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Keine Einigung auf EU-Gipfel zu Corona-Wiederaufbauplan

Der EU-Videogipfel zum Wiederaufbauplan nach der Coronakrise ist am Freitag ohne Einigung zu Ende gegangen. Nun soll ein "echter" Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juli in Brüssel einen Durchbruch im Ringen um den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds bringen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte nach dem Videogipfel am Freitag, es gebe einen "aufkommenden Konsens".

Der EU-Videogipfel zum Wiederaufbauplan nach der Coronakrise ist am Freitag ohne Einigung zu Ende gegangen. Nun soll ein "echter" Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juli in Brüssel einen Durchbruch im Ringen um den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds bringen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte nach dem Videogipfel am Freitag, es gebe einen "aufkommenden Konsens".

Allerdings dürfe man aber auch die Differenzen nicht unterschätzen. "Jetzt gehen wir in eine neue Phase", so Michel. Nunmehr würden die Verhandlungen über den Wiederaufbauplan und das EU-Budget bis 2027 intensiviert. Es gebe die Bereitschaft aller, sich zu engagieren. Vor dem beabsichtigten Gipfel im Juli will Michel neue konkrete Vorschläge vorlegen, kündigte er an.

Der Vorschlag der EU-Kommission für einen 750 Milliarden Euro schweren Aufbaufonds und für ein 1,1 Billionen schweres EU-Budget ist umstritten. Österreich und andere Nettozahler beharren darauf, dass die Hilfen vor allem als Kredite und nicht als Zuschüsse fließen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe aber darauf beharrt, dass - wie von der EU-Kommission vorgesehen - 500 Milliarden der EU-Coronahilfen als Zuschüsse verteilt werden, hieß es.

Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht "noch viel Diskussionsbedarf". Die Debatte am Freitag sei "der Startpunkt für lange Verhandlungen", so Kurz nach der Videokonferenz. In einem "Standard"-Interview betonte Kurz, dass die Gespräche zum Wiederaufbaufonds ein erstes Abtasten der Regierungschefs gewesen seien. Skeptisch sieht er den Plan der EU-Kommission diesen über EU-Anleihen zu finanzieren, die ab 2028 mit EU-Einnahmen getilgt werden sollen. Hier sei man "noch meilenweit von einer Einigung entfernt".

Für einen Kompromiss müsse noch intensiv an vielen Details gearbeitet werden, so Kurz. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass ein Programm zur Modernisierung im Bereich der "Digitalisierung, beim Klimaschutz und allen Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit in Europa durch Reformen betreffen", gelingen könne. "Wenn aber Staaten wie Italien über Urlaubsgutscheine nachdenken oder diskutiert wird, das Geld zur Sicherung eines bedingungslosen Grundeinkommens zu verwenden, führt das nicht zur Stärkung."

"Interessant war für mich, dass durchaus mehr Staaten noch erheblichen Diskussionsbedarf in Bezug auf den Kommissionsvorschlag sehen", sagte der Bundeskanzler dem "Standard". Er hoffe, dass es so schnell wie möglich eine Einigung gebe. "Aber die Vorschläge sehen vor, dass die Gelder aus dem Wiederaufbauplan bis zum Jahr 2027 verteilt werden sollen. Das ist eine Umverteilung, nicht schnelle Hilfe." Auch dass im Kommissionsvorschlag das Kriterium der Arbeitslosigkeit von 2015 bis 2019 herangezogen werde, sei nicht nachvollziehbar. "Das hat mit der Corona-Krise absolut nichts zu tun."

Der Präsident der Europäischen Wirtschaftskammer "Eurochambres", Christoph Leitl, reagierte indes mit Verärgerung darauf, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag nicht auf den Wiederaufbauplan nach der Coronakrise einigen konnten. "Sie haben sich geeinigt, wie man die Wirtschaft stoppt. Jetzt können sie sich nicht darauf einigen, wie man sie wiederbelebt. Schande und Skandal in der europäischen Familie", erklärte Leitl gegenüber der APA.

Der italienische Premier Giuseppe Conte hat in seiner Ansprache beim Video-Gipfel für eine Einigung zum EU-Wiederaufbauplan bis Juli plädiert. "Der Vorschlag der EU-Kommission ist fair und ausgewogen. Das Abkommen muss bis Ende Juli abgeschlossen werden", sagte Conte. "Bei dieser Diskussion von historischem Ausmaß darf keine Gruppe von Ländern die Oberhand gewinnen. Europa in seiner Ganzheit muss mit der Kraft seines ehrgeizigen Vorschlags siegen", sagte Conte in Anspielung auf die "Sparsamen Vier" - die Nettozahler-Allianz von Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich trotz fehlender Einigung zufrieden, sie freut sich auf die nächsten Schritte. Die EU-Führungsspitzen seien einer Meinung, dass die ernste Situation eine "ehrgeizige gemeinsame Antwort" erfordere, die "Solidarität, Investitionen und Reformen" kombinieren, sagte sie nach dem Gipfel.

EU-Ratspräsident Charles Michel will nun in die Verhandlungsphase eintreten und kündigte einen "physischen" EU-Gipfel in Brüssel für Mitte Juli an. "Wir können eine Einigung erzielen, wenn wir den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen verlieren", erinnerte die EU-Kommissionschefin. Zudem dankte sie der kroatischen Ratspräsidentschaft für die Zusammenarbeit. Kroatien habe Hervorragendes geleistet, so die Chefin der EU-Behörde in Brüssel.

Weniger optimistisch bezüglich einer Einigung im Juli äußerte sich am Freitagnachmittag die niederländische Regierung. "Es ist unsicher, ob wir es dann abschließen oder ob wir mehr Sitzungen brauchen", sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Es sei auch offen, ob zusätzliche Sitzungen "im Sommer oder später" stattfinden sollten, so Rutte.

ribbon Zusammenfassung
  • Der EU-Videogipfel zum Wiederaufbauplan nach der Coronakrise ist am Freitag ohne Einigung zu Ende gegangen.
  • Nun soll ein "echter" Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juli in Brüssel einen Durchbruch im Ringen um den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds bringen.
  • EU-Ratspräsident Charles Michel sagte nach dem Videogipfel am Freitag, es gebe einen "aufkommenden Konsens".
  • Er hoffe, dass es so schnell wie möglich eine Einigung gebe.