Fischer hätte Hilfszahlungen an UNRWA nicht gestoppt

Hätte der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer alleine zu entscheiden gehabt, hätte er die Zahlungen an das UN-Palästina-Hilfswerk UNRWA nicht gestoppt. Die Aufklärung der Causa hätte er ebenso vorangetrieben, sagt Fischer im Interview bei "Heiß Umfehdet".

Mitarbeitern des Palästina-Hilfswerks UNRWA, die zu den Vereinten Nationen (UN) gehören, wird vorgeworfen, beim Massaker der Hamas auf Israel mitgemacht zu haben. Über 1.000 Tote waren die Folge. Seither geht Israel gegen die Hamas vor. Im Gazastreifen beklagt man laut unbestätigten Zahlen mehr als 25.000 Tote. 

Der Internationale Gerichtshof forderte Israel auf, das Leben von Palästinensern stärker zu schützen. 

Fischer kritisiert Israel

Die israelische Militäraktion in Gaza sieht der Heinz Fischer kritisch. "Israel sagt ja, ja wir tun alles, was uns möglich ist." Aber selbst die USA hätten Zweifel daran.

Netanjahu sei ein Ministerpräsident und Israel ein Land, "aber Netanjahu ist nicht Israel. Und es gibt viele Israelis, die mit diesem Ministerpräsidenten keine Freude haben", sagt der ehemalige Bundespräsident im Interview bei PULS 24 Anchorwoman Manuela Szinovatz.

Die Opferzahl sei mittlerweile "schrecklich groß", der Konflikt erfordere "besondere Aufmerksamkeit". Der Internationale Gerichtshof habe eben deshalb vor einer Woche entschieden, sich mit dem Genozid-Vorwurf zu beschäftigen. Es gebe "Juristen, die meinen, hier ist der Tatbestand des Völkermords bereits etwas, was man überprüfen muss". Fischer glaubt daran, dass der Internationale Gerichtshofe sehr sorgfältig vorgehen werde. 

"Eine palästinensische Mutter weint genauso über ein totes Kind, wie eine israelische Mutter. Und daher ist jedes einzelne zivile Todesopfer, jedes einzelne Kind um eins zu viel. Und das gilt natürlich in genau, genau, genau der gleichen Weise für israelische Mütter und israelische Kinder. Und darum ist der Anschlag der Hamas so zu verurteilen."

Skandal um UN-Hilfswerk

Die Vorwürfe gegenüber dem Palästinenser-Hilfswerk der UN, der UNRWA, sieht Fischer kritisch. Laut aktuellem Wissensstand sollen sich Mitarbeiter:innen aktiv an dem Massaker der Hamas am 7. Oktober beteiligt haben.

Der Vorfall müsse aufgearbeitet und untersucht werden, aber die Vereinten Nationen deshalb infrage zu stellen, "wäre ein Schuss ins eigene Knie", so Fischer. Die UN sei sehr wichtig, und auch UN-Generalsekretär António Guterres habe klar Stellung bezogen, so Fischer. Es brauche Aufklärung und volle Transparenz.

Fischer hätte Hilfe fortgesetzt

Die Frage nach dem Stopp der Hilfszahlungen findet Fischer sehr schwierig. Es sei klar, dass die Täter innerhalb der UNRWA bestraft werden müssen, und es Aufklärung braucht. Gleichzeitig würden hier auch Menschen, die sich "nichts zuschulden kommen haben lassen, außer, dass sie im Gazastreifen wohnen und Palästinenser sind, durch den Stopp von Hilfslieferungen oder eine Reduzierung noch stärker in existenzielle Notlagen geraten."

Wenn er selbst allein zu entscheiden gehabt hätte und das allein mit sich ausmachen hätte müssen, dann hätte Fischer die Aufklärung vorangetrieben, "aber die überlebenswichtigen Lieferungen an die Palästinenser nicht gestoppt". Aber er wolle niemanden kritisieren.

Auch bei der Waffenstillstandsresolution der Vereinten Nationen hätte er anders gestimmt. "Die Resolution wäre super gewesen, wenn als dritter Punkt eine Verurteilung der Hamas dazugekommen wäre." Aber nur weil dieser Punkt gefehlt hatte, hätte er nicht gegen sofortigen Waffenstillstand und die bedingungslose Freilassung der Geiseln gestimmt.

"Also ich verstehe diese Entscheidung nicht. Ja, ich habe sie kritisiert und ich habe bisher lauter positive Stellungnahmen auch von Diplomaten zu dieser Kritik bekommen."

Überforderte Welt

Die USA würden sich bereits im Vorwahlkampf befinden, alle Parteien würden nun mit größter Vorsicht agieren. Deshalb könne man hier kein "Machtwort" im Nahost-Konflikt erwarten

Der US-Außenminister Anthony Blinken habe aber "ehrliche Absicht", das "Überleben der Palästinenser zu sichern, aber auch das Existenzrecht" Israels. Die Sicherheit Israels sei "ein wichtiges Postulat", "aber das Überleben der Palästinenser und ihre Menschenwürde und ihre Absicherung gegen einen Völkermord ist die zweite wichtige Frage".

Aber auch die Vereinten Nationen hätten Schwierigkeiten mit der Umsetzung und seien "überfordert". 

ribbon Zusammenfassung
  • Die hohe Opferzahl in Gaza, mit mehr als 25.000 zivilen Opfern, erfordert besondere Aufmerksamkeit und löst international Besorgnis aus.
  • Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer erklärt im Interview bei "Heiß Umfehdet" seine Position zum Nahost-Konflikt und dem Skandal rund um das UN-Palästina-Hilfswerk UNRWA.
  • Wenn er alleine zu entscheiden gehabt hätte, dann hätte er die Aufklärung in der Causa vorangetrieben, aber auch die Hilfszahlungen nicht gestoppt.
  • Fischer kritisiert auch Österreichs Abstimmung gegen die Waffenstillstandsresolution der Vereinten Nationen.