FPÖ sieht in Sky Shield "NATO-Beitritt durch Hintertür"
Flankiert wurde der freiheitliche Wehrsprecher bei einer Pressekonferenz vom Völkerrechtler Michael Geistlinger und dem Präsidenten des Kuratoriums für die Umfassende Landesverteidigung (KULV), Wolfgang Baumann. Sie wurden als Experten von der FPÖ nominiert, um an der Erstellung der Sicherheitsstrategie mitzuwirken. Beide beklagten ebenfalls die mangelnde Einbindung.
Baumann kritisierte, dass es "entgegen der Darstellung in den Medien keine wirkliche Einbindung gegeben" habe. Den Experten seien lediglich die Überschriften übermittelt worden, nicht die dahinter stehenden Texte. Dies habe man auch in einem Zwischenbericht an das Bundeskanzleramt festgehalten. Auch fürchtet Baumann, dass keine inhaltliche Auseinandersetzung im Parlament stattfinden werde.
Geistlinger, der nach eigenem Bekunden keiner politischen Partei angehört, bezeichnete die Sicherheitsstrategie als "kümmerliches, selektives und geistig armes Produkt". In zentralen Fragen sei der Begriff der "militärischen Neutralität" gewählt worden, der sich vom völkerrechtlichen der "immerwährenden Neutralität" unterscheiden solle. "Die militärische Neutralität ist aber ein politischer Begriff", so Geistlinger. Und stelle im Wesentlichen einen "Bruch des Völkerrechts" dar. Dass Österreich sich darin "ausdrücklich" als Partner der NATO bezeichne, die ein militärisches Bündnis sei, bedeute einen "klaren Verstoß gegen das Völkerrecht".
Selbiges ortet Geistlinger durch die Teilnahme Österreichs an der Sky-Shield-Initiative. Dabei handle es sich "klar" um ein militärisches Bündnis und keinesfalls um eine reine Beschaffungsplattform. Der Beitritt sei allein durch den Kernsatz der immerwährenden Neutralität verboten. Reifenberger zitierte zudem aus einem Gutachten des Innsbrucker Völkerrechtlers Peter Hilpold, das nach seinem Dafürhalten zu demselben Schluss komme.
Die Freiheitlichen wollen daher einen sofortigen Stopp der Sky-Shield-Initiative, erklärte Reifenberger. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) dürfe keine weiteren Rechtsakte setzen. Der blaue Wehrsprecher kritisierte zudem, dass das von Tanner unterzeichnete Memorandum of Understanding nicht dem Parlament vorgelegt wurde. Entlarvend sei auch, dass Tanner im Zusammenhang mit Sky-Shield von einem "Meilenstein" spreche. Wäre es nur eine Einkaufsplattform, dann wäre es wohl kein "Meilenstein", argumentierte Reifenberger.
Anders sieht das naturgemäß die ÖVP: Die FPÖ zeige einmal mehr, dass es ihr weder um Sicherheit noch um die Menschen gehe, betonte Wehrsprecher Friedrich Ofenauer. Die Zusammenarbeit mit der NATO setze man bereits im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" seit Jahrzehnten um, und der europäische Schutzschirm Sky Shield trage "entscheidend für ein Mehr an Sicherheit in Österreich bei". Die FPÖ habe erneut bewiesen, dass "sie eine Gefahr für die österreichische Sicherheit ist", findet der pinke Generalsekretär und Verteidigungssprecher Douglas Hoyos. Sky Shield sei ein "wichtiger Schritt, um auf europäischer Ebene die Kräfte gemeinsam zu bündeln und für Bedrohungen wie etwa durch Putins Russland gerüstet zu sein."
Die FPÖ missbrauche die Neutralität, um ihre Putin-freundliche Politik zu rechtfertigen, findet der grüne Landesverteidigungssprecher, David Stögmüller: "Die Teilnahme Österreichs an der europäischen Sky-Shield-Initiative wird Österreich sicherer und unabhängiger machen." Gerade als kleiner Staat sei Österreich auf Kooperationen angewiesen, was für Stögmüller kein Widerspruch zur Neutralität ist.
Zusammenfassung
- Die FPÖ warnt vor dem europäischen Luftverteidigungssystem Sky Shield und sieht darin einen 'halben NATO-Beitritt durch die Hintertür'.
- Michael Geistlinger und Wolfgang Baumann, von der FPÖ nominierte Experten, beklagen die mangelnde Einbindung in die Erstellung der neuen Sicherheitsstrategie und bezeichnen sie als 'kümmerliches, selektives und geistig armes Produkt'.
- Die ÖVP und andere Parteien verteidigen die Sky-Shield-Initiative und betonen deren Bedeutung für die Sicherheit Österreichs, während die FPÖ beschuldigt wird, die Neutralität zu missbrauchen und Putin-freundliche Politik zu betreiben.