Fiskalrat rät zur Zügelung der Staatsausgaben
Die strukturell wirkenden Indexierungen des Einkommensteuergesetzes und der Familien-und Studienbeihilfe sowie einsetzende Maßnahmen der ökosozialen Steuerreform schwächen laut Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats, diese Verbesserung deutlich ab, wie er anlässlich des Präsentation des Berichts über die öffentlichen Finanzen bis 2026 betonte.
"Zur Wiedererlangung fiskalpolitischer Spielräume ist eine konjunkturgerechte Rückführung der expansiven Fiskalpolitik sowie eine planmäßige Rückführung temporärer Unterstützungsleistungen unerlässlich", meinte er. Als Fazit der Pressekonferenz warnte er vor "sinnlosen" Ausgaben, riet zur mittelfristigen Budgetkonsolidierung und rief dazu auf, die anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen zu nutzen, um tatsächlich strukturelle Reformen (Stichwort: Entflechtung von Finanzierungsströmen und Aufgaben) einzuleiten.
Es brauche ein Gesamtkonzept für die langfristige Stabilisierung der öffentlichen Finanzen einschließlich der Gegenfinanzierung von Krisenmaßnahmen. Investitionen in Zukunftsbereiche (v. a. grüne und digitale Transformation), zielgerichtete Bildungs- und Qualifizierungsoffensiven sowie strukturelle Reformen, insbesondere zur gebietskörperschaftlichen Aufgaben- und Finanzierungsentflechtung, spielten zur langfristigen Absicherung der fiskalischen Nachhaltigkeit eine bedeutende Rolle und sollten forciert werden, so die weiteren Empfehlungen.
In den Jahren nach 2023 bestimmt laut Fiskalrat die Dynamik der Staatsausgaben für soziale Sachleistungen, Landesverteidigung und Zinsendienst die Entwicklung des Finanzierungssaldos, der auch mittelfristig deutlich negativ bleibt. Trotz dieser ausgeprägt expansiven Ausrichtung der Budgetpolitik über den gesamten Prognosehorizont soll die Schuldenquote - ungeachtet der Erhöhung der Staatsschulden - kontinuierlich zurückgehen (2021: 82,3 Prozent; 2026: 73,2 Prozent des BIP). Diese Entwicklung sei aber mit Vorsicht zu interpretieren, da die sich verbessernde fiskalische Situation ausschließlich auf das inflationsbedingt hohe nominelle Wirtschaftswachstum zurückzuführen sei, hieß es.
Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie sind zwar rückläufig, aber mit einem Volumen in Höhe von 8,0 Mrd. Euro im Jahr 2022 weiterhin deutlich budgetwirksam. Zudem wurden etliche Maßnahmen zur Abfederung der außergewöhnlich hohen Preisdynamik sowie zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei fossilen Brennstoffen gesetzt. Diese schlagen 2022 gemeinsam mit dem Inkrafttreten der ökosozialen Steuerreform und anderer Beschlüsse mit weiteren 24,1 Mrd. Euro zu Buche, sodass insgesamt das bereits sehr hohe Volumen wirtschaftspolitischer Interventionen des Vorjahres (2021: 30,6 Mrd Euro) noch um 1,5 Mrd Euro übertroffen wird, so der Fiskalrat.
Trotz einsetzender konjunktureller Abkühlung ab Mitte 2022 bleibt der Zuwachs der Staatseinnahmen (plus 9,0 Prozent) hoch. Die hohe Inflation, die höheren Lohnabschlüsse, der solide private Konsum und die stabile Beschäftigung führen auch im Jahr 2023 zu einem hohen Einnahmenwachstum (plus 7,3 Prozent), das zudem vorübergehende Mehreinnahmen durch die Energiekrisenbeiträge widerspiegelt, meint man beim Fiskalrat. Allerdings wirken ab dem Jahr 2023 auch strukturelle Maßnahmen einnahmenreduzierend. Dazu zählen v. a. die zweite Ausbaustufe der ökosozialen Steuerreform sowie die Inflationsindexierung des Einkommensteuergesetzes. Nach dem Auslaufen bzw. dem Rückgang temporärer wirtschaftspolitischer Maßnahmen im Jahr 2024 (Anti-Teuerung, COVID-19) entwickeln sich die Staatseinnahmen in den Folgejahren annähernd im Gleichklang mit dem nominellen BIP.
Aufgrund der weitgehenden Neutralisierung der budgetären Wirkung wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf der Ausgabenseite wird das Ausgabenwachstum 2022 (plus 3,8 Prozent im Jahresabstand) vorrangig durch automatische Indexierungen von Sozialleistungen (Pensionsausgaben und Pflegegeld) und Lohnerhöhungen der öffentlich Bediensteten bestimmt. Während sich in diesen Bereichen die hohe Inflation aber erst zeitverzögert niederschlägt, führt der starke Anstieg der Teuerung 2022 vor allem im Fall der Vorleistungen (plus 1,3 Mrd Euro) bereits im gleichen Jahr zu deutlichen Ausgabenerhöhungen.
Im Jahr 2023, so heißt es weiter, überträgt sich die hohe Inflation schließlich auch auf die bedeutenden Ausgabenkategorien wie Pensionen und Arbeitnehmerentgelte, sodass die Staatsausgaben im Jahr 2023 - trotz des Ausgabenrückgangs aufgrund des Auslaufens temporärer Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 und der Teuerung - um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Mittelfristig geht das Ausgabenwachstum wieder zurück, bleibt aber in Einzelbereichen (z. B. soziale Sachleistungen, im Speziellen für Gesundheit und Pflege sowie Bruttoinvestitionen) erhöht.
Bei den Maastricht-Kriterien sollen nach einer Überschreitung der Defizitobergrenze von 3 Prozent des BIP im Jahr 2022 ab dem Jahr 2023 nach der aktuellen FISK-Herbstprognose und unter Zugrundelegung der No-policy-change-Annahme beide (Defizitobergrenze von 3 Prozent des BIP und rasche Rückführung der Staatsschuldenquote) erfüllt werden. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen multiplen Krisensituation ist laut Fiskalrat davon auszugehen, dass die Europäische Kommission ihre bisherige EU-weite Vorgangsweise beibehält, kein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits (ÜD-Verfahren) einzuleiten.
Die NEOS sahen sich durch die Äußerungen des Fiskalrats in ihrer Kritik bestätigt. "Die Bundesregierung kann nur noch Gießkannenpolitik und verfestigt somit den Stillstand in unserem Land. Die wirklich wichtigen Reformen hat sie längst abgeschrieben", erklärte Budget-und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung. Fiskalpolitik sei "ein Gebot der Fairness - vor allem gegenüber den nächsten Generationen".
Zusammenfassung
- Der Fiskalrat erwartet in seiner aktuellen Prognose trotz erwarteter wirtschaftlicher Eintrübung einen Rückgang des Budgetdefizits von heuer 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 2,0 Prozent im Jahr 2023.
- Ausschlaggebend seien die Arbeitsmarkt- und Konsumentwicklung, der Wegfall temporärer wirtschaftspolitischer Maßnahmen sowie die temporären Energiekrisenbeiträge, hieß es in einer Pressekonferenz am Montag.