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AfD siegt in Thüringen, in Sachsen knapp Zweiter

Die ersten Hochrechnungen nach dem Schließen der Wahllokale bei den Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen sind da: In Thüringen siegt die rechtsextreme AfD, in Sachsen liegt sie nur knapp hinter der CDU auf Platz zwei. Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht dürfte auf Anhieb auf den dritten Platz kommen.

Björn Höcke, der Spitzenkandidat der AfD in Thüringen, kam am Sonntag mit einem Lada zum Wahllokal. Laut den ersten Prognosen, die um 18 Uhr veröffentlicht wurden, gewinnt seine Landespartei, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, die Landtagswahl in dem ostdeutschen Bundesland. Die ersten Hochrechnungen geben den Prognosen recht.

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Es ist das erste Mal, dass die Partei in einem deutschen Bundesland stärkste Kraft wurde. Mit deutlichem Abstand dahinter auf Platz zwei liegt die CDU. Die regierende Linke stürzte auf 11,7 bis 12,4 Prozent ab (2019: 31,0 Prozent). Grüne und FDP kommen demnach nicht in den Landtag.

Hochrechnung Thüringen

Koalitionsfindung wird schwierig

Dass Höcke Ministerpräsident wird, gilt allerdings als unwahrscheinlich, weil wohl keine andere Partei mit ihm zusammenarbeiten will. Auch Sahra Wagenknecht schloss am Sonntag eine Zusammenarbeit mit Höcke aus - nicht aber mit der AfD generell. Sie hofft eher auf die CDU.

Björn Höcke zeigte sich hingegen "stolz und zufrieden" und meinte, das "Brandmauer-Gehabe" gegen seine Partei müsse enden. "Wir sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen", sagte er. Er wolle Gespräche mit allen Parteien führen.

AfD-Bundessprecherin Alice Weidel sagte im ARD, die AfD wolle regieren. Die AfD hätte laut derzeitiger Mandatsverteilung jedenfalls eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der 88 Mandate. Gegen sie wäre beispielsweise keine Verfassungsänderung mehr möglich.

Sitzverteilung Thüringen

Koalitionsrechner Thüringen

Enges Rennen in Sachsen

Bei der Landtagswahl in Sachsen liefern sich die CDU und die - hier ebenfalls als rechtsextrem eingestufte - AfD unterdessen ein enges Rennen. Die Konservativen liegen allerdings knapp voran.

Hochrechnung Sachsen

Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF springt das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in beiden Bundesländern auf Anhieb auf den dritten Platz und rangiert damit vor der SPD und den Grünen. Laut derzeitiger Mandatsverteilung könnte CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer seine seit 2019 bestehende Koalition mit SPD und Grünen in Sachsen fortsetzen.

Sitzverteilung Sachsen

Koalitionsrechner Sachsen

Ampel abgestraft

In beiden Bundesländern sieht die CDU die Regierungsbildung als ihre Angelegenheit an. Die Ampel-Regierung im Bund wurde deutlich abgestraft. 

Noch nie sind die Parteien, die die Bundesregierung stellen, bei Landtagswahlen gemeinsam auf so schlechte Ergebnisse gekommen. Dass das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen aus dem Stand stärker als SPD, Grüne und FDP zusammen abschneidet und die AfD dort nun fast drei Mal so stark ist wie die Ampel, sagt eigentlich alles.

Brandenburg für SPD wichtiger

Dass sich die Koalitionäre kurz vor den Wahlen zusammengerauft und sich in überraschend kurzer Zeit und ohne öffentlichen Streit auf Konsequenzen aus der Messerattacke in Solingen verständigt haben, hat ihnen nicht mehr geholfen. Kanzler Olaf Scholz hat bisher alle Wahlniederlagen an sich abperlen lassen. Doch in drei Wochen steht eine Wahl an, die für die SPD noch wichtiger als Sachsen und Thüringen ist.

In Brandenburg stellen die Sozialdemokraten seit 1990 durchgehend die Ministerpräsidenten. Sollte die Wiederwahl des seit elf Jahren regierenden Dietmar Woidke scheitern, könnte es mit der Disziplin in der SPD vorbei sein.

Dann dürfte es auch für Scholz ungemütlich werden, der vor der Sommerpause vollmundig angekündigt hat, seine Partei in die nächste Bundestagswahl führen zu wollen. Die Debatte über vorgezogene Neuwahlen wegen der schwächelnden Ampel könnte in den nächsten Tagen und Wochen auch wieder aufflammen.

Aber: In Thüringen und Sachsen sind zusammen knapp fünf Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen gewesen. Insgesamt leben in den beiden Ländern nur etwas mehr als sieben Prozent der Bevölkerung Deutschlands, wegen des erwartbar starken Abschneidens der AfD standen die Wahlen aber besonders im Fokus.

Erste Reaktionen aus Österreich

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker findet die "Stärkung der radikalen Ränder in Deutschland alarmierend". Er bezog sich in seiner Reaktion auch auf FPÖ-Chef Herbert Kickl, dem er attestierte, dass dieser den Menschen "das Blaue vom Himmel" verspreche. Kickl selbst gratulierte der AfD zu historischen Wahlergebnissen. Der klare Sieg in Thüringen und das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU in Sachsen seien Ausdruck der Hoffnung auf einen Systemwechsel. "Die Systemparteien wurden massiv abgestraft", freute sich der FPÖ-Chef.

Hinweis: Bei den derzeitigen Zahlen handelt es sich um Hochrechnungen, die Ergebnisse können sich noch leicht ändern. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die ersten Hochrechnungen nach dem Schließen der Wahllokale bei den Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen sind da:
  • In Thüringen dürfte die rechtsextreme AfD siegen, in Sachsen liegt die CDU knapp voran.
  • Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht dürfte auf Anhieb auf den dritten Platz kommen.
  • Ein Debakel für die Ampel zeichnet sich ab.