Koalition gegen Angriffe im Roten Meer nimmt Gestalt an
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Montag die Schaffung einer multinationalen Allianz zur Sicherung der Schifffahrtsrouten im Roten Meer bekannt gegeben. An der "Operation Prosperity Guardian" (etwa: "Schutz des Wohlstandes") sind laut Austin auch Großbritannien, Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen und Spanien beteiligt. Die Gruppe werde gemeinsame Patrouillen im südlichen Roten Meer und im Golf von Aden durchführen, kündigte Austin an. Unklar ist jedoch, in welchem Ausmaß sich die anderen Länder an der Operation beteiligen können - etwa, ob sie auch Drohnen und Raketen abfangen können.
Bei einem virtuellen Treffen mit Ministern aus mehr als 40 Nationen forderte Austin am Dienstag weitere Länder auf, einen Beitrag zu leisten, da er das "rücksichtslose Vorgehen der Houthis" verurteilte. "Wir sind alle hier, weil viele Länder direkt zu unseren gemeinsamen Bemühungen beitragen können, strategische Wasserstraßen sicher zu halten", so Austin. Etwa zehn bis zwölf Prozent des Welthandels werden über das Rote Meer, das durch den Suez-Kanal mit dem Mittelmeer verbunden ist, abgewickelt.
In der EU gibt es Diskussionen über eine mögliche Unterstützung der US-Initiative. Die Angriffe der jemenitischen Houthi-Rebellen auf Handelsschiffe seien besorgniserregend und ein inakzeptabler Verstoß gegen das Völkerrecht, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag. Man berate derzeit mit den EU-Staaten und Partnern darüber, wie eine Antwort aussehen könnte. "Was gebraucht wird, ist eine internationale Lösung", sagte der Sprecher.
Als eine Option in der EU gilt, das Mandat der EU-Antipiraterie-Operation Atalanta zu erweitern, um sich am Schutz von Handelsschiffen im Roten Meer zu beteiligen. Zweck der 2008 gestarteten Operation war bisher die Abschreckung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias. Die deutsche Bundeswehr war bis zum Frühjahr 2022 an der Operation beteiligt. Derzeit wird sie insbesondere von Kräften aus Spanien unterstützt.
Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto bezeichnete die Angriffe der Huthis als "terroristisch" und "destabilisierend". Eine erhöhte Präsenz in der betroffenen Region sei nötig, um die Lage zu "stabilisieren" sowie um "Umweltkatastrophen zu vermeiden und einem erneuten Anstieg der Inflation vorzubeugen". Die Fregatte "Virgilio Fasan" wird noch am Dienstag in das Gebiet aufbrechen.
Im Verteidigungsministerium in Berlin hieß es, ein Einsatz werde nach wie vor geprüft. Offen ist, ob dafür ein Mandat des Bundestages nötig wäre. Russland wird sich an der Allianz nicht beteiligen. "Wir nehmen an diesem Einsatz nicht teil", sagte der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow. Spanien hat eine Beteiligung am geplanten Marineeinsatz zur Sicherung der Schifffahrt im Roten Meer gegen Angriffe der Houthis außerhalb von EU- oder NATO-Einsätzen abgelehnt.
Die Houthi-Rebellen im Jemen zeigen sich von dem von den USA geschmiedeten Bündnis zum Schutz der Seeschifffahrt im Roten Meer unbeeindruckt. "Selbst wenn es den USA gelingt, die gesamte Welt zu mobilisieren, werden unsere Militäreinsätze nicht enden", erklärte Houthi-Vertreter Mohammed al-Buchaiti am Dienstag.
Es sei "egal, welche Opfer es uns kostet", betonte al-Buchaiti. Das von den USA initiierte Bündnis sei "im Wesentlichen unnötig", sagte auch der Houthi-Sprecher Mohammed Abdulsalam. Denn alle an den Jemen grenzenden Gewässer seien sicher. Eine Ausnahme gelte für israelische Schiffe oder Schiffe, die Israel ansteuerten, wegen dessen "ungerechtfertigten aggressiven Krieges gegen Palästina". Die Houthis haben sich solidarisch mit der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen erklärt und bereits mehrfach Schiffe im Roten Meer angegriffen sowie Ziele in Israel mit Raketen beschossen.
Die Weltschifffahrtsorganisation IMO verurteilte die zunehmende Zahl von Angriffen auf Handelsschiffe im Roten Meer. "Angriffe auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer sind nicht hinnehmbar", sagte IMO-Generalsekretär Kitack Lim einer IMO-Mitteilung vom Dienstag zufolge. "Die Schiffe müssen im Einklang mit dem internationalen Seerecht ungehindert weltweit verkehren können." Die IMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit derzeit 175 Mitgliedsländern. Sie setzt weltweit verbindliche Regeln für die internationale Schifffahrt.
Derzeit meiden fast alle großen Linienreedereien im Asien-Europa die Passage durch das Rote Meer und den Suezkanal und leiten ihre Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas um. "Die Umleitung der Handelsschifffahrt durch mehrere weltweit tätige Unternehmen ist eine direkte Reaktion auf die aktuelle Bedrohung", sagte Lim. "Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Seeleute vor Schaden zu bewahren und die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Welthandel, der in hohem Maße von der Schifffahrt abhängig ist, zu minimieren."
Zusammenfassung
- "Die Schiffe müssen im Einklang mit dem internationalen Seerecht ungehindert weltweit verkehren können."