbewegungen entlang der Grenze zu Weißrussland, sagte er.
Litauens Präsident Gitanas Nauseda wies diese Behauptung umgehend zurück. Lukaschenko äußerte sich laut einer Mitteilung des Präsidialamts beim Besuch einer Militärbasis in Grodno im Westen des Landes nahe der Grenze zu Polen. Dabei sagte er, die Proteste gegen ihn seien "von außen" gesteuert. "Ich erteile dem Verteidigungsministerium die Anweisung, die striktesten Maßnahmen zu ergreifen, um die territoriale Integrität unseres Landes zu verteidigen." Dies gelte besonders auch für den Westen des Landes, wo es Ende des Monats ein Großmanöver der weißrussischen Armee geben soll.
NATO-Truppen in Polen und Litauen seien entlang der Grenze zu Weißrussland "ernsthaft in Bewegung", sagte Lukaschenko. Er habe deshalb die gesamte Armee seines Landes in Alarmzustand versetzt.
Litauens Präsident dementierte Lukaschenkos Angaben zu angeblichen NATO-Truppenbewegungen umgehend. "Das Regime in Minsk versucht um jeden Preis, die Aufmerksamkeit von den inneren Problemen des Landes abzulenken", erklärte der Staatschef. Dazu zählten auch "haltlose Äußerungen über imaginäre äußere Bedrohungen". Das litauische Außenministerium kündigte für die kommende Woche einen Besuch von US-Außenstaatssekretär Stephen Biegun in Litauen und Russland an, um über die Situation in Weißrussland zu sprechen. Biegun soll am Montag auch die nach Litauen geflohene Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja treffen, wie ihr Team mitteilte.
Die Opposition fordert Lukaschenkos Rücktritt und Neuwahlen. Tichanowskaja hatte am Freitag erklärt, die Weißrussen würden Lukaschenko "niemals" als Präsidenten akzeptieren. In einem Interview gab sie sich am Samstag über einen Machtwechsel zuversichtlich. Lukaschenkos Autorität sei schwer beschädigt, sagte Tichanowskaja. Die Dinge in Weißrussland seien im Wandel, selbst wenn es ihm gelänge, sich vorerst an der Macht zu halten. "Das weißrussische Volk hat sich in diesem Jahr verändert." Es werde Lukaschenko nicht als Präsidenten akzeptieren können und ihm nicht erlauben, ihn so zu behandeln, wie es ihn zuvor behandelt habe. "Ich bin sicher, dass er früher oder später gehen muss." Sie fühle sich verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Demonstranten in ihrem Heimatland zu unterstützen, aber nicht mehr als Präsidentschaftskandidatin, sagte Tichanowskaja.
Der seit 26 Jahren mit harter Hand regierende Lukaschenko wirft den USA vor, die Demonstrationen in Weißrussland zu "planen und zu bezahlen". Die Europäer würden "das Spiel mitspielen". Er werde die politische Krise in seinem Land "in den kommenden Tagen" beilegen, kündigte er an. Am Samstag drohte Lukaschenko der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge mit der Schließung von Fabriken, deren Arbeiter sich an den Protesten beteiligt hatten. Auch eine mögliche Entlassung von Arbeitern habe er angedeutet.
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August gibt es in Weißrussland Massenproteste gegen den laut offiziellem Wahlergebnis mit 80 Prozent der Stimmen wiedergewählten Lukaschenko. Die Opposition, die USA und die EU werfen dem Staatschef massiven Wahlbetrug vor und zweifeln das offizielle Ergebnis an. Für Sonntag ist eine neue Großdemonstration gegen Lukaschenko in Minsk geplant.
Zusammenfassung
- Angesichts der Proteste nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl hat der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko das Militär mit der "Verteidigung der territorialen Integrität" des Landes beauftragt.
- Dafür müsse die Armee die "striktesten Maßnahmen" ergreifen, erklärte Lukaschenko am Samstag.
- In Polen und Litauen gebe es NATO-Truppenbewegungen entlang der Grenze zu Weißrussland, sagte er.
- Die Europäer würden "das Spiel mitspielen".