EU-Korruptionsskandal: Ex-Parlamentspräsidentin in Hausarrest
Eva Kaili werde in der Früh nach gut vier Monaten im Gefängnis in den Hausarrest überstellt und mit einer elektronischen Fußfessel überwacht, erklärte Kailis Anwalt Michalis Dimitrakopoulos am Donnerstagabend. Die belgische Justiz hatte bereits am Mittwoch die vorläufige Haftentlassung der griechischen Politikerin beschlossen.
Soll Schmiergeld aus Katar angenommen haben
Die 44-Jährige, die als Gesicht des als "Katargate" bekannt gewordenen Korruptionsskandals gilt, darf den Hausarrest demnach in ihrer Brüsseler Wohnung verbringen. Die Ermittler werfen der früheren Fernsehmoderatorin und Mutter einer zweijährigen Tochter vor, Geschenke und Schmiergeld aus Katar angenommen zu haben. Kaili bestreitet die Vorwürfe. Ein weiterer Anwalt Kailis, Swen Mary, hatte AFP gesagt, er habe Kaili dringend von Interviews und einem "Presse-Kampf" um ihren Ruf abgeraten. Kaili müsse "nun die Möglichkeit haben, wieder mit ihrer Familie zusammenzukommen und vor allem mit ihrem Kind", sagte er AFP.
Im Zuge der Korruptionsermittlungen waren Kaili, ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi und weitere Verdächtige Anfang Dezember festgenommen worden. Bei Kaili fanden die Ermittler nach eigenen Angaben "Taschen voller Bargeld". In der gemeinsamen Wohnung mit Giorgi fanden die Ermittler laut belgischen Justizkreisen 150.000 Euro und weitere 750.000 Euro bei Kailis Vater in einem Brüsseler Hotel.
1,5 Millionen Euro sichergestellt
Insgesamt stellten die Ermittler bei den Durchsuchungen 1,5 Millionen Euro sicher. Das Europaparlament setzte Kaili nach Bekanntwerden der Affäre Mitte Dezember als Vizepräsidentin ab. Sie verlor zudem das Abgeordnetenmandat ihrer sozialistischen Partei Pasok in Griechenland.
Mit Kailis Freilassung befinden sich alle fünf in dem Skandal Beschuldigten in Hausarrest. Die belgische Justiz wirft ihnen Korruption, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Neben Katar soll auch Marokko versucht haben, mit Geldgeschenken die EU-Politik zu beeinflussen. Beide Länder weisen die Vorwürfe zurück.
Als Schlüsselfigur in dem Skandal gilt der Italiener Pier Antonio Panzeri. Er hat sich bereit erklärt, als Kronzeuge mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten. Der frühere Europaabgeordnete hatte die Nichtregierungsorganisation Fight Impunity (etwa: Kampf gegen die Straflosigkeit) gegründet. Es gibt den Verdacht, dass darüber Bestechungsgelder gewaschen wurden. Die Ermittlungen der belgischen Justiz dauern an. Einen Termin für einen möglichen Prozess gibt es noch nicht.
Auch Panzeri aus U-Haft entlassen
Panzeri wurde am Donnerstag aus der Untersuchungshaft in Brüssel entlassen. Der sichtlich abgemagerte Politiker, der seit Dezember inhaftiert war, wurde ebenfalls in Brüssel unter Hausarrest gestellt, wie italienische Medien berichteten.
Panzeri verließ das Gefängnis Saint-Gilles im Autos seines Anwalts. Sein Aufenthaltsort werde künftig mit einer Fußfessel überwacht, verlautete aus Justizkreisen. Panzeris Entlassung aus dem Gefängnis war vergangene Woche beschlossen worden. Er war im Dezember festgenommen worden. Im Jänner schloss der Italiener eine Vereinbarung mit der Brüsseler Staatsanwaltschaft. Der frühere EU-Abgeordnete verpflichtete sich dazu, mit den Ermittlern zusammenarbeiten und über finanzielle Absprachen mit Drittstaaten, beteiligte Personen und weitere Aspekte auszusagen. Im Gegenzug soll er eine mildere Strafe erhalten.
Katar und Marokko weisen Vorwürfe zurück
In der Affäre geht es um mutmaßliche Versuche des Golfemirats Katar sowie Marokkos, Vertreter des EU-Parlaments zu bestechen und so die Politik der Europäischen Union zu beeinflussen. Beide Länder weisen die Vorwürfe zurück. Insgesamt wurden im Zuge des Skandals rund 1,5 Millionen Euro Bargeld beschlagnahmt. Zu den Beschuldigten zählen auch die abgesetzte Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili, die am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, und der EU-Abgeordnete Marc Tarabella.
Der belgische Europaabgeordnete Tarabella wurde am Dienstag in den Hausarrest entlassen. Für Kailis Lebensgefährten Francesco Giorgi gilt dies bereits seit Ende Februar. Wegen möglicher Verstrickungen in den Skandal steht zudem der Europarlamentarier Andrea Cozzolino in Neapel unter Hausarrest.
Zusammenfassung
- Die wegen des Korruptionsskandals um das Europaparlament abgesetzte Vizepräsidentin Eva Kaili kommt am Freitag aus der Untersuchungshaft frei und wird in den Hausarrest überstellt.