Hamas-Angriff: Was passiert jetzt mit den Geiseln?

Bei ihrem Angriff auf Israel verschleppte die islamistische Hamas Dutzende Israelis in den Gaza-Streifen und hält sie dort als Geiseln. Nahost-Experte Ben Segenreich analysiert, welches Ziel die Hamas damit verfolgt.

Seit dem massiven Überraschungsangriff der islamistischen Hamas auf Israel Samstagfrüh wurden über 100 Israelis in den Gaza-Streifen verschleppt, darunter auch Frauen und Kinder. Sonntagabend dementierte die israelische Regierung Berichte, wonach es Verhandlungen über die Geiseln mit der Hamas gegeben habe.

Es wurde aber ein "Einsatzzentrum für vermisste Menschen" in der Nähe des internationalen Ben Gurion Flughafens in Lod in Zentralisrael von der Polizei und der Armee eingerichtet. Dutzende verzweifelte Angehörige sind dort seit Samstagabend, in der Hoffnung, Informationen zu bekommen. 

Viele hoffen dort auf Hilfe, so wie die 42-jährige Mor Strikovski, deren 63-jährige Mutter aus dem Kibbuz Beeri in der Nähe des Gaza-Streifens verschwunden ist. Wie andere Israelis auch, ist sich Strikovski sicher, ihre Mutter auf einem im Internet entdeckten Video erkannt zu haben. "Hamas-Leute haben sie mit ihrem Mann und zwei Nachbarn in ihrem Haus gekidnappt und haben sie aus dem Kibbuz gebracht. Wir denken, sie sind in Gaza", sagt sie sichtlich in Angst um ihre Mutter.

Hamas hofft auf Gefangenenaustausch

Die Hamas nehme Geiseln zu "zwei Zwecken", erklärt Nahost-Experte Ben Segenreich im PULS 24 Interview. In erster Linie erhoffe sie sich dadurch einen "Gefangenenaustausch". So wolle die Hamas durch die Geiselnahme "inhaftierte Hamas-Terroristen, die in Israel in Haft sind, weil sie Terrorakte begangen haben, freipressen"

In der Vergangenheit habe es solche "Tauschgeschäfte" immer wieder gegeben, dann allerdings mit einem "speziellen Wechselkurs", so Segenreich. In einem Fall sei ein einziger israelischer Soldat gegen einige hundert Hamas-Terroristen getauscht worden.

Geiseln als "Kalkül"

Ein zweiter Grund für die Geiselnahme dürfte sein, dass die Gefangenen offenbar an verschiedenen Orten im Gaza-Streifen festgehalten werden. Das sei "sicher ein Kalkül" der Hamas, vermutet Segenreich.

Damit erschwere die Terrorgruppe israelische Angriffe, denn Israel müsse bei seinen Schlägen gegen Hamas-Einrichtungen aufpassen, nicht auch seine eigenen Landsleute zu treffen. 

Israel stünde deswegen vor einem großen Konflikt, fasst Segenreich die Lage zusammen. Die Hamas vermeldete erst Montagmittag, dass vier israelische Gefangenen bei Bombardierungen durch Israel getötet worden seien, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Manche Angehörigen erfuhren nur über Online-Netzwerke, dass Familienmitglieder verschleppt worden waren. So auch Adva Adar deren 85-jährige Großmutter aus dem Kibbuz Nir Oz von der Hamas entführt wurde. "Wir wissen nicht, wo sie ist und ob sie Essen und Wasser hat", sagt die Enkelin und weint. "Sie ist krank. Sie braucht Medikamente. Selbst in unseren schrecklichsten Albträumen hätten wir uns das nicht vorstellen können."

ribbon Zusammenfassung
  • Bei ihrem Angriff auf Israel verschleppte die islamistische Hamas Dutzende Israelis in den Gaza-Streifen und hält sie dort als Geiseln.
  • Die Hamas nehme Geiseln zu "zwei Zwecken", erklärt Nahost-Experte Ben Segenreich im PULS 24 Interview.
  • So wolle die Hamas durch die Geiselnahme "inhaftierte Hamas-Terroristen, die in Israel in Haft sind, weil sie Terrorakte begangen haben, freipressen". 
  • Ein zweiter Grund für die Geiselnahme dürfte sein, dass die Gefangenen offenbar an verschiedenen Orten im Gaza-Streifen festgehalten werden.
  • Damit erschwere die Terrorgruppe israelische Angriffe, denn Israel müsse bei seinen Schlägen gegen Hamas-Einrichtungen aufpassen, nicht auch seine eigenen Landsleute zu treffen.