Japans Premier Suga wirft das Handtuch
Als er im September 2020 als Ministerpräsident antrat, standen Umfragen zufolge 74 Prozent der Japaner hinter ihm. Zuletzt fielen seine Zustimmungswerte auf unter 30 Prozent. Mehrere erfahrene Politiker gelten als Anwärter auf seine Nachfolge.
Er wolle sich ganz auf den Kampf gegen Corona konzentrieren und stelle sich deshalb nicht zur Wahl, sagte Suga vor Journalisten. "Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht beides leisten kann und dass ich mich auf eins von beiden konzentrieren sollte." Zuvor hatte Suga noch alle Register gezogen, um sich im Amt zu halten. Seine Überlegungen reichten von einer Kabinettsumbildung bis hin zur Auflösung des Parlaments, das dieses Jahr ohnehin neu gewählt wird.
Japan kämpft derzeit mit seiner schwersten Pandemie-Welle. Suga wird vorgeworfen, Reisebeschränkungen im Land zu zögerlich durchgesetzt und damit der Ausbreitung des Virus Vorschub geleistet zu haben. Aus den Olympischen Spielen im Land konnte er kein politisches Kapital schlagen, und seine Versprechen bei der Amtsübernahme wie niedrigere Handy-Tarife wurden überdeckt von umstrittenen Entscheidungen - unter anderem zur Übernahme von Gesundheitskosten für die ältere Bevölkerung.
Die Tokioter Börse legte kräftig zu, als Sugas Rücktrittspläne bekannt wurden. Die Kurse stiegen, weil das Risiko einer Niederlage der LDP bei der Parlamentswahl gesunken sei, sagte der Volkswirt Toru Suehiro vom Finanzhaus Daiwa Securities. "Alle außer Suga können wieder an Popularität gewinnen." Aktuellen Umfragen zufolge könnte die LDP bei der Parlamentswahl ihre eigene Mehrheit zwar verlieren, in einer Koalition aber weiter regieren.
Einen klaren Favoriten für die Nachfolge Sugas gibt es noch nicht. Aber der für die Corona-Impfkampagne zuständige Verwaltungsreform-Minister Taro Kono will sich laut dem Sender TBS zur Wahl stellen. Der 56-jährige ehemalige Außen- und Verteidigungsminister ist bei jüngeren Wählern beliebt und hat über zwei Millionen Follower auf Twitter.
Seinen Hut in den Ring geworfen hat bereits Ex-Außenminister Fumio Kishida. Er sprach sich zuletzt für ein Konjunkturpaket aus, um die Pandemie-Folgen in den Griff zu bekommen. Ex-Verteidigungsminister Shigeru Ishiba ist ebenfalls beliebt, hat eine Kandidatur bisher aber nur angedeutet. Ishiba war innerhalb der LDP einer der wenigen Kritiker von Sugas Vorgänger Shinzo Abe. Abe war aus gesundheitlichen Gründen nach acht Jahren im Amt zurückgetreten. Zuvor hatten die Regierungschefs häufig gewechselt.
Zusammenfassung
- Der japanische Ministerpräsident Yoshihide Suga tritt nach nur einem Jahr im Amt ab.
- Wegen der Mehrheit der Liberaldemokratischen Partei (LDP) im Parlament übernimmt ihr Parteichef in der Regel auch das Amt des Ministerpräsidenten.
- Suga wird vorgeworfen, Reisebeschränkungen im Land zu zögerlich durchgesetzt und damit der Ausbreitung des Virus Vorschub geleistet zu haben.
- Abe war aus gesundheitlichen Gründen nach acht Jahren im Amt zurückgetreten.