Pro und Contra 12.05.2021

Hafenecker schlägt bei Scheitern von Kurz andere Regierungsform, ohne die ÖVP, vor

Bei Pro und Contra Spezial kam es am Mittwoch zwischen den Fraktionsführern im U-Ausschuss zu heftigen Wortgefechten. Christian Hafenecker von der FPÖ schlug im Fall eines Scheiterns von Kanzler Kurz sogar eine Vierparteien-Regierung ohne ÖVP vor.

Bei Corinna Milborn diskutierten bei "Pro und Contra Spezial" die Fraktionsvorsitzenden aller fünf Parteien im Ibiza-U-Ausschuss zum Thema "Ermittlungen gegen den Kanzler – Was sind die Konsequenzen?". Zum Ausreden kam kaum jemand. Andreas Hanger, der Fraktionsvorsitzende der ÖVP beschwerte sich, dass es "vier gegen eins" stehe, dass sich also die vier anderen Gesprächspartner Nina Tomaselli (Grüne), Kai Jan Krainer (SPÖ), Christian Hafenecker (FPÖ) und Stefanie Krisper (NEOS) gegen ihn verbünden würden. Im Gegenzug merkte Kai Jan Krainer an: "Keiner hier im Studio teilt so aus wie der Herr Hanger" und warf ihm im Gegenzug vor, untergriffig und beleidigend zu sein.

"Objektives Auswahlverfahren"

Andreas Hanger (ÖVP) stellte gleich zu Beginn fest, dass für ihn der Sachverhalt sehr klar sei. Es sei nicht relevant, wann der Bundeskanzler davon erfahren habe, wann Thomas Schmid zum Vorstand der ÖBAG bestellt worden sei. Er kritisiert, dass die Qualifikation von Thomas Schmid, dem umstrittenen Chef der ÖBAG, in Frage gestellt wird. "Alle Persönlichkeiten, die aus dem Umfeld der ÖVP kommen, werden permanent als unqualifiziert hingestellt", kritisierte er die Gesprächspartner. Fachexperten würden Schmids Qualifikation nicht in Frage stellen. Es habe ein objektives Auswahlverfahren gegeben und Thomas Schmid mache einen guten Job, so Hanger. 

"In der Runde wird er mit der Meinung alleine sein", erwiderte Nina Tomaselli von den Grünen. Sie freute sich, dass es eine Staatsanwaltschaft gebe, die sich traue, auch gegen Mächtige und Wohlhabende vorzugehen und eine gut funktionierende Justiz, die unabhängig ermittle. Der Rechtsstaat funktioniere. 

"Getürkt von Anfang an"

Krainer (SPÖ) warf Schmid vor, die Ausschreibung für seinen Posten "getürkt" zu haben. Handschriftliche Notizen dazu würden dem U-Ausschuss vorliegen. Nina Tomaselli, die im Ton zurückhaltend blieb argumentierte: "Ja, es mag professionell gewesen sein. Es war professionell durchgeplant von Thomas Schmid." 

Hafenecker: Täglich neuer ÖVP-Skandal

Christian Hafenecker von der FPÖ forderte am Mittwoch den Rücktritt des Kanzlers. Die ÖVP hätte schon "sehr oft" ihre Macht missbraucht. "Die ÖVP wacht Tag für Tag mit einem neuen Skandal auf und macht nicht einmal Anstalten, etwas zu ändern oder die Verantwortung für ihr eigenes Tun zu übernehmen. Moralisch hat die ÖVP schon lange nicht mehr den Anspruch, diese Republik zu führen." "Die FPÖ spricht von Moral, da kann ich nur lachen", erwiderte der ÖVP-Nationalratsabgeordnete daraufhin und sprach auch der FPÖ Regierungsfähigkeit ab. "Ihnen wird das Lachen auch noch relativ bald vergehen", schoss Hafenecker zurück. 

"Kurz weiß, dass er angeklagt wird"

Zu den Ermittlungen gegen Sebastian Kurz wegen Falschaussage im U-Ausschuss meinte Kai Jan Krainer von der SPÖ, dass es um das Bild gehe, das Kurz gezeichnet habe. Er hätte gesagt, dass er nichts entschieden und am Rande informiert gewesen sei. Es hätte sich jedoch herausgestellt, dass Kurz entschieden hätte, wer im Aufsichtsrat sitzt und von Anfang an sei klar gewesen, dass Schmid dort hinkomme. Es stelle sich die Frage, ob der Kanzler absichtlich oder unabsichtlich die Unwahrheit gesagt habe. Das sei der Unterschied zwischen Falschaussage und Unwahrheit. Es herrsche Wahrheitspflicht im U-Ausschuss und Herr Kurz halte sich nicht daran. Weil er wisse, was er gesagt gesagt habe, wisse er auch, dass er angeklagt werde, so der SPÖ-Fraktionsvorsitzende. 

Krisper: Unfassbar, wie Hanger "Wahrheit zu Unwahrheit biegt"

"Es ist unfassbar, wie Kollege Hanger, der auch im U-Ausschuss tätig ist und  die Akten kennt, hier die Wahrheit zu Unwahrheit biegt", merkte Stefanie Krisper von den NEOS an. Die türkise Familie setze jetzt alles aufs Spiel, um sich zu schützen und schrecke auch nicht davor zurück, die Justiz anzupatzen. Man wisse nun auch, warum Wolfgang Sobotka die Wahrheitsplicht im U-Ausschuss in Frage stelle. 

"Es ist grotesk", kommentierte Tomaselli den Wunsch des U-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka nach der Abschaffung der Wahrheitspflicht. Sie sei sich nicht sicher, ob das zum Lachen oder Weinen sei. Es könne doch niemand Angst davor haben, die Wahrheit zu sagen. 

Vierparteienregierung ohne ÖVP

FPÖ-Abgeordneter Hafenecker kritisiert die Akten, die am Mittwoch geliefert wurden. Es sei eine Provokation des Parlaments. Man würde an der Nase herumgeführt werden. Bei einem Akt ginge es um die Verteilung von Stehkalendern, bei einem anderen um Serien-Alternativen zu "Game of Thrones". Es werde versucht, den U-Ausschuss hinters Licht zu führen. "Eines ist klar. Wer hier handlungsunfähig ist, ist eine von Sebastian Kurz geführte ÖVP-Regierung." Wenn es darauf hinauslaufen sollte, dass Kurz neuerlich scheitert, würde er, Hafenecker, vor Neuwahlen warnen. Man sehe, dass das Parlament handlungsfähig sei. Dann müsse es eine andere Regierungsform geben, die ohne ÖVP auskommen müsse, um "die Sümpfe trockenzulegen, die sie ausgehoben haben" in Richtung Hanger. 

In der Sendung wurde mit harten Bandagen gekämpft. Als Kai Jan Krainer seinen ÖVP-Kollegen zur Räson rufen wollte und bat, auf Untergriffe zu verzichten, erwiderte Hanger: "Der Einzige, der wirklich beleidigt im U-Ausschuss bist aber schon du, das halt ich in aller Deutlichkeit fest."

ribbon Zusammenfassung
  • Bei Pro und Contra Spezial kam es am Mittwoch zwischen den Fraktionsführern im U-Ausschuss zu heftigen Wortgefechten. Christian Hafenecker von der FPÖ schlug im Fall eines Scheiterns von Kanzler Kurz sogar eine Vierparteien-Regierung ohne ÖVP vor.