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"Machtmissbrauch": EU-Boykott gegen Orban angeordnet

Putin, Xi Jinping, Trump: Ein Alleingang Viktor Orbans jagt den anderen, seit Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert mit einer Boykott-Entscheidung. 63 EU-Abgeordnete fordern in einem Brief, Ungarn das Stimmrecht im Rat der EU zu entziehen.

Bei künftigen informellen Ministertreffen unter der Leitung Ungarns sollen keine Kommissarinnen oder Kommissare, sondern nur noch ranghohe Beamte teilnehmen. Auch der traditionelle Antrittbesuch der EU-Kommission wird ausfallen. 

Orban reiste nach Moskau zu Wladimir Putin und inszenierte das als "Friedensmission" zur Lösung des Ukraine-Konflikts. Danach ging es weiter nach Peking zu Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und in die USA zu Donald Trump. Der Kreml schlachtete den Besuch für seine Propaganda aus. Orban vertrat außerdem nicht die EU-Position in der Ukraine-Politik. 

Ungarn ohne Stimmrecht? 

63 EU-Abgeordnete fordern in einem Brief, Ungarn das Stimmrecht im Rat der EU zu entziehen. "Der ungarische Vorsitz hat gerade erst begonnen, und Premierminister Orbán hat bereits erheblichen Schaden angerichtet." Das Schreiben wurde vom Esten Riho Terras (EVP) initiiert. Aus Österreich haben die designierten NEOS-Abgeordneten Helmut Brandstätter und Anna Stürgkh und ÖVP-Mandatar Lukas Mandl unterzeichnet.

In Anbetracht des "Machtmissbrauchs" werden die EU-Spitzen zu "entschiedenen Maßnahmen" aufgefordert. "Bloße verbale Verurteilungen" zeigten "keine Wirkung". Es wäre das erste Mal, dass so etwas passiert. Vorausetzung ist ein einstimmiger Beschluss der restlichen EU-Staaten. 

Österreich gegen Boykott

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach sich gegen einen Boykott des ungarischen EU-Ratsvorsitzes aus.

Litauen und Schweden wollen nach den Besuchen keine Minister:innen mehr nach Ungarn schicken. Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen wollen laut Schwedens Aussage ähnlich reagieren. In Brüssel diskutiert man, ob ein EU-Außenministertreffen Ende August von Ungarn nach Brüssel verlegt werden soll. 

Kritik aus Ungarn

Ungarns Europaminister János Bóka schrieb auf der Plattform X, die ungarische Ratspräsidentschaft "bleibt einer loyalen Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten und Institutionen verpflichtet". Die EU-Kommission "kann sich nicht die Institutionen und Mitgliedstaaten herauspicken, mit denen sie zusammenarbeiten möchte", so der Minister. "Basieren alle Kommissionsentscheidungen jetzt auf politischen Erwägungen?"

ribbon Zusammenfassung
  • Putin, Xi Jinping, Trump: Ein Alleingang Viktor Orbans jagt den anderen, seit Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat.
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert mit einer Boykott-Entscheidung.
  • An informellen Ministertreffen in Ungarn nehmen keine Kommissare teil, nur ranghohe Beamte.
  • 63 EU-Abgeordnete fordern in einem Brief, Ungarn das Stimmrecht im Rat der EU zu entziehen.