Diplomaten arbeiten an Sicherung der Waffenruhe in Gaza
Blinken werde auf Bidens Bitte hin nach Jerusalem, Ramallah, Kairo und Amman reisen, hieß es in Washington. Bis Donnerstag werde er unter anderem mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und dem jordanischen König Abdullah II. zusammenkommen. Ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums sagte am Montag, der Fokus bei Blinkens Reise liege darauf, dass die Waffenruhe halte.
"Wir wollen keine Rückkehr zum Blutvergießen sehen", betonte er. "Wir sind unglaublich erleichtert, dass die Gewalt beendet ist." Wichtig sei nun außerdem, dass die Menschen im Gazastreifen die benötigte Unterstützung erhielten. Für Schritte auf dem Weg zu einem echten Friedensprozess sei es noch zu früh. Die USA stünden aber weiter hinter einer Zweistaatenlösung, zu der sich auch die Europäische Union (EU) bekennt.
Der ägyptische Außenminister Samih Shukri traf am Montag in Ramallah mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen. Die beiden Politiker erörterten Wege, den seit 2014 auf Eis liegenden Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern wiederzubeleben, gab das ägyptische Außenministerium in Kairo bekannt. Das Land am Nil hatte die Waffenruhe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas vermittelt.
Diese war nach einem elftägigen Schlagabtausch am frühen Freitagmorgen in Kraft getreten. Seither hielt sie. Eskaliert war der Konflikt unter anderem nach Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften am Tempelberg (Al-Haram al-Sharif) in Jerusalem und im arabischen Osten der Stadt.
Die Hamas in Gaza hatte die Spannungen am 10. Mai zum Anlass genommen, Raketen auf Jerusalem abzufeuern. Israel reagierte mit Bomben- und Raketenangriffen auf Ziele der militanten Palästinenser in Gaza, während die Hamas und ihre Verbündeten mehr als 4.000 Raketen und Mörsergranaten auf Israel abschossen. In Gaza waren nach palästinensischen Angaben 248 Menschen getötet worden, in Israel nach israelischen Angaben zwölf.
Von der weiterhin äußerst angespannten Lage kündete am Montag ein Zwischenfall in Jerusalem. Ein 17-jähriger Palästinenser stach an einer Stadtbahn-Haltestelle mit einem Messer auf zwei Israelis ein. Die beiden Männer im Alter von 21 und 23 Jahren - einer von ihnen ein Soldat - erlitten nach Krankenhausangaben mittelschwere Verletzungen. In der Nähe befindliche Polizisten erschossen den jugendlichen Angreifer, bestätigte die Polizei.
Israelische Minister bekräftigten indes, Israel werde künftig auf jeden Angriff aus dem Palästinensergebiet deutlich härter reagieren als zuvor. Finanzminister Israel Katz sagte, Jihia al-Sinwar, Hamas-Chef im Gazastreifen, werde für jeden Angriff "mit seinem Kopf bezahlen". Al-Sinwar, der seit 2017 an der Spitze der Hamas in Gaza steht, war während des jüngsten Konflikts nicht in Erscheinung getreten, zumal er - wie Hamas-Militärchef Mohammed Deif - auf der Liste der Israelis für gezielte Tötungen gestanden haben dürfte. Er zeigte sich erstmals am Samstag in der Öffentlichkeit, als er den Familien von getöteten Hamas-Kämpfern Kondolenzbesuche abstattete.
Die von der Hamas kontrollierten Regierungsstellen in dem Küstenstreifen nahmen unterdessen wieder ihre Arbeit auf. Die israelischen Angriffe zielten auf die militärische Infrastruktur der Hamas ab, richteten aber zugleich enorme Schäden an Wohn- und Hochhäusern, Gesundheitseinrichtungen und anderen öffentlichen Gebäuden an. Nach dem vierten Gaza-Krieg seit 2008 stehen die Menschen in Gaza vor Trümmerbergen. Auch aus diesem Grund hatte der UNO-Sicherheitsrat zuletzt auf schnelle humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung gedrungen.
Erste Lieferungen dringend benötigter medizinischer Geräte wurden umgehend erwartet. Der Transport der über die UNO besorgten Güter sollte über den eigentlich geschlossenen Übergang Kerem Shalom erfolgen, wie ein Sprecher der israelischen Behörde Cogat sagte. Israel hat die Sorge, Hilfslieferungen in das blockierte Küstengebiet könnten wie nach dem letzten Gaza-Krieg 2014 für eine Aufrüstung der Hamas missbraucht werden.
Bei einer Kundgebung in Tel Aviv forderten mehrere tausend Demonstranten am Samstagabend eine friedliche Lösung des jahrzehntealten Konflikts mit den Palästinensern. Weltweit nahmen am selben Tag in zahlreichen Städten Tausende Menschen an pro-palästinensischen Demonstrationen teil, darunter in Berlin, London und Paris. Auf Plakaten forderten die Demonstranten unter anderem "Freiheit für Palästina".
Zusammenfassung
- Nach der jüngsten Eskalation im Gaza-Konflikt bemüht sich die Weltdiplomatie um eine Festigung der Waffenruhe, die seit vergangenem Freitag in Kraft ist.
- US-Außenminister Antony Blinken mache sich auf den Weg in die Region, um die Anstrengungen zu unterstützen, teilte US-Präsident Joe Biden am Montag in Washington mit.
- Israel drohte der Hamas in Gaza noch härtere Gegenschläge an, sollte die islamistische Organisation die Waffenruhe brechen.