Justizbereich fiel im Demokratie-Index zurück
Der Index ist der Versuch von sieben demokratiepolitischen NGOs (Antikorruptionsvolksbegehren, Meine Abgeordneten, Wahlbeobachtung.org, Forum Informationsfreiheit, Epicenter Works, Demokratiestiftung, Presseclub Concordia), die Rahmenbedingungen der österreichischen Demokratie zu beschreiben, und erscheint jährlich. Untergliedert ist er in sieben Säulen (Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft) mit diversen Kapiteln. Wie im Vorjahr wurde dabei gesamt ein Wert von rund 57 Prozent ermittelt.
Einziges Unterkapitel mit deutlich negativem Trend war die Justiz, wobei diese insgesamt genau im Schnitt lag. Nach wie vor sei diese im europäischen Vergleich zwar im Spitzenfeld bei der Effizienz und den Verfahrensdauern, betonte Martin Kreutner vom Antikorruptionsvolksbegehren bei einer Pressekonferenz. Deutlichen Handlungsbedarf sieht man aber neben Handy-Sicherstellung und Generalstaatsanwaltschaft mit Kollegialcharakter auch bei der Kronzeugenregelung. Dass über deren Anwendung laut Gesetz der jeweilige Minister bzw. die Ministerin entscheiden müsse, sei unhaltbar, sagte Kreutner. Reformbedarf gebe es außerdem beim umfassenden Berichtswesen bei sogenannten clamorosen Fällen.
Kreutner sieht durch die Regierungsbildung nun ein "Window of opportunity" für Änderungen. Nun könnten etwa jene Parteien, die sich bisher für ein modernes Modell der Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft mit Kollegialcharakter eingesetzt haben, zeigen, dass es ihnen damit Ernst sei, hieß es vor allem in Richtung SPÖ.
Positiv ausgewirkt hat sich laut Mathias Zojer vom Presseclub Concordia der Bereich Exekutive. Dies sei durch den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes bedingt - selbst bei Kritik an Einzelpunkten wie der sogenannten Ewigkeitsklausel, die Änderungen von der Zustimmung der Bundesländer abhängig macht.
Handlungsbedarf sah Menschenrechts-Expertin Marianne Schulze im Bereich Grundrechte. So sei Österreich etwa vom UN-Komitee gegen Folter wegen der unvollständigen Umsetzung der entsprechenden UN-Konvention im österreichischen Rechtssystem kritisiert worden. Das betreffe etwa die Überbelegung und mangelnde medizinische Betreuung in Justizanstalten sowie die mangelnde Unabhängigkeit in der Rechtsberatung von Asylwerbern und die hohe Zahl an Morden an Frauen und Mädchen.
Die Bereiche Souverän, Legislative und Medien schnitten mit einem leichten Minus ab, die Bereiche Parteien und Zivilgesellschaft mit einem leichten Plus.
Zusammenfassung
- Positiv wirkte sich das neue Informationsfreiheitsgesetz auf den Exekutivbereich aus, trotz Kritik an der Ewigkeitsklausel, die Änderungen von der Zustimmung der Bundesländer abhängig macht.
- Menschenrechts-Expertin Marianne Schulze kritisierte Österreichs unvollständige Umsetzung der UN-Konvention gegen Folter, was unter anderem die Überbelegung und mangelnde medizinische Betreuung in Justizanstalten betrifft.