APA/ROBERT JAEGER

Doskozil vermisst "klare Vorgaben" beim Corona-Management

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist nach seiner dritten Stimmbandoperation mittlerweile seit einigen Wochen wieder im Amt. Im APA-Interview übt er Kritik am Corona-Krisenmanagement des Bundes. Es gebe "zu viele Köche", er vermisse "klare Vorgaben". Wie man Tirol in der Causa Ischgl behandle, findet Doskozil "unfair". In seiner Partei hofft er auf ein baldiges Ende der Unruhe.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist nach seiner dritten Stimmbandoperation mittlerweile seit einigen Wochen wieder im Amt. Im APA-Interview übt er Kritik am Corona-Krisenmanagement des Bundes. Es gebe "zu viele Köche", er vermisse "klare Vorgaben". Wie man Tirol in der Causa Ischgl behandle, findet Doskozil "unfair". In seiner Partei hofft er auf ein baldiges Ende der Unruhe.

Seine Kritik untermauert der Landeshauptmann mit einem Beispiel: Anfang März, bevor er (zu seiner OP, Anm.) nach Leipzig ins Spital gefahren sei, habe es eine erste Sitzung im Bundeskanzleramt gegeben mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und den Landeshauptleuten. "Das war ein salopper Meinungsaustausch - keine Vorgaben, keine Einschätzungen, noch nichts wissend über Restriktionen, über den Lockdown."

"Und gleichzeitig fällt man jetzt über den Landeshauptmann (Günther, Anm.) Platter (ÖVP) her und über die Verantwortlichen in Tirol, dass Ischgl viel zu spät reagiert hat." Schon damals hätte der Gesundheitsminister sagen müssen: "Das und das ist nicht erlaubt. Man hätte klare Vorgaben gebraucht." Die habe es aber nicht gegeben: "Im Gegenteil, wir haben dort diskutiert, ob in Salzburg die Osterfestspiele stattfinden oder nicht."

Was in der Folge passiert sei - der Lockdown, "darüber kann man diskutieren, das war sicherlich die richtige Entscheidung", sagte Doskozil. "Was aber jetzt ein bisschen fehlt, sind wirklich die Parameter Schritt für Schritt - (...) wie fahren wir koordiniert hoch?"

Das beste Beispiel sei für ihn der Schulbereich: "Der Gesundheitsminister sagt, die Risikogruppe ist so definiert. Der Unterrichtsminister sagt, die Risikogruppe ist so definiert. Warum dürfen oder sollen beispielsweise über 60-jährige Lehrer nicht unterrichten gehen?" fragt der Landeschef. "Jeder 60-jährige Polizist muss arbeiten, jeder 60-jährige Landesbedienstete, jede 60-jährige Erzieherin und jede 60-jährige Krankenschwester muss arbeiten. "Wir gehen jetzt her und sagen: Bei den Landeslehrern gilt diese Grenze nicht."

Bei den Videokonferenzen (des Bundes mit den Ländern, Anm.) oder bei den Pressekonferenzen, die stattfinden, "wird nur moderiert", nannte Doskozil einen weiteren Kritikpunkt. Er selbst nehme nicht mehr an der Videokonferenz teil. Es heiße bei den Konferenzen, "ja, ja es kommt ein Erlass. Aber es wird kein Inhalt transportiert. Es wird nur ein PR-Programm abadministriert mit den Medien. Zumindest die SPÖ-Landeshauptleute erfahren erst aus den Zeitungen, was kommt und was gemacht wird."

Erlässe und Verordnungen bekomme man "fünf Minuten vor Redaktionsschluss. Das ist kein fairer Umgang miteinander", betonte der Landeshauptmann. Man müsse auch die rechtliche Situation überlegen: "Die wenigsten wissen, dass der Bundeskanzler fachlich null Kompetenz und Zuständigkeit hat. Die hat der Gesundheitsminister in erster Linie, die hat der Unterrichtsminister, wenn es um die Schulen geht, die hat auch nicht der Innenminister. Der ist im Assistenzbereich tätig, sonst nirgends."

"Da wird aber großartig kommuniziert, da wird eine PR-Performance abgewickelt sondergleichen - und dann passiert so was wie im Kleinwalsertal", spielte Doskozil auf den Auftritt des Kanzlers mit einer Menschenmenge in Vorarlberg an. Den Leuten werde ein Bild vorgezeichnet, "man muss schauen, dass sie Angst haben. Und selbst als Bundeskanzler trete ich dann so auf? Das ist lächerlich."

"Was wir brauchen, ist wirklich ein klarer Plan - nicht einmal dort ein paar Almosen, dort ein paar Almosen, was passiert, sondern einen klaren Plan, wie kommen wir jetzt wieder zurück", stellte Doskozil fest. Im Burgenland habe er sofort nach seiner Rückkehr von besagter Besprechung im März den Krisenstab eingerichtet.

Für seine eigene Partei erwartet Doskozil, dass die Turbulenzen auf Bundesebene "erst wirklich überwunden sind, wenn der Erfolg sich wieder einstellt." Das sehe man auch bei anderen Parteien. In der FPÖ sei "nicht alles eitel Wonne" und in der ÖVP habe man sich unter Reinhold Mitterlehner als Parteichef "beflegelt auf menschlich tiefstem Niveau". So weit sei es in der SPÖ nicht. "Wir diskutieren wenigstens inhaltlich, 30-Stunden-Woche versus Mindestlohn beispielsweise", betonte Doskozil. Die SPÖ sei eine "stolze Partei", die Mitglieder hätten einen gewissen Erfolgsanspruch. "Und der Erfolgsanspruch wird mit 17 Prozent in den Umfragen nicht zufriedengestellt."

Doskozils Wortmeldungen trafen indes bei der ÖVP auf Bundesebene auf wenig Gegenliebe. Er habe offenbar nur Intrigen gegen die eigene Obfrau und die Bundesregierung im Kopf, meinte die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz.

"Doskozil bleibt alten Mustern treu und greift zum wiederholten Mal die eigene Parteichefin, Pamela Rendi-Wagner und die Bundesregierung an. Das ist der alte Polit-Stil, wo man immer wieder hinhaut, nur um medial aufzufallen", kritisierte Schwarz: "Doskozils intrigante Art, ständig öffentlich den Konflikt mit der eigenen Obfrau und der Regierung zu suchen, ist ein Politikstil von gestern."

Gesundheitlich und stimmlich funktioniere nach seiner dritten Stimmband-Operation "so weit alles", so Doskozil. "Man merkt schon, es ist natürlich noch ein bisschen ein Hürdenlauf. Das ist ein ständiges logopädisches Training." Er sei aber froh, sich für die Operationsmethode entschieden zu haben. "Weil andere Ärzte haben mir angeraten, ich soll das vielleicht nicht machen und soll mir einen Beruf suchen, wo ich nichts sagen muss und keine Stimme brauche. Von daher bin ich froh, dass ich auf diese Ärzte nicht gehört habe", betonte der Landeshauptmann.

Die Auswirkungen der Coronakrise spürt Doskozil auch im Privaten. Die für 30. Mai geplante Hochzeit musste verschoben werden. Sie werde nächstes Jahr stattfinden, Termin gebe es noch keinen. Auch auf eine große Geburtstagsfeier zum 50er am 21. Juni muss der Landeshauptmann verzichten, darüber ist er allerdings nicht unglücklich: "Die ist Gott sei Dank abgesagt."

ribbon Zusammenfassung
  • Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist nach seiner dritten Stimmbandoperation mittlerweile seit einigen Wochen wieder im Amt.
  • Im APA-Interview übt er Kritik am Corona-Krisenmanagement des Bundes.
  • Wie man Tirol in der Causa Ischgl behandle, findet Doskozil "unfair".
  • In seiner Partei hofft er auf ein baldiges Ende der Unruhe.
  • Die SPÖ sei eine "stolze Partei", die Mitglieder hätten einen gewissen Erfolgsanspruch.