APA/dpa/Kay Nietfeld

Israels Präsident warnt vor Bürgerkrieg

Im Streit zwischen Regierung und Opposition rund um die umstrittene Justizreform versuchte Israels Präsident Izchak Herzog zu vermitteln. Angesichts des gescheiterten Kompromisses zeigte er sich am Mittwoch "zutiefst enttäuscht". Er pochte aber auf ein friedliches weiteres Vorgehen.

Er habe mit aller Kraft an einem Konsens gearbeitet, schrieb Herzog am Mittwoch auf Facebook. "Ich bin auch verletzt und ich bin auch wütend."

Er sei aber nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben. Es dürfe keinen Bürgerkrieg geben. Er bat Israels gewählte Vertreter und Offizielle sowie die gesamte Öffentlichkeit inständig um Gewaltverzicht.

Lösungssuche liegt bei Regierung

Die größte Verantwortung bei der Suche nach Lösungen liege bei der Führung. Er gehe davon aus, dass deren "beruhigenden Worten" bald Taten und ein verbindlicher Arbeitsplan folgen würden, sagte er. Nach der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes am Montag hatte Regierungschef Benjamin Netanyahu angekündigt, Gespräche mit der Opposition über einen Kompromiss führen zu wollen. Bisherige Vermittlungsversuche, auch unter Federführung Herzogs, waren erfolglos geblieben.

EU ruft zu Kompromisssuche auf

Auch die EU hat die israelische Regierung dazu aufgerufen, in der Diskussion um die umstrittene Justizreform nach einem Kompromiss zu suchen. "Die andauernden Debatten und Demonstrationen sind ein Zeichen dafür, dass ein erheblicher Teil der israelischen Bevölkerung besorgt über die Reformen ist", teilte eine Sprecherin Auswärtigen Dienstes am Mittwoch in Brüssel mit. Auch die Europäische Union verfolge die Entwicklungen in Israel mit Sorge.

Die Sprecherin machte dabei auch deutlich, dass sich die aktuellen Entwicklungen negativ auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und Israel auswirken könnten. "Die Beziehungen zwischen der EU und Israel basieren auf gemeinsamen Werten, einschließlich der Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit (...)", erklärte sie. Es sei wichtig, dass die zentralen Werte erhalten blieben. Dazu gehöre auch die Unabhängigkeit der Justiz.

Reservisten wollen Dienst fernbleiben

Ankündigungen von mehr als Zehntausend Reservisten der Armee, nicht mehr zum Dienst zu erscheinen, besorgten Herzog den Angaben nach. "Ihr seid wirklich die Besten der Besten", lobte er. Der Präsident bat die Reservisten zugleich, immer wieder über jeden ihrer Schritte nachzudenken. Israel sei ihre Heimat und auch die ihrer Familien. Beobachter warnen schon länger, dass das Militär im Falle eines bewaffneten Konflikts nicht mehr ausreichend einsatzbereit wäre.

Am Mittwochmorgen war das am Montag verabschiedete Gesetz in Kraft getreten. Es ist Teil eines größeren Gesetzesvorhabens der rechts-religiösen Regierung und sieht vor, dass Richter Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister nicht mehr als "unangemessen" einstufen können. Experten rechnen damit, dass so etwa die willkürliche Besetzung entscheidender Positionen gefördert wird. Dies betrifft auch Posten wie etwa der Generalstaatsanwältin oder des Polizeichefs. Kritiker sehen die Gewaltenteilung und damit Israels Demokratie massiv in Gefahr. Viele Israelis sind Herzog zufolge erfüllt von "tiefer und echter Sorge über das, was passiert - und was noch passieren wird".

ribbon Zusammenfassung
  • Im Streit zwischen Regierung und Opposition rund um die umstrittene Justizreform versuchte Israels Präsident Izchak Herzog zu vermitteln.
  • Angesichts des gescheiterten Kompromisses zeigte er sich am Mittwoch "zutiefst enttäuscht".
  • Er pochte aber auf ein friedliches weiteres Vorgehen.