Forderung nach 100 zusätzlichen Richterstellen
Kritik übte Kanduth im Vorfeld der am Dienstag in Graz beginnenden Richterwoche auch an der "seit vielen Jahren in zahlreichen Begutachtungsverfahren festgestellten (und kritisierten) Praxis, den mit der Umsetzung eines neuen Gesetzes verbundenen richterlichen Mehrbedarf augenscheinlich zu niedrig einzuschätzen". Und selbst die - zu gering bemessenen - zusätzlichen Planstellen würden den Gerichten nicht zur Verfügung gestellt, weil die dafür erforderliche Änderung des Bundesfinanzgesetzes nicht mitbeschlossen werde.
Als jüngstes Beispiel nannte er die geplante Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes. Dafür seien lediglich zwei zusätzliche Stellen vorgesehen bzw. 2024 sogar nur eine. "Ein mit lediglich 15 bis 20 Minuten quantifizierter durchschnittlicher Aufwand für die Erledigung" eines solchen Antrags auf Kostenersatz sei "nicht nachvollziehbar". Dazu komme noch, dass die Regelung wohl zu einer vermehrten Beiziehung von Verteidigern in der Hauptverhandlung führen werde.
"Aus rechtspolitischer Sicht begrüßen wir die Neuregelung. Es ist aber unverständlich und nicht akzeptabel, dass der zu erwartende Mehraufwand nicht angemessen anerkannt und berücksichtigt wird", meinte Kanduth. "Dieses Vorgehen konterkariert alle Bemühungen zur Stärkung der Rechtspflege."
Zusammenfassung
- Die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter fordert über 100 zusätzliche Richterstellen, um den steigenden Bedarf zu decken, der durch eine Zunahme der Gerichtsverfahren im zweistelligen Prozentbereich verursacht wird.
- Kritik wird an der Praxis geübt, den richterlichen Mehrbedarf bei neuen Gesetzen zu niedrig einzuschätzen, wie am Beispiel der geplanten Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes, für die nur eine zusätzliche Stelle für 2024 vorgesehen ist.
- Trotz positiver Bewertung der Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes wird der damit verbundene Mehraufwand als unzureichend anerkannt, was die Bemühungen zur Stärkung der Rechtspflege untergräbt.