Kinderbetreuung: Tirol holte Mio.-Förderungen nicht ab
Die Prüfbehörde empfahl laut "TT", dass die Effizienz und Wirksamkeit der Bedarfserhebung deutlich gesteigert werden müsse, um einen guten Überblick zu ermöglichen. Dass der Großteil der Förderungen liegen geblieben war, sei insbesondere deshalb problematisch, weil diese maßgeblich für den Ausbau der Betreuung für die Unter-Dreijährigen vorgesehen war. In diesem Bereich hat Tirol bekanntlich großen Aufholbedarf. Schwarz-Grün hatte unter dem früheren Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Bundesland von 2013 bis 2022 regiert.
Das Land erklärte hingegeben am Mittwoch auf APA-Anfrage, dass die Bundesmittel "nicht verloren" seien, sondern "im Zuge der laufenden 15a-Vereinbarung über die Elementarpädagogik weiterhin zur Verfügung stehen und vom Land Tirol auch jedenfalls noch abgerufen werden." Die Gelder würden gemeinsam mit Mitteln der Landesregierung für den weiteren Ausbau der Kinderbildung- und Kinderbetreuung verwendet. Indes war man bemüht zu betonen, dass auch in den vergangenen Jahren in diesem Bereich viel investiert worden sei. Bereits rund 27 Millionen Euro an Bundesmitteln seien abgeholt und auch zusätzliche Landesmittel aufgewendet worden. "Allein für die verbesserte Gruppenförderung hat das Land Tirol zuletzt jährlich zusätzlich 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In den Kinderbetreuungsjahren von 2018/19 bis 2021/22 wurden 49 zusätzliche Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen mit 161 Gruppen und zusätzlichen 1.525 Plätzen neu errichtet", hieß es in der Stellungnahme.
Der Landesrechnungshof hatte indes auch für die derzeitige, schwarz-rote Landesregierung Hausaufgaben parat. Diese hatte sich nämlich den Rechtsanspruch auf Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes ab dem Jahr 2026 zum Ziel gesetzt. Die Prüfer bemängelten, dass die Tiroler Förderrichtlinien keine stärkeren Anreize für Kooperationen zur gemeindeübergreifenden Kinderbetreuung enthalte. Außerdem sei das Ziel der "leistbaren" Kinderbetreuung zu unkonkret. Als Grundlage empfahlen die Prüfer harmonisierte Betreuungsbeiträge unter Berücksichtigung der im Österreich-Vergleich niedrigen Erwerbseinkommen in Tirol. Der Maßnahmenplan für die Kinderbetreuung solle außerdem weiterentwickelt werden.
Unterdessen folgten einige politische Reaktionen auf Bekanntwerden des Landesrechnungshofberichtes. Die ÖVP wollte "nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft" blicken, wie Familiensprecher LAbg. Florian Riedl kundtat. Man verwies auf den "Meilenstein" Rechtsanspruch. Schwarz-Rot habe sich ein "ambitioniertes Programm" vorgenommen, Tirol in puncto Kinderbildung und -betreuung zum österreichweiten Spitzenreiter zu machen: "Und das wird uns auch gelingen." Dass der Landesrechnungshof "bereits jetzt" die Kosten für das Recht auf einen Kinderbildungs- bzw. -betreuungsplatz kritisiere, sei "zu kurz gegriffen, angesichts dessen, dass dieses Recht erst bis 2026 erarbeitet wird."
Die nunmehr regierende SPÖ sah sich in ihrer damaligen Kritik als Oppositionspartei bestätigt. "Jahrelang haben wir immer wieder darauf gepocht, dass Schwarz-Grün den Ausbau der Kinderbetreuung in Tirol in den Mittelpunkt rückt. Dass der Landesrechnungshof unsere Kritik aus diesen Jahren nun mit Hinweis auf viele verschenkte Millionen an Bundesfördermitteln bestätigt, ist kein Anlass zur Freude, aber umso mehr ein Ansporn, diese verlorenen Jahre aufzuholen - und das tun wir", erklärte SPÖ-Familiensprecherin LAbg. Claudia Hagsteiner.
Der frühere Koalitionspartner Grüne nutzte den Bericht, die ÖVP zu kritisieren. "ÖVPler mit veralteten Denkmustern" würden immer noch bremsen. Dass die Gelder nicht abgeholt worden seien, liege vor allem an "kurzen Öffnungszeiten - genau deshalb drängen die Grünen stets auf Ganztagsöffnung", ließ Landtagsabgeordnete Zeliha Arslan in einer Aussendung wissen.
Scharfe Kritik an der ÖVP setzte es auch von der Liste Fritz. Der Rechnungshofbericht zeige, "wie unerheblich und unbedeutend" die vorschulische Kinderbetreuung tatsächlich für die ÖVP und ihr "erzkonservatives Weltbild" ist. "Die Familienpolitik der ÖVP war und ist nach wie vor antiquiert und jenseits aller Vernunft. Der Bericht des Landesrechnungshofes beweist das ausführlich", sagte Liste Fritz-Obfrau Andrea Haselwanter-Schneider. Die damals zuständige Ex-ÖVP-Landesrätin Beate Palfrader sei "der lebende Beweis dieser unsozialen, antifamiliären Politik": "Palfrader hat sich in ihrer Eigenschaft als Bildungslandesrätin immer als liberale Politikerin dargestellt, der die Entlastung der Familien eine Herzensangelegenheit sei, tatsächlich war aber das Gegenteil der Fall."
Angriffe hagelte es auch von den oppositionellen NEOS. "Wie der Ausbau der Kinderbetreuung in Tirol abläuft, ist an Dilettantismus nicht zu überbieten", meinte Landtagsabgeordnete Birgit Obermüller. Die nicht abgeholten Gelder beweisen für Obermüller "einmal mehr, dass es der ÖVP nie wirklich ernst war mit dem Bekenntnis zum Ausbau der Kinderbetreuung." "Vor der letzten Landtagswahl mussten sie schließlich auf den Zug aufspringen, da ihre Rückwärtsgewandtheit zu offensichtlich war, nachdem sich alle anderen Parteien für eine flächendeckende und ganztägige Kinderbetreuung stark gemacht hatten", behauptete die Mandatarin.
Zusammenfassung
- Die ehemalige Tiroler Landesregierung bestehend aus ÖVP und Grünen wird in einem Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) wegen ihres Umgangs mit Fördergeldern des Bundes für die Elementarpädagogik kritisiert.
- Für das Land war das Geld indes "nicht verloren".
- Die nicht abgeholten Gelder beweisen für Obermüller "einmal mehr, dass es der ÖVP nie wirklich ernst war mit dem Bekenntnis zum Ausbau der Kinderbetreuung."