Ibiza-U-Ausschuss: Korruptionsjäger findet einiges "ungewöhnlich"
Deutlicher als am Donnerstag zeigten sich die Probleme bei der heimischen Justiz bisher an keinem U-Ausschuss-Tag. Gregor Adamovic, Oberstaatsanwaltschaft der WKStA. plauderte bereitwillig und offen über die Ermittlungen und Probleme mit Pilnacek, Fuchs und Co.
Aber der Reihe nach. Adamovic findet einiges an den Ermittlungen zum Ibiza-Komplex "ungewöhnlich". Darunter fallen etwa Weisungen der OStA. nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos oder zur "Schredder-Affäre" wie auch das Verhalten des Ermittlers, Strache-Bekannter und ÖVP-Gemeinderatmitglied Niko R, der auch in der Soko Tape ermittelt. Oder auch, dass das Handy des Shredderers, Arno M., nicht sichergestellt wurde und Ex-Novomatic-Chef Neumann offenbar bei der Hausdurchsuchung sinngemäß sagte, er hätte die Ermittler bereits vor zwei Wochen erwartet - just der Zeitpunkt, an dem der Termin eigentlich anvisiert war.
Er kritisierte auch direkt die Leitung der Soko Tape Andreas Holzer. Dieser habe auf Anfrage der WKStA, ob die Polizisten befangen seien, mit "Nein" geantwortet. Die WKStA. habe dann eine "seltsame Nachricht" von Niko R. gefunden. Er habe Strache geschrieben, dass er auf "einen Rücktritt vom Rücktritt" hoffe. "Für uns war unverständlich, dass das von der SoKo-Leitung nicht offengelegt wurde, obwohl die Verbindung bekannt war und wir danach gefragt haben", sagt Adamovic. Es sei nicht üblich Whastapp-Kommunikation mit Beschuldigten zu pflegen.
Dirty Campaigning?
Adamovic legte ein Dokument mit ÖVP-Wasserzeichen vor, dass der WKStA. anonym mittels USB-Stick übermittelt wurde. Es handelt sich um einen Sachstandsbericht der SoKo, indem die Arbeit der WKStA stark kritisiert wird. Dem Datenträger lag ein Schreiben bei, das auch PULS 24 vorliegt. Darin ist von "dirty campaigning" gegen die WKStA. die Rede. "Die Sache ist sehr aufklärungsbedürftig", sagt ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl. Die NEOS forderen Gerstls Rücktritt.
Was Pilnacek angeht, ist Adamovic in vielen Punkten sehr verwundert. Unter anderem, "dass er (Pilnacek, Anm.) nicht viel Kenntnis vom Verfahren hat" und, dass dieser zwar oft von seinem Recht Informationen einzuholen gebrauch mache, aber dabei ging es selten um tatsächliche Inhalte. Ob man damit die Arbeit der WKStA stören oder in die Länge ziehen wollte, wollte Adamovic nicht direkt beantworten.
Shreddergate & Ibiza
Wolfgang Gerstl von der ÖVP hat es vielleicht bei der ersten Fragerunde überhört, deshalb wollte er von Adamovic feststellen lassen, dass es bei den Ermittlungen zum Shreddergate keinen Verbindung zu Ibiza gibt. Adamovic stellte klar, dass das nicht so sei, man könne keinen Zusammenhang mehr nachweisen. Weil man mit Shredderstaub nichts beweisen könne.
Nicht viel Neues bei Befragung von Nittel
Die Befragung von Maria-Luise Nittel, Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, war nicht sehr erkenntnisreich. Zu inhaltlichen Fragen des Ibiza-Verfahrens wollte sie mit dem Verweis auf laufende Ermittlungen nichts sagen.
Zum Vorgehen ihrer Behörde nach Auffinden des Ibiza-Videos durch die SoKo sagte sie, sie sei von ihrem fallführenden Staatsanwalt Ende April informiert worden, dass es sich bei sichergestellten Datenträgern womöglich um das Video handeln könnte. Sie sei allerdings nicht zuständig andere Behörden zu informieren.
Der Ibiza-U-Ausschuss geht nun in eine Sommerpause. Die Befragungen gehen im September weiter.
Der Ticker zur Nachlese
Zusammenfassung
- Der letzte Ibiza-U-Ausschuss-Tag vor der Sommerpause war teils überraschend und offenbart Probleme in der heimischen Justiz.
- Deutlicher als am Donnerstag zeigten sich die Probleme bei der heimischen Justiz bisher an keinem U-Ausschuss-Tag.
- Gregor Adamovic, Oberstaatsanwaltschaft der WKStA.
- Adamovic findet einiges an den Ermittlungen zum Ibiza-Komplex "ungewöhnlich".
- "Die Sache ist sehr aufklärungsbedürftig", sagt ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl.