Glaubensgemeinschaft distanziert sich von "Islamischer Partei"
Man wolle die "religiösen Bedürfnisse und Rechte der Muslime in Österreich" sichern, heißt es in der Satzung der "Islamischen Partei Österreichs" (IPÖ), die sich vor kurzem im Parteienregister eintragen ließ. Außerdem wolle man sich für Religionsfreiheit einsetzen und "unsere Mitglieder bei der Ausübung ihres Glaubens zu unterstützen".
Nach einem entsprechenden Bericht der "Niederösterreichischen Nachrichten" am Wochenende hagelte es schnell Kritik. Der Boulevard sprang auf, in den sozialen Medien gingen die Wogen hoch.
Sofort reagierte die SPÖ Wiener Neustadt. Vizebürgermeister und Landtagsabgeordneter Rainer Spenger (SPÖ) betonte, dass in Österreich die Trennung zwischen Politik und Kirche gelte. "Der politische Islam ist abzulehnen und darf ebenso wenig Platz im Lande haben wie etwa ein politischer Katholizismus".
Die ÖVP rückte wenig später aus. Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) sprach gegenüber "Heute" von "Parallelgesellschaften" und dass diese Partei nicht gegen diese arbeiten würde.
Die neu gegründete Partei, die laut Eigenangaben bei den Nationalratswahlen im Herbst antreten will, sorgte also von Beginn an für Aufregung. Aber wer steckt eigentlich hinter der Eintragung?
Piratenangiffe und Menschenrechte
Vor allem eine etwas mysteriöse Persönlichkeit gründete die Partei: Der nach eignen Angaben ehemalige Hochsee-Schiffskapitän Gustav Jobstmann, der 2016 und 2022 schon den Bundespräsidentschaftswahlen antreten wollte, allerdings nie ausreichend Unterschriften sammeln konnte.
Im Gespräch mit PULS 24 erzählt Jobstmann, dass er 18 Jahre lang für internationale Unternehmen "zur See" gefahren sei - drei Jahre davon als Kapitän. Er habe für die Amerikaner in vier Kriegen gearbeitet und vier Piratenangriffe überstanden. Überprüfen ließen sich die Erzählungen nicht.
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In die Satzung der Partei hat er zwei weitere Personen eingetragen - diese distanzierten sich aber nach ersten Medienberichten bereits. Der 69-Jährige steht derweil also alleine hinter der Partei.
Vor einem halben Jahr konvertiert
Er bezeichnet sich selbst gerne als "Menschenrechtsaktivist" und unterstützte laut Eigenangaben zahlreiche Asylwerber und Muslime bei Gerichtsverfahren. Dabei soll es etwa um Asylverfahren, aber auch um Scheidungen oder Alimente gegangen sein.
Dabei habe er bemerkt, dass Muslime in Österreich weniger Rechte als andere hätten und im Parlament unterrepräsentiert seien. Muslime würden "durch den Rost" fallen und von Behörden nicht gehört werden. Er selbst sei vor einem halben Jahr konvertiert, meint er.
Dubiose Machenschaften
Sucht man den Niederösterreicher im Internet, tauchen auch Medienberichte über dubiose Machenschaften auf.
So soll er etwa laut "Limmattaler Zeitung" im Jahr 2018 in der Schweiz vor Gericht gestanden sein, weil er von einer Bank Milliarden gefordert haben soll. Er habe dort behauptet, im Auftrag der Erben des indonesischen Ex-Diktators Achmed Sukarno zu handeln und Dokumente verfälscht haben.
Jobstmann bestätigt auf PULS 24 Anfrage eine Beugehaft und eine Bewährungsstrafe, meint aber, dass die Sache in der Schweiz für ihn abgeschlossen sei - nur um dann anzuschließen, dass er über den Fall noch ein Buch schreiben wolle. Er habe aber ein "reines Gewissen".
Ob Jobstmann tatsächlich bei den Nationalratswahlen antreten wird können, wird sich erst zeigen, dafür muss er nämlich wie auch schon bei den Präsidentschaftswahlen Unterschriften sammeln. Ob er unter Muslimen viel Rückhalt hat, gilt als fraglich. Er selbst meint, er sei mit zahlreichen Vereinen in Kontakt, die nötigen 2.600 Unterschriften "machbar".
Er will in den kommenden Tagen weitere Kandidaten und eine Website veröffentlichen und außerdem eine "vernünftige, demokratische Partei" sein.
IGGÖ distanziert sich
Jedenfalls distanzierte sich die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) auf PULS 24 Anfrage von der neuen Partei. "Die IGGÖ distanziert sich ausdrücklich von der Gründung einer islamischen Partei. Stattdessen ermutigen wir unsere Mitglieder, sich in den bestehenden demokratischen Strukturen zu engagieren, in denen alle Bürger:innen unabhängig von ihrer Religion politisch mitwirken können. Dies stellt sicher, dass ihre Interessen in einem breiteren, pluralistischen Kontext vertreten werden und fördert die soziale Kohäsion", teilte die Glaubensgemeinschaft mit.
Zuvor hatte schon die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) per Aussendung eine Abfuhr erteilt: Die Gründung sei ein "Schlag ins Gesicht der Musliminnen und Muslime, die in Österreich seit Jahren dankbar eine freiheitlich-demokratische, rechtsstaatliche Grundrechtsordnung erleben und genießen".
Es handle sich um eine "Alibi-Partei", die von einem autochthonen Österreicher geführt werde. Das widerspreche den Interessen der Muslime in Österreich, die eine strikte Trennung von Religion und Politik in Österreich forderten.
Video: Islamfeindlichkeit nimmt zu
Zusammenfassung
- Die Aufregung am Wochenende war groß. Es wurde bekannt, dass sich in Wiener Neustadt die "Islamische Partei Österreichs (IPÖ)" gegründet hat.
- Schnell distanzierten sich die ersten vermeintlichen Funktionäre - und auch die Glaubensgemeinschaft will damit nichts zu tun haben, wie sie gegenüber PULS 24 mitteilte.
- Hinter der Partei steckt ein Mann, der erst vor einem halben Jahr konvertiert sein will.