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Erfolg der Ukraine: Warum der Vorstoß über den Dnipro so wichtig ist

Der Ukraine ist der lange erwartete Vorstoß über den Fluss Dnipro gelungen. Ein wichtiger Schritt, der nicht nur symbolische Bedeutung hat. Wie schaut es sonst an der Front aus?

Der Krieg in der Ukraine geriet zuletzt in den Hintergrund. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vermutet dahinter eine Strategie Russlands. Er unterstellte dem Kreml, die Hamas zu unterstützen und beklagte, dass die Ukraine seit Kriegsbeginn im Nahen Osten weniger Granaten und andere Lieferungen bekommen würde. Zuletzt sorgte er mit seinen Aussagen für Besorgnis auf dem Balkan: Russland könnte auch dort "neue Krisen" auslösen, "um die Aufmerksamkeit der Welt vom Krieg in der Ukraine abzulenken".

Tatsächlich scheint Russland vom Krieg im Nahen Osten zu profitieren. Zumindest erregten die Intensivierung von Raketen- und Drohnenangriffen auf zivile Einrichtungen in der Ukraine weniger Aufmerksamkeit. Vor dem kommenden Winter nimmt Russland wieder vermehrt kritische Infrastruktur ins Visier

Russland in der Offensive

An der Front gilt die Lage in weiten Teilen als festgefahren. Russische Soldaten besetzen weiterhin 17 Prozent der Ukraine. Im Osten sind die russischen Streitkräfte derzeit sogar in der Offensive, unter anderem in der Gegend der ukrainisch kontrollierten Stadt Awdijiwka und in der Nähe der russisch kontrollierten Stadt Bachmut. Dort soll es jüngst zu einigen der bisher heftigsten Schlachten gekommen sein.

Die Rückeroberung der Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk ist für die Ukraine in weiter Ferne. Die Gegenoffensive im Sommer und Herbst brachte nicht den erhofften Erfolg und scheiterte weitgehend. 

Ukraine überquerte Dnipro

Dennoch ist der Ukraine in den letzten Tagen ein Erfolg gelungen, der nicht nur symbolischen Wert hat. Das Militär sei im Süden des Landes, am Fluss Dnipro, weiter auf dem Vormarsch. Nach dem Vorstoß über den Fluss meldete es am Freitag "eine ganze Reihe erfolgreicher Einsätze" am Ostufer in der teilweise besetzten Region Cherson. Es sei gelungen, dort einige Brückenköpfe zu errichten. Weitere Einsätze am Ostufer seien im Gange.

Der Fluss stellte lange Zeit die Frontlinie im Süden dar. Am Mittwoch hatte dann der von der russischen Besatzungsmacht installierte Gouverneur von Cherson, Wladimir Saldo, erstmals eingeräumt, dass ukrainische Streitkräfte den Fluss überquert haben.

Ein Vorstoß über den Dnipro ist für die ukrainische Armee von entscheidender Bedeutung. Der Transport schwerer militärischer Ausrüstung und von Vorräten über den Fluss könnte es den ukrainischen Truppen ermöglichen, eine neue Angriffslinie im Süden auf dem direktesten Landweg zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu eröffnen, die 2014 von Russland annektiert wurde.

Ausgangspunkt für Offensive Richtung Krim?

Ein Brückenkopf sei "ein Geländestück, das auf dem feindlichen Ufer besetzt worden ist und das als Ausgangsbasis für die weiteren Kampfhandlungen dient", sagte der österreichische Bundesheer-Experte Markus Reisner dem ZDF. So ein Brückenkopf berge aber die Gefahr, dort angegriffen zu werden, man müsse schnell Truppen nachschicken. 

Gelungen sei der Vorstoß im Nebel - und mithilfe von Störsendern. Für Russland bedeute das, dass man anderswo Truppen abziehen wird müssen. Für die Ukraine könne der Brückenkopf Ausgangspunkt für eine Offensive werden - er sei aber derweil vor allem ein Symbol dafür, dass die Ukraine "sehr wohl auch in gewissen Abschnitten der Front in die Offensive gehen kann". 

Am Freitagabend erklärte der ukrainische Generalstab die übergesetzten Truppen würden "Ablenkungsmanöver, Überfälle und Aufklärungsaktionen" durchführen. Unter anderem sollten Nachschubwege der russischen Militärs sowie Artilleriestellungen ausgekundschaftet werden. Eine der Hauptaufgaben sei jedoch, die russischen Truppen so weit wie möglich vom Dnipro-Ufer zurückzudrängen, um die ständigen russischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung über den Fluss hinweg zu unterbinden. 

ribbon Zusammenfassung
  • Das ukrainische Militär ist im Kampf gegen die russischen Invasionstruppen nach eigener Darstellung im Süden des Landes am Dnipro weiter auf dem Vormarsch.
  • Nach dem Vorstoß über den Fluss meldete es am Freitag "eine ganze Reihe erfolgreicher Einsätze" am Ostufer in der teilweise von Russland besetzten Region Cherson.
  • Es sei gelungen, einige Brückenköpfe zu errichten. Weitere Einsätze am Ostufer seien im Gange.
  • Ein Vorstoß über den Dnipro ist für die ukrainische Armee von entscheidender Bedeutung.