U-Ausschuss: "Unbequeme" Ex-Beamtin zur Steuercausa Sigi Wolf
Trotz der Absage von René Benko selbst drehte sich ein Großteil des vierten Befragungstages im COFAG-U-Ausschuss erneut um den Signa-Gründer. Als Auskunftsperson geladen: Edi Müller – jetzt Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA) und zuvor Sektionschef im Finanzministerium und gar zwischenzeitlicher Finanzminister in der Expertenregierung Bierlein.
Kein Schmid-"Zwilling"
Müllers direkter Vorgesetzter: Generalsekretär Thomas Schmid. Im März war bei Befragungen im COFAG-U-Ausschuss auch die Rede von den "Zwillingen" Schmid und Müller.
So sei das aber nicht gewesen, sagte Müller am Donnerstag. Er habe sich nicht als Schmid-"Zwilling" gesehen, auch nicht als sein "Buddy". "Es war ein berufliches Verhältnis". Schmid habe Beschwerden an Müller herangetragen - da sei er "verpflichtet gewesen", diesen nachzugehen.
Treffen in Benkos Büro
Schmid dürfte aber auch Termine an ihn herangetragen haben. So auch im Jahr 2017: Mit René Benko persönlich – in Benkos Büro.
Davon sei Müller überrascht worden, meinte er. Dass er als Sektionschef für so einen persönlichen Termin in das Büro des zu Prüfenden komme, sei "nicht gewöhnlich". Damals hätte er es aber nicht als Fehler gesehen und sei nur "vage" informiert gewesen.
Während der Befragung warf Kai Jan Krainer (SPÖ) ein, dass Benko zu diesem Zeitpunkt gar kein offizielles Organ innehatte. Ob Müller das bewusst gewesen war, konnte er am Donnerstag nicht mehr sagen. "Das ist ein Fremder gewesen, quasi. Hätten Sie mit mir über das Steuerverfahren der Signa gesprochen?", wollte Krainer wissen.
Das hätte Müller auch mit Benko nicht gemacht. Benko habe bei dem Treffen drei Punkte erwähnt: die lange Verfahrensdauer, drei Wechsel der Prüfer und das fehlende "Klima der konstruktiven Prüfung".
Grundsätzlich schloss Müller jede Einflussnahme aus: "Es gelten für alle die Gesetze der Republik".
Video: "Ulkige Begründung" für Benko-Absage
Drinks um 21.00 Uhr würde Müller nicht machen
Schmid soll noch in weiteren Fällen versucht haben, Benko und Müller zu vernetzen. So soll es im Jahr 2017 einen Termin für einen Call gegeben haben. "Das war ein Termin zwischen Schmid und Benko", wandte Müller ein.
In der Nachbetrachtung meinte Müller, dass sich Schmid gerne damit wichtig gemacht hätte, andere Personen zu solchen Gesprächen dazu zu holen.
Auch soll es eine Einladung von Benko zu "Drinks um 21.00 Uhr" an den Sektionschef gegeben haben - übermittelt von Schmid. Müller kann sich daran nicht erinnern, betont aber auch, dass er das ohnehin nicht gemacht hätte.
Bei vielen weiteren Detailfragen konnte sich Müller nicht mehr erinnern. Er verwies auf 25.000 bis 30.000 E-Mails, mit denen er pro Jahr zu tun hatte, dazu kämen rund 1.500 Termine und Telefonate pro Jahr.
Müller habe sich "abgeputzt"
Die Abgeordneten überzeugte die Befragung offenbar nicht. NEOS-Mandatar Yannick Shetty meinte, Müller habe sich an Schmid "abgeputzt". Aber: "So unbeteiligt, wie er hier tut, ist er nicht".
Auch FPÖ-Fraktionsvorsitzender Christian Hafenecker merkte an, dass sich Müller "eigentlich an nichts detailliert erinnern kann". Die Befragung erwecke den Anschein von "Pleiten, Pech und Pannen in der Finanzverwaltung".
Für Kai Jan Krainer von der SPÖ ist ein anderer Aspekt besonders bemerkenswert. "Die halbe Finanzverwaltung spricht mit einem Herrn Benko über die Signa, er hat dort aber keinerlei Funktion".
Spitzen-Beamtin appellierte an Schelling
Den Abschluss des Befragungs-Tages bildet die ehemalige Fachvorständin für Großbetriebsprüfung, Beamtin K.
Zehn Monate vor ihrer Pensionierung wurde ihr ein neuer Job im Finanzamt geboten worden. Das Angebot war so gut, dass Sie es nicht ablehnen konnte. Ihr Posten wurde dadurch für eine Neubesetzung frei.
Der Verdacht der Fraktionen im U-Ausschuss ist, dass K. versetzt wurde, weil sie für Milliardäre unangenehm war. Beispiel dafür war die Steuerprüfung von Unternehmer Siegfried Wolf, der Benko als seinen "Guten Freund" bezeichnete. Persönlich sei bei ihr nie interveniert worden, auch nicht von Generalsekretär Schmid. Sie habe aber gewusst, "dass ich nicht beliebt war, wegen Sigi Wolf", sagte die inzwischen Pensionierte.
"Unbequeme" Beamtin
Als Fachvorständin schrieb sie im Jahr 2016 eine E-Mail direkt an den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Es sei der einzige Weg gewesen, wie sie sicherstellen hätte können, dass die Prüfung von Wolf rechtens abgeschlossen würde, begründete K. Österreich sei immerhin ein Rechtsstaat.
Antwort bekam sie vom Minister keine. Bei der Abschlussbesprechung von Wolfs Steuercausa war sie nicht dabei.
"Da bin ich explodiert"
Zwei Tage vor der Besprechung habe dessen Sekretärin angerufen und gefragt, ob man die Besprechung verschieben könne, "da bin ich explodiert und habe gesagt, die Besprechung findet auch ohne Herrn Wolf statt." Daraufhin habe sie einen Anruf "aus dem Ministerium" bekommen, ob man nicht verschieben könne. Letztlich wurde der Termin verschoben, ihr Vorgesetzter habe sie gefragt "ob ich mir nicht doch einen Gleittag nehmen möchte". Das habe sie getan, "wohlwissend, dass ich mich bei der Besprechung wohl nicht adäquat verhalten hätte."
Das Resultat: Eine satte Steuererleichterung von mehreren Millionen. K. plädierte für eine Bemessungsgrundlage von 10,6 Millionen, Wolf musste letztlich nur sieben Millionen zahlen. Sie habe immer geglaubt, dass man sie nicht dabei haben wolle, weil sie "unbequem" sei, sagte K. im U-Ausschuss.
Sie habe keine Angst vor politischen Interventionen gehabt, sagt die Beamtin. Unter ihren Kollegen hätte es aber immer wieder welche gegeben, die sich davor fürchteten.
Zum Nachlesen: Tag 4 im COFAG-U-Ausschuss
Zusammenfassung
- Der Chef der Finanzmarktaufsicht, Eduard Müller wurde im COFAG-U-Ausschuss zu seiner Beziehung zu Benko befragt.
- Die pensionierte Spitzenbeamtin K. plauderte launig über die Prüfung von Investor Sigi Wolf.
- K. erzählte, wie sie noch kurz vor ihrer Pensionierung urplötzlich ein Job-Angebot erhielt, das sie nicht ablehnen konnte - und ihr Posten dadurch für eine Neubesetzung frei wurde.
- Die Vermutung der Fraktionen: K sei für Milliardäre unangenehm gewesen.
- Der vierte Befragungstag im COFAG-U-Ausschuss im Überblick.