Gerichtshof stoppt Abschiebung nach Afghanistan, Anwalt sieht generellen "Abschiebestopp"
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine geplante Abschiebung nach Afghanistan durch österreichische Behörden am Dienstag mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt. Als Begründung wurde die Sicherheitslage in Afghanistan genannt, wie die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in Wien gegenüber PULS 24 erklärte. Auch das Innenministerium bestätigte gegenüber PULS 24 die EGMR-Entscheidung.
Da sich der EGMR nur mit Individualbeschwerden beschäftigen kann, gilt die Entscheidung zunächst nur für den konkreten Fall. "Das Besondere ist allerdings, dass die Gründe, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte anführt, nicht auf den konkreten Fall bezogen sondern rein allgemein sind", so die Mitarbeiter der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung.
Konkret geht es um die Sicherheitslage in Afghanistan. Der EGMR weist zudem darauf hin, dass viele andere EU-Ländern aufgrund der bedenklichen Lage im Land bereits Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt hätten.
Innenministerium evaluiert nun Abschiebungen
Wie der Sprecher des Innenministeriums Harald Sörös gegenüber PULS 24 mitteilt, werden alle geplanten Abschiebungen nach Afghanistan nun evaluiert. "Wir evaluieren generell vor jeder Abschiebung mehrere Wochen im Voraus die Lage, dabei fließen natürlich auch die politische Lage vor Ort sowie rechtliche Entscheidungen mit ein", sagt Sörös. Die konkrete EGMR-Entscheidung habe auf jeden Fall Auswirkungen auf alle geplanten Abschiebungen nach Afghanistan. Die Sicherheitslage vor Ort werde weiterhin "laufend evaluiert".
"Die Sicherheitslage gilt für alle"
Wilfried Embacher, Anwalt für Fremden- und Asylrecht, widerspricht dem Innenministerium im PULS 24 Interview. Er gehe davon aus, dass die Verfügung des EGMR auch über den August hinaus verlängert werde. Sie würde sich zwar auf einen Einzelfall beziehen, die Sicherheitslage in Afghanistan gelte aber für alle. "Meines Erachtens besteht ein Abschiebungsverbot nach Afghanistan", sagt Embacher. Es sei "völlig klar", dass Abschiebungen "nicht zulässig sein können".
Wer plante den Flug?
Der betroffene Afghane hätte am Dienstag in einem Flugzeug von München über Wien nach Kabul abgeschoben werden sollen. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die normalerweise die Flugzeuge für Abschiebungen chartert und bei der Abwicklung assistiert, hatte allerdings am 17. Juli die EU-Mitgliedsstaaten informiert, dass temporär jegliche Unterstützung für Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt wird. Das bestätigte ein Frontex-Sprecher dem "Standard". Österreich muss die für Dienstag angesetzte Deportation also allein oder in Zusammenarbeit mit Deutschland geplant haben. Dazu wollte man sich im Innenministerium gegenüber dem "Standard" aber nicht äußern.
Zusammenfassung
- Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine für Dienstag anberaumte Abschiebung nach Afghanistan durch österreichische Behörden mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt.
- Als Begründung wurde die Sicherheitslage in Afghanistan genannt, wie die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in Wien gegenüber PULS 24 erklärte. Auch das Innenministerium bestätigte die EGMR-Entscheidung.
- "Das Besondere ist allerdings, dass die Gründe, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte anführt, nicht auf den konkreten Fall bezogen sondern rein allgemein sind", so die Mitarbeiter der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung.
- Konkret geht es um die Sicherheitslage in Afghanistan. Der EGMR weist zudem darauf hin, dass viele andere EU-Ländern aufgrund der bedenklichen Lage im Land bereits Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt hätten.
- Wie der Sprecher des Innenministeriums Harald Sörös gegenüber PULS 24 mitteilt, werden alle geplanten Abschiebungen nach Afghanistan nun "evaluiert".
- Wilfried Embacher, Anwalt für Fremden- und Asylrecht, widerspricht dem Innenministerium im PULS 24 Interview. "Meines Erachtens besteht ein Abschiebungsverbot nach Afghanistan", sagt Embacher.