Kreutner zur Korruption in Österreich: "Zum Fremdschämen"

Martin Kreutner, Sprecher des Antikorruptionsvolksbegehrens und ehemaliger Dekan der internationalen Antikorruptionsakademie, spricht im PULS 24 Interview über Korruption und Bestechlichkeit in Österreich und was sich aus seiner Sicht alles ändern muss.

Letzten Endes waren es zwei "Tropfen", die für Martin Kreutner und andere namhafte Juristen und Politiker das Fass zum Überlaufen brachten und sie das Antikorruptionsvolksbegehren einbringen ließen. Der erste Tropfen war der "schleichende" Versuch der Regierung, die Strafprozessordung so zu ändern, dass Sicherstellungsmaßnahmen im öffentlichen Sektor nicht mehr möglich gewesen wären. Was für Kreutner einer "Zwei-Klassen-Justiz" gleichgekommen wäre.

Der zweite Tropfen war dann die fehlende oder "sehr, sehr schleppende" Umsetzung von Höchstgerichtsurteilen durch "höchste Organe des Staates". Wenn VfGH-Entscheidungen nicht umgesetzt werden, "da gehen wir an die Grundfesten der Verfassung", sagt Kreutner.

Der ehemalige Korruptionsermittler beobachtet diese Vorgänge in Österreich seit Jahrzehnten. Korruption hätte es schon immer gegeben, sagt er, aber diese beiden Punkte haben ihn veranlasst, nun auch die Zivilbevölkerung unterschreiben zu lassen, um etwas zu ändern. Zusätzlich bestätigt fühlt sich Kreutner durch den Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission, die in Österreich gravierende Mängel vor allem im Hinblick auf Angriffe auf die Justiz sieht. Es sei "beschämend" und zum "Fremdschämen", sagt Kreutner, denn auch in internationalen Medien werde berichtet.

Kritik an der WKStA

An der öffentlichen Kritik einzelner Politiker an Staatsanwälten oder Institutionen wie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stört den Juristen vor allem, dass sich auch Politiker an die rechtsstaatliche Ordnung zu halten hätten. Auch Bürger müssten, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, Rechtsschutz bei ordentlichen Gerichten suchen. Politiker würden so die Gewaltentrennung aufheben.

Im Volksbegehren, das noch bis Herbst unterzeichnet werden kann, fordern die Juristen und Politiker unter anderem eine Bundesstaatsanwaltschaft. Diese soll - anders als in der Vorhaben der Regierung - aus mehreren Personen bestehen, die "objektiv und transparent" und ohne politischen Einfluss besetzt werden. Ein weiteres Problem sieht Kreutner in der Inseratenkorruption. Politiker, Chefredakteure und Medieninhaber hätten berichtet, dass durch Inserate Druck auf Medien ausgeübt werde. Das würde die Rolle der Medien als "Public Watchdogs" in Frage stellen. 

Bestehende Gesetze müssen eingehalten werden

Im Grunde sei der österreichische Rechtsstaat "in Summe" und die Gesetzgebung "per se" aber "eine Gute", sagt der ehemalige Ermittler. Es würde reichen, wenn die bestehenden Gesetze eingehalten werden würden. Lücken gebe es etwa noch bei den Befugnissen des Rechnungshofes, wenn es um Parteienfinanzierung gehe, bei der Offenlegung des Vermögens von Politikern und wenn es um das Versprechen von zukünftigen politischen Ämtern gehe. 

ribbon Zusammenfassung
  • Letzten Endes waren es zwei "Tropfen", die für Martin Kreutner und andere namhafte Juristen und Politiker das Fass zum Überlaufen brachten und sie das Antikorruptionsvolksbegehren einbringen ließen.
  • Der erste Tropfen war der "schleichende" Versuch der Regierung, die Strafprozessordung so zu ändern, dass Sicherstellungsmaßnahmen im öffentlichen Sektor nicht mehr möglich gewesen wären.
  • Der zweite Tropfen war dann die fehlende oder "sehr, sehr schleppende" Umsetzung von Höchstgerichtsurteilen durch "höchste Organe des Staates".
  • Der ehemalige Korruptionsermittler beobachtet diese Vorgänge in Österreich seit Jahrzehnten. Korruption hätte es schon immer gegeben, sagt er, aber diese beiden Punkte haben ihn veranlasst, nun auch die Zivilbevölkerung unterschreiben zu lassen.
  • Zusätzlich bestätigt fühlt sich Kreutner durch den Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission, die in Österreich gravierende Mängel vor allem im Hinblick auf Angriffe auf die Justiz sieht.
  • Es sei "beschämend" und zum "Fremdschämen", sagt Kreutner, denn auch in internationalen Medien werde berichtet.