Grazer Stadtrechnungshof warnt vor Liquiditätsproblem
"Bereits im Jahr 2013 zeigte die Finanzierungs- und Zinsrisikostrategie: Die Stadt Graz konnte sich die laufende Rückzahlung neuer Schulden nicht mehr leisten - und wollte daher möglichst endfällige Finanzierungen aufnehmen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste allen Entscheidungsträgern (damals u. a. noch ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, Anm.) klar gewesen sein, dass die Stadt Graz einen strukturellen Reformbedarf hat. Trotz laufender Warnungen, Hinweise und Empfehlungen des Stadtrechnungshofs verpasste die Stadt Graz bisher die Chance nachhaltiger Reformen. Sie stützte ihre Liquidität bzw. die Liquidität des Hauses Graz mit neuen und zunehmend endfälligen Darlehen, Transaktionen mit den Beteiligungen, zweckgebundenen Beiträgen der Grazer Bürger sowie Verschiebungen von Rückzahlungen bestehender Darlehen", heißt es in dem Bericht.
Gleichzeitig habe das Haus Graz immer weiter an wirtschaftlicher Substanz verloren. Als dann auch noch die Covid-Pandemie hinzukam, habe der Rechnungshof bereits einmal vor einer akuten Zahlungsunfähigkeit gewarnt. "Vor der tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit bewahrten die Stadt Graz nicht Reformen oder eine Aufgabenkritik - sondern inflationsbedingte Steuereinnahmen als Einmaleffekt. Wiederum versäumte die Stadt Graz, ihren Haushalt strukturell zu konsolidieren", so der Rückblick der Prüfer. "Die vorgelegte Mittelfristplanung 2027 bis 2030 zeigt, dass aus derzeitiger Sicht kein ausfinanziertes Budget darstellbar ist. Um die Liquidität des Hauses Graz kurzfristig steuern zu können, schlägt die Finanz- und Vermögensdirektion dem Gemeinderat eine Haushaltssperre in der Höhe von 12 Millionen Euro ab 1. Jänner 2025 vor", so die Empfehlung.
Es gab noch weitere Kritik: "Die Voranschlagsentwürfe 2025 und 2026 sind wirtschaftlich nicht nachhaltig." Das Land Steiermark gestatte der Stadt Graz zwar Kassenstärker in Anspruch zu nehmen. Kassenstärker seien aber nur kurzfristige Kredite. Sie sollen die Liquidität der Stadt Graz sicherstellen. Der maximale Rahmen liege - gemäß Interpretation der Finanz- und Vermögensdirektion - per 31.12.2024 bei 104 Millionen Euro. In den Folgejahren reduziere er sich jeweils um rund 5 Millionen Euro. "Sobald die Stadt Graz den Rahmen ausgeschöpft hat, steht sie still." Erhebliche Einsparungen bei Beteiligungen und Eigenbetrieben seien eine "dringende Erfordernis". Ebenso müssten "umgehend alle freiwilligen Leistungen der Stadt Graz" erhoben, hinterfragt und reduziert werden.
Am Ende kritisierte der Rechnungshof auch noch, dass der Voranschlag nicht wie gesetzlich vorgesehen ein Monat vor Beschluss von Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) vorgelegt wurde. Aus Sicht der Prüfer ist die Stadt und auch das Haus Graz "im wirtschaftlichen Überleben bereits kurzfristig bedroht. Aufgrund der derzeitigen finanziellen Lage erscheint ein unkontrollierbarer Stillstand möglich." Es sei eine "erhebliche und sehr zeitnah durchzuführende Konsolidierung von Stadt Graz und Haus Graz alternativlos".
Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) hatte Ende November das geplante Doppelbudget in einer Pressekonferenz vorgelegt. Eine Neuverschuldung sei nötig, der Schuldenstand steige damit weiter, kündigte er an. Ende 2026 werde er wohl die Marke von 2 Milliarden Euro überschreiten. Aus seiner Sicht ist das Doppelbudget ausfinanziert, allerdings nicht ausgeglichen, gestand er ein. Er selbst meinte, dass man das nicht lange durchhalte und sowohl Bund als auch Land gefordert seien.
Zum Bericht des Stadtrechnungshofs hieß es aus dem Büro Eber: Die Einschätzungen würden auf der Annahme beruhen, dass es weder zu Verschiebungen bei Investitionsprojekten kommt noch die Ausweitung der Kassenkreditgrenzen vollzogen wird. "Diese Annahmen des Stadtrechnungshofs sind wenig realistisch, da es vor allem bei großen Investitionen erfahrungsgemäß immer wieder zu Verzögerungen kommt und die notwendige Erhöhung der Kassenkreditgrenze ein rein formaler Akt von Seiten des Landes ist", so Eber. Würden die Vorschläge umgesetzt werden, "müssten wir Leistungen wie Kinderbetreuung und Bildung drastisch kürzen. Die medial viel diskutierten Sport- und Kulturförderungen müssten nach Ermessen des Stadtrechnungshofs komplett gestrichen werden", so Eber.
Zusammenfassung
- Der Stadtrechnungshof Graz warnt vor einem drohenden Liquiditätsproblem, da die Stadt aufgrund hoher Tilgungen für Schulden ihre operativen Haushalte nicht mehr bestreiten kann.
- Eine Haushaltssperre von 12 Millionen Euro ab Januar 2025 wird vorgeschlagen, während der Schuldenstand bis Ende 2026 voraussichtlich über 2 Milliarden Euro steigen wird.
- Finanzstadtrat Manfred Eber sieht die Annahmen des Stadtrechnungshofs als unrealistisch an und warnt vor drastischen Kürzungen bei sozialen Leistungen.