Ex-BVT-Chef Gridling über die FPÖ, rechte Gewaltfantasien und blaue Umfärbung

Ex-BVT-Chef Peter Gridling schreibt in seinem Aufdeckerbuch seine Sicht über Umfärbungsversuche der FPÖ. Man stoße bei Ermittlungen im rechtsextremen Bereich immer wieder auf FPÖ-Politiker. Auch die blauen Kontakte zu den Identitären seien nicht harmlos, denn diese hätten Gewaltfantasien und würden von "Straßenkampf" und "Rückeroberung" sprechen.

Peter Gridling war von 2008 bis 2018 Leiter des BVT, des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Am 28.2.2018 kam es nach anonymen Anzeigen zu mehreren Razzien im BVT und bei Beamten in ihren Privatwohnungen, auch gegen Gridling wurde ermittelt, er wurde vom Dienst suspendiert. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat. Der damalige Innenminister: Herbert Kickl von der FPÖ. Alle Ermittlungen und Verfahren wurden von WKStA mittlerweile eingestellt. Die Razzien sorgten nicht nur national, sondern auch international für Aufregung und gelten als einer der größten Politik- und Justizskandale der vergangenen Jahre.

Fünf Jahre danach hat Peter Gridling nun ein Aufdeckerbuch mit dem Titel "Der Überraschungsangriff" geschrieben. Von wem die anonymen Anschuldigungen damals kamen, sei nach wie vor ungeklärt, sagt Gridling im Interview mit PULS 24 Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner (das ganze Interview am Dienstag, den 29.8. ab 18 Uhr auf PULS 24 und auf Joyn).

Ziel: Blaue Umfärbung des BVT

Für den Ex-BVT-Chef bleibt der Eindruck, dass eine blaue Umfärbung "das Ziel war".

FPÖ und die Rechtsextremen

Teile der FPÖ hatten ein Naheverhältnis zur rechtsextremen Szene, die Polizei sei anfällig für Einflüsse von rechts, warnte Gridling schon vor den Razzien. "Bei Ermittlung im Bereich Rechtsextremismus ist man wirklich immer wieder auf FPÖ-Politiker auch gestoßen."

Auch jetzt sehe man, dass es "keine Berührungsängste mit neu-rechten Organisationen gibt". Für Gridling seien auch die Identitären keine "NGO von rechts", wie Kickl sie einmal nannte, sondern ein "Beobachtungsgegenstand". Der Ex-Staatsschutz-Chef geht davon aus, dass das auch jetzt so ist. In den Strategiepapieren der Identitären kämen Gewaltfantasien vor, es sei von Straßenkampf und Rückeroberung die Rede. Die Nähe der FPÖ zu den Identitären – im Bund, aber auch auf Landesebene - sehe er sehr problematisch.

Kanzler Karl Nehammer, damals Generalsekretär der ÖVP, macht Gridling Vorwürfe: "Wir im Amt hatten schon das Gefühl, dass wir hier allein gelassen sind".

"Mund halten, durchtauchen"

"Durch die Hausdurchsuchungen und das Agieren danach war das BVT sicherlich in seinen Aktivitäten stark eingeschränkt. Die Mitarbeiter haben sich eingeschüchtert gefühlt. Wir durften uns öffentlich dazu nicht äußern, ohne Gefahr zu laufen, ein neues Verfahren am Hals zu haben." Die Devise sei gewesen: "Mund halten, durchtauchen"

Ausländische Geheimdienste Österreich gegenüber "zurückhaltender"

Von ausländischen Geheimdiensten hätte es schon vorher Vorbehalte gegen einen blauen Innenminister, nachher habe es kritische Fragen über die Beteiligung der FPÖ gegeben. Die Folge der Beschlagnahmung sensibler Daten sei mehr Zurückhaltung im Informationsaustausch gewesen.

Razzien: Man wusste nicht, was man sucht

Bei den Razzien 2018 seien Unterlagen "wahllos" beschlagnahmt worden", auch welche, die der Geheimhaltungspflicht unterlagen. Einen genauen Überblick, was mitgenommen wurde, habe damals niemand gehabt, schildert Gridling den Tag der Razzien.

"Die Vorgehensweise hab' ich nicht verstanden. Zielführender wäre es gewesen, wenn man sich mit Amtshilfe an uns gewandt hätte, dann hätte man nicht wahllos mittnehmen müssen." Gewisse Dinge hätte man sofort aufklären können, sagt Gridling, der nun ein Enthüllungsbuch geschrieben hat. Er habe aber das Gefühl gehabt, "dass man nicht wirklich gewusst hat, was man sucht".  

"Der Generalsekretär (im Innenministerium, Anm.) Goldgruber hat sich immer auf einen Auftrag des Innenministers Kickl bezogen, dass er den Auftrag hat aufzuräumen", sagt der Ex-BVT-Chef. Kickl bestreitet das. Erst als auf Goldgrubers Initiative, der als rechte Hand Kickls galt, seien vier Zeugen ausfindig gemacht worden, woraufhin die WKStA zu ermitteln begann. Der Vorgang sei "ungewöhnlich". Mitarbeiter Goldgrubers hätten die Zeugen auf die Aussage vorbereitet und sie zur WKStA begleitet.

Zu Kickl habe Gridling vorher "keine Bezüge" gehabt, auch Goldgruber habe er vorher nicht persönlich gekannt. Das Gefühl, dass man ihn abschießen wolle, habe er vor dem Tag der Razzien nicht gehabt. Sie hätten Gridling eiskalt erwischt: "Ich hab mit viel gerechnet, aber mit dem nicht."  

Hinweis: Das gesamte Interview mit Peter Gridling sehen Sie ab 18 Uhr auf PULS 24 und Joyn.

ribbon Zusammenfassung
  • Ex-BVT-Chef Peter Gridling beschreibt in seinem Buch 'Der Überraschungsangriff' die Versuche der FPÖ, das BVT umzufärben.
  • Gridling berichtet von Verbindungen zwischen FPÖ-Politikern und der rechtsextremen Szene sowie von Gewaltfantasien der Identitären.
  • Nach anonymen Anzeigen kam es 2018 zu Razzien im BVT, alle Ermittlungen gegen Gridling wurden jedoch eingestellt.
  • Gridling kritisiert die Zurückhaltung ausländischer Geheimdienste nach den Vorfällen und die mangelnde Unterstützung durch die ÖVP.
  • Die Razzien im BVT werden als unklar und wahllos beschrieben, die Beschlagnahmung sensibler Daten führte zu Verunsicherung.