Impfpflicht-Gesetz wird finalisiert
Einwände wurden im Zuge der Begutachtung viele deponiert - nicht nur die von zahllosen Privatpersonen vorgebrachte komplette Ablehnung, die den allergrößten Teil der 108.325 Stellungnahmen ausmachte. Viele Institutionen und Experten deponierten Anregungen und Bedenken etwas hinsichtlich der verfassungskonformen Ausgestaltung (auch mit Blick auf Omikron), der technischen Abwicklung (laut ELGA ist die technische Umsetzung erst ab April möglich) oder des enormen Arbeitsanfalls, der auf die Behörden und Gerichte zukommt.
Anfang Dezember habe man gegen die Delta-Variante des Coronavirus eine gute Ausgangslage gehabt, sagte Mückstein nach dem Ministerrat am Mittwoch und sprach von einer Gesamtimmunität von 90 Prozent. Die ansteckendere Omikron-Variante habe dann ordentlich durchgemischt. Die Impfpflicht sieht der Gesundheitsminister deshalb auch als "Perspektive für den Sommer, für den Herbst". Er bekräftigte nochmals, dass sie Anfang Februar starten wird, und auch für die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer ist der Zeitplan für die Impfpflicht "fix".
Um sicher durch den nächsten Winter zu kommen, brauche man eine hohe Gesamtimmunität in der Bevölkerung, sagte Mückstein weiter. "Der Weg dorthin kann durch Ansteckung passieren oder er kann sicher passieren durch die Impfung. Ich bin dafür, dass wir die Impfung in den Vordergrund stellen." Mit Information und Aufklärung will Mückstein die Bevölkerung auch weiterhin von der Impfung überzeugen.
Politische Abstimmungsprozesse sowie der parlamentarische Prozess zur Impfpflicht würden laufen. Jetzt werden die Stellungnahmen in seinem Ministerium gesichtet "und in den kommenden Tagen gegebenenfalls eingearbeitet", hieß es am Mittwoch gegenüber der APA.
Verärgert zeigt sich indes der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), weil laut ELGA eine volle Einführung der Impfpflicht technisch nicht schon mit Februar machbar sein werde. "Das klingt nach billiger Ausrede", meinte der aktuelle Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz in der "TT". Technische Argumente dürften nicht vorgeschoben werden: "Es ist auf Hochdruck daran zu arbeiten. Dann muss man halt Überstunden machen, das Problem lösen."
Seitens der SPÖ wurden Änderungswünsche deponiert: Der stv. Klubobmann Jörg Leichtfried plädierte für eine - auch von Richtern, Rechtsanwälten und anderen Juristen verlangte - laufende Evaluierung, ob die Impfpflicht noch verhältnismäßig ist, samt laufenden Berichten der Regierung an das Parlament. Denn die pandemische Situation ändere sich laufend. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will die Impfpflicht einerseits auch auf den Arbeitsplatz ausgedehnt haben - und andererseits erst ab 18 Jahren (und nicht ab 14) vorschreiben. Denn eine Off-Label-Impfung im Gesetz zu verankern gehe nicht, sagte er gegenüber ATV. Nichts hält Hacker davon, dass am Arbeitsplatz weiterhin 3G, also auch Tests, gelten sollen. Vor damit entstehenden Problemen und vielen Gerichtsverfahren haben in der Begutachtung auch einige Juristen gewarnt.
FPÖ-Chef Herbert Kickl will keine Änderungen, sondern den Verzicht auf das Gesetz. Aus seiner Sicht kann "nur eine Absage des Impfzwang-Gesetzes den verfassungskonformen Zustand in unserem Land wieder herstellen".
Die Zeit drängt: Schon kommenden Montag soll über den Entwurf im Gesundheitsausschuss - auch mit einem Expertenhearing - beraten werden. Ende der nächsten Woche stehen reguläre Nationalrats-Sitzungen am Programm, bei denen das Gesetz dann schon beschlossen werden könnte. Nach der Zustimmung des Bundesrates in seiner Sitzung am 3. Februar könnte die Impfpflicht dann tatsächlich "Anfang Februar" starten - woran Nehammer und Mückstein ungeachtet so mancher Rufe nach Verschiebung (u.a. auch seitens der Wirtschaftskammer) festhalten wollen.
Jedenfalls noch zu klären ist allerdings angesichts der ELGA-Ankündigung, wie man die Impfpflicht bis April technisch und organisatorisch abwickelt. Mückstein hat bereits die Variante ins Spiel gebracht, dass man anfangs für eine Übergangsphase ein sogenanntes Kontrolldelikt etablieren könnte. Das würde bedeuten, dass die Behörden ähnlich wie im Straßenverkehr Kontrollen durchführen und auch Geldstrafen verhängen können.
Im "Vollausbau" sollen dann alle in Österreich lebenden Menschen ab dem 14. Lebensjahr an vierteljährlichen "Impfstichtagen" als geimpft oder mit attestierter "Ausnahme" im Zentralen Impfregister eingetragen sein. Ungeimpfte werden in Erinnerungsschreiben zu Impfung oder Ausnahme-Nachweis bis zum nächsten Stichtag aufgefordert. Ausnahmen gibt es bei Schwangerschaft, aus ärztlich bestätigten gesundheitlichen Gründen und für Genesene. Kommen sie dem nicht nach, erhalten sie eine Strafverfügung von der Bezirksverwaltungsbehörde. Das Strafmaß beträgt bis zu 600 Euro im "abgekürzten" und bis zu 3.600 Euro im "ordentlichen" Verfahren (zu dem es kommt wenn im "abgekürzten" nicht bezahlt oder Einspruch erhoben wird). Dezidiert nicht vorgesehen ist physischer Zwang, die Geldstrafe kann nicht in eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden.
Zusammenfassung
- Nach dem Ende der Begutachtungsfrist wird jetzt der Gesetzesentwurf für die Impfpflicht finalisiert.
- Die Regierung berät darüber heute, Mittwoch, auch mit Oppositionsparteien und Verfassungsjuristen in nicht-medienöffentlichen Videokonferenzen.
- Mit Information und Aufklärung will Mückstein die Bevölkerung auch weiterhin von der Impfung überzeugen.
- Politische Abstimmungsprozesse sowie der parlamentarische Prozess zur Impfpflicht würden laufen.