Gesundheitsminister für Ärztekammer "Totengräber"
In ihrer Sorge um den Verlust der Stellenplankompetenz oder des Mitspracherechts bei Gesamtverträgen (aber auch im Widerstand gegen die Wirkstoffverschreibung, eine gesetzliche Codierungspflicht der Krankheitsbilder der Patienten sowie die E-Card- und ELGA-Pflicht für Wahlärzte ab 2026 - all das soll im Zuge des Finanzausgleichs noch heuer Gesetz werden, Anm.) legte die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) erneut nach. Sie warnte unter anderem vor einem "Ausverkauf des Gesundheitssystem an Investoren".
Kammer-Chef Johannes Steinhart versuchte das gemeinsame Reformvorhaben von Bund, Ländern und Sozialversicherung als Plan zum Aufkündigen der Sozialpartnerschaft umzudeuten. Einmal mehr drohte er mit einem vertragslosen Zustand, bei dem die Patienten die Ärztehonorare selbst bezahlen müssten und nur einen Teil von der Kasse zurückbekämen. Denn, so Steinhart: "Wenn die Regierung meint, einen Vertrag ohne Einbindung der Ärztinnen und Ärzte machen zu können, werden wir aus diesem aussteigen."
Vizepräsident Harald Mayer warnte vor einer "Zerschlagung aller bewährten Strukturen die Gesundheitsversorgung", sah die Privatmedizin befeuert und überlastete Spitalsambulanzen geflutet. "Johannes Rauch wird als Totengräber des solidarischen Gesundheitssystems in die Geschichte eingehen", so Mayers Fazit: "Das sichert ihm zumindest, dass man sich an ihn erinnern wird, wenn auch nicht im Guten."
Rauch zeigte sich von all dem unbeeindruckt. "Die Ärztekammer hat am Wochenende angekündigt, 5 Millionen Euro für eine Kampagne gegen die geplante Gesundheitsreform einzusetzen. Teil der Kampagne ist offenbar auch Desinformation", meinte er trocken in einer Stellungnahme an die APA: "Fakt ist: Wir investieren eine Milliarde Euro zusätzlich ins Gesundheitssystem, während Präsident Steinhart von einem Sparpaket spricht. Wir schaffen hunderte zusätzliche Kassenstellen, während die Ärztekammer eine Privatisierung des Gesundheitssystems befürchtet."
An einem weiteren Vorhaben, nämlich der Schaffung eines Bewertungsboard für Arzneimittel im Zuge des Budgetbegleitgesetzes, stieß sich der Salzburger Onkolge Richard Greil - und schaffte es damit gar auf die Titelseite der "Kronen Zeitung". Unter den Schlagzeilen "Geheimer Sparplan bei Krebs-Patienten" und "Lebensgefahr!" wurde über angebliche Pläne spekuliert, krebskranken Patienten bestimmte Therapien zu verweigern. FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak nahm dies zum Anlass, Rauch per Aussendung als "Scharfrichter der ohnehin schon Leidenden, denen er so die letzte Hoffnung nehmen möchte" zu punzieren.
Rauch wies diese Vorwürfe postwendend als "absurd" zurück. "Das Bewertungsboard bewertet keine individuellen Krankheitsfälle, sondern evaluiert nach sachlichen und wissenschaftlichen Kriterien den Einsatz eines neuen Medikaments. Dieses Vorgehen ist international üblich und schafft mehr Transparenz und Fairness", erklärte der Gesundheitsminister.
Und weiter: "Es ist absurd zu glauben, ich als ehemaliger Krebs-Patient würde anderen Patient:innen lebenswichtige Medikamente verweigern. Wir schaffen im Gegenteil evidenzbasierte Regeln, damit alle Patient:innen in Österreich gleichen Zugang zu innovativen Arzneimitteln bekommen. Es ist absurd, wenn an den Verhandlungen nicht beteiligte Ärzte das heute als 'Lebensgefahr für Krebspatient:innen' kommentieren."
Zusammenfassung
- Die Ärztekammer hat ihren Protest gegen ihre befürchtete Entmachtung mit heftiger Kritik an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) fortgesetzt.
- In einer Kammer-Aussendung am Montag wurde Rauch als "Totengräber des solidarischen Gesundheitssystems" tituliert, der sich auf Kurs in den Abgrund befinde.
- Noch deftiger äußerte sich die FPÖ, die Rauch gar als "Scharfrichter der ohnehin schon Leidenden" bezeichnete.
- Rauch wies alle Anwürfe zurück.