EU-Parlamentswoche im Zeichen der Rechtsstaatlichkeit

Die coronabedingt in Brüssel stattfindende EU-Parlamentswoche steht im Zeichen der Rechtsstaatlichkeit. Das Plenum begann am Montagnachmittag mit Aussprachen über die Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, die Rechtsstaatlichkeitskonditionalität bei der Vergabe von Mitteln aus dem europäischen Corona-Wiederaufbaupaket und die Situation in Bulgarien.

"Die zunehmende politische Vereinnahmung der Justiz und fehlende Medienfreiheit gefährden die bulgarische Demokratie", kommentiert Monika Vana, EU-Delegationsleiterin der Grünen, am Montag in einer Stellungnahme. "Zusätzlich bereichern sich Regierungskreise im großen Stil persönlich an EU-Mitteln." Seit drei Monaten finden in Bulgarien regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung von Ministerpräsident Boris Borissow statt, dem die Demonstranten Korruption und Nähe zu Oligarchen vorwerfen. Immer wieder kam es dabei zu schweren Zusammenstößen mit zahlreichen Verletzten und Festnahmen.

Vana fordert die EU-Kommission auf, "alle verfügbaren Rechtsmittel zur Korruptionsbekämpfung zu nutzen" und drückte ihre Besorgnis über die "zunehmende Hassrede gegen Romani und die LGBTIQ Community (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, intergeschlechtliche und queere Menschen, Anm.)" aus. "Auch hier braucht es konsequente Reaktionen der Strafverfolgungsbehörden und der Politik, um die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen." Am Donnerstag stimmt das Europaparlament über eine Resolution ab.

Ebenfalls am Montag diskutiert das Plenum mit Vertretern von EU-Kommission und -Rat über Frauen in Entscheidungspositionen in Leitungsgremien von Unternehmen. "Frauen müssen in Europa alle Chancen haben - das gilt auch für die Chefetagen. Deshalb fordere ich die deutsche Ratspräsidentschaft auf, aktiv zu werden, und die Richtlinie für eine faire Vergabe von Aufsichtsratsposten in Unternehmen nicht länger zu blockieren", bekräftigte SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner, Vorsitzende des Ausschusses für Frauenrechte und Gleichstellung, am Montag in einer Aussendung.

Am Mittwoch gelangt die Entschließung zu einem Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, der eine klare Verknüpfung der Auszahlung von EU-Mitteln an die Lage des Rechtsstaats bekräftigen, zur Abstimmung. Länder wie Polen und Ungarn, die seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in Brüssel am Pranger stehen, wehren sich vehement gegen eine derartige Regelung.

Auch über das EU-Klimagesetz zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und die geplante EU-Forststrategie wird am Mittwoch abgestimmt. "Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und ein multifunktionaler Forstsektor sind zentrale Elemente für eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels und den Weg aus der Wirtschaftskrise", sagt Simone Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im EU-Parlament, und fordert eine "starke EU-Forststrategie, die Planbarkeit und Berechenbarkeit sicherstellt".

Das Europaparlament will des weiteren am Mittwoch Grünes Licht für Mairead McGuinness und Valdis Dombrovskis geben. Die bisherige Vizepräsidentin des Europäischen Abgeordnetenhauses soll nach dem Umbau des Kabinetts von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen als neue EU-Finanzmarktkommissarin fungieren, der Vizepräsident der EU-Kommission neuer Handelskommissar werden. Zudem ist eine Plenardebatte über den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Kaukasus-Region Berg-Karabach vorgesehen. Auch welche Rolle die EU-Aufsichtsbehörden im Wirecard-Fall gespielt haben, soll erörtert werden.

Am Donnerstag beschäftigen sich die EU-Abgeordneten mit dem Kampf gegen Geldwäsche und dem Fall der FinCEN Files, beschließen einen Bericht über die Risiken bei Kryptowährungen und stimmen über einen Bericht über die Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion ab. Laut dem ÖVP-EU-Abgeordneten Othmar Karas schätzt der wissenschaftliche Dienst des Europaparlaments den Mehrwert eines voll integrierten europäischen Kapitalmarkts in einer aktuellen Studie auf 120 Milliarden Euro pro Jahr.

"Noch immer wird ein echter Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen aber von einem Fleckerlteppich an nationalen Regeln gebremst", kritisiert der Europaparlaments-Vizepräsident und mahnte die Umsetzung des Forderungskatalogs der Europäischen Bürgerkammer ein. "In der Corona-Krise sind leistungsfähige Kapitalmärkte zur Finanzierung unserer Realwirtschaft, vor allem unserer Klein- und Mittelunternehmen, wichtiger denn je", so Karas.

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