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Kardinal Schönborn solidarisch mit Ukraine

Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat zur vollen Solidarität mit der Ukraine aufgerufen. Die Ukraine befinde sich in einem Fall von "Notwehr" und müsse sich verteidigen, und der Westen müsse sie dabei unterstützen, sagte der Kardinal in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Es brauche auch Solidarität mit den Flüchtlingen, "da liegt noch einiges vor uns". Kritik übte der Kardinal am "ständigen Nörgeln" der Österreicher über die Corona-Maßnahmen.

Dass zwischen den Flüchtlingen 2015 und den Ukrainern heute unterschieden werde, konnte Schönborn erklären. Grundsätzlich seien alle Flüchtlinge Menschen und als solche zu betrachten, aber die Situation 2015 sei eine andere gewesen. "Das kann man nicht mit der jetzigen Situation vergleichen. Damals kamen vor allem sehr viele junge Männer, jetzt sind es Mütter mit Kindern. Das ist eine andere Situation", so Schönborn. Zudem sei 2015 im Laufe der Zeit die Stimmung gekippt. Er hoffe, dass die Dimension der Flüchtlingswelle diesmal nicht wieder so groß werde, dass die Stimmung sich drehe.

Den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilte Schönborn aufs Schärfste. "Es ist unfassbar. Es ist ein Aggressionskrieg." Er frage sich, warum die freie Welt nach der Annexion der Krim 2014 nicht stärker reagiert habe. Es sei tragisch, dass Waffen geliefert werden müssen, um die Aggression zu stoppen. Ob es einen anderen Weg gibt, könne er nicht beurteilen. "Aber ich begrüße jede Initiative, die in Richtung Frieden geht." Er sehe jedenfalls ein großes Ungleichgewicht und Ungerechtigkeit. Die Ukraine befinde sich in einem Fall von Notwehr und müsse sich verteidigen, und der Westen müsse sie dabei unterstützen.

Das gelte auch für das neutrale Österreich. Neutralität heiße nicht eine moralische Neutralität. "Es darf keine Neutralität gegenüber der Not geben." Solange Russland nicht zu Friedensverhandlungen bereit sei, müsse sich die Ukraine verteidigen. "Das ist legitim und die Ukraine braucht die Solidarität der westlichen Welt." Die russische Aggression könne nicht geduldet werden.

Für die Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche für Präsident Wladimir Putin hat Schönborn kein Verständnis. Diese Symbiose dürfe es nicht geben. Er betonte aber, dass die österreichische Kirche die Gesprächsbasis mit der russischen Kirche erhalten wolle und versuche, ins Gespräch zu kommen. Das sei bisher aber nicht gelungen. Es sei begrüßenswert, dass auch der Papst den Dialog mit dem Oberhaupt der russischen Kirche gesucht habe. Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. ist ein enger Verbündeter Putins.

Sehr verärgert zeigte sich Schönborn über das "ständige Nörgeln" der Österreicher über die Corona-Maßnahmen und das entsprechende Management der Regierung. Es sei nicht die Regierung, die einen Zick-Zack-Kurs fahre, sondern das Virus. Die Österreicher sollten sich dessen bewusst werden, "wie gut es ihnen geht". Dass es unterschiedliche politische Meinungen beim Umgang mit der Pandemie gebe, sei ganz normal. Das sei auf der ganzen Welt so. Niemand kenne die absolute Wahrheit.

Nach dem Umgang der Kirche mit Homosexualität bzw. der Queer-Kultur gefragt, verwies Schönborn darauf, dass er 2017 im Stephansdom gemeinsam mit Aktivist Gery Keszler am Welt-Aids-Tag erstmals für einen konfessionsübergreifenden Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom gesorgt habe. Damals wurde der rund 36 Millionen AIDS-Toten gedacht. Auf das Frauenpriestertum und den Zölibat als weitere "heiße Eisen" der kirchlichen Reformdebatte ging Schönborn zeitbedingt nur mehr knapp ein. Die Frauenordination sei eine tief in der Kirchengeschichte verwurzelte Frage, die sich für die Weltkirche insgesamt stelle und wo auch "etwas in Bewegung" geraten sei. Erst tags zuvor habe er gemeinsam mit dem Generalvikar der katholischen Ostkirchen in Österreich, dem verheirateten Priester Yuryi Kolasa, zehn Krankenwagen gesegnet, die in den kommenden Tagen in die Ukraine überstellt werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat zur vollen Solidarität mit der Ukraine aufgerufen.
  • Die Ukraine befinde sich in einem Fall von "Notwehr" und müsse sich verteidigen, und der Westen müsse sie dabei unterstützen, sagte der Kardinal in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag.
  • Es brauche auch Solidarität mit den Flüchtlingen, "da liegt noch einiges vor uns".
  • Den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilte Schönborn aufs Schärfste.