EU-Kommission: Grenzen in Europa vorsichtig öffnen
Die EU-Kommission will die Mitgliedstaaten auffordern, die in der Corona-Krise eingeführten Grenzkontrollen nach und nach wieder aufzuheben. Eine sofortige Rückkehr zum eigentlich kontrollfreien Schengenraum fordert die Brüsseler Behörde in ihren Empfehlungen, die sie am Mittwoch vorlegen möchte, nicht. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zeigte sich erfreut über die EU-Empfehlung.
Die Behörde werde am Mittwoch "Leitlinien" vorstellen, in denen eine "schrittweise und allmähliche Aufhebung" der nationalen Kontrollen empfohlen werde, sagte die Generaldirektorin der Innenabteilung der Kommission, Monique Pariat, am Dienstag im EU-Parlament. Ziel sind demnach zunächst insbesondere Ausweitungen der Ausnahmeregelungen für Arbeitnehmer und Familienangehörige beim Grenzübertritt.
Die EU-Kommission will am Mittwoch auch ein Paket für die Reise- und Tourismusbranche vorstellen, deren Geschäft durch die Corona-Krise praktisch zum Erliegen gekommen ist - auch weil viele Mitgliedstaaten grenzüberschreitende Reisen in der EU durch Grenzkontrollen unmöglich gemacht haben. Die EU-Kommission verweist regelmäßig darauf, dass die Kontrollen nicht nur die Reisefreiheit im Schengenraum beeinträchtigen, sondern auch das Funktionieren des EU-Binnenmarkts.
Ein Ziel der geplanten Leitlinien sei es, mehr Arbeitnehmern den Grenzübertritt zu ermöglichen, sagte Pariat im Innenausschuss des EU-Parlaments. Bisher sei dies vielfach nur für Gruppen möglich, deren Berufe in der Pandemie als unverzichtbar gelten, etwa im Gesundheitsbereich. Die Kommission wolle erreichen, dass dies künftig auch für Saisonarbeiter und mehr Arbeiternehmer gelte, deren Berufe einen regelmäßigen Grenzübertritt erforderten.
Deutschland bereitet bereits eine Lockerung des in der Coronakrise verhängten Grenzregimes vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Dienstag gegenüber Parteikollegen im Bundestag einen "zweistufigen Prozess" an, berichteten Teilnehmer. Ab Mittwoch sollten einige deutsch-österreichische Grenzübergänge für Pendler und Anrainer geöffnet werden, die komplette Öffnung dürfte aber noch dauern.
Ihr sei wichtig, dass die Grenzkontrollen nicht "bis ultimo" fortgesetzt werden, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern einer virtuellen Sitzung der Unionsfraktion. Demnach soll am Mittwoch in der deutschen Bundesregierung über die weiteren Schritt beraten werden. Ebenfalls am Mittwoch will die EU-Kommission Leitlinien für eine schrittweise Grenzöffnung vorstellen.
Wie aus dem Bundeskanzleramt in Wien gegenüber der APA verlautete, telefonierte am Dienstag auch Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seiner deutschen Amtskollegin. Am morgigen Mittwochabend wurde Kurz im Vorarlberger Kleinwalsertal erwartet, das als lediglich von Deutschland aus erreichbares Zollausschlussgebiet besonders unter den Corona-Grenzbeschränkungen zu leiden hat.
Die deutsche Bundespolizei und die österreichischen Behörden einigten sich indes auf die Öffnung mehrerer kleinerer Grenzübergänge. In Oberösterreich geht es um die Grenzübergänge Breitenberg-Hinteranger/Vorderanger und Voglau, die von 7:00 bis 20:00 offen sein werden, sowie Bad Füssing-Obernberg (6:00 - 20:00 Uhr). Wie das Innenministerium der APA auf Anfrage mitteilte, wird auch der Salzburger Grenzübergang Großgmain-Bayerisch Gmain geöffnet, allerdings nur für Berufspendler mit Wohnsitz bzw. Arbeitsplatz in diesen beiden Gemeinden bzw. Bad Reichenhall. Zu Tirol sollten deutschen Angaben zufolge die Grenzübergänge Reit im Winkl-Kössen sowie Oberjoch-Schattwald geöffnet werden.
Die türkis-grüne Bundesregierung signalisiert bereits seit Wochen, dass sie eine Grenzöffnung zu den Nachbarländern noch vor Beginn der Sommerferiensaison wünscht. Im Fokus ist dabei insbesondere Deutschland, da die heimische Tourismusindustrie stark von deutschen Sommergästen abhängig ist.
Zusammenfassung
- Die EU-Kommission will die Mitgliedstaaten auffordern, die in der Corona-Krise eingeführten Grenzkontrollen nach und nach wieder aufzuheben.
- Eine sofortige Rückkehr zum eigentlich kontrollfreien Schengenraum fordert die Brüsseler Behörde in ihren Empfehlungen, die sie am Mittwoch vorlegen möchte, nicht.
- Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zeigte sich erfreut über die EU-Empfehlung.