Debatte um EU-Ratsvorsitz: Edtstadler will Ungarn "Chance" geben

Wegen Verstößen Ungarns gegen die Rechtsstaatlichkeit wird darüber abgestimmt, ob Ungarn wirklich 2024 den EU-Ratsvorsitz übernehmen soll. Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) stellt sich hingegen gegen die Resolution.

Es sei "nicht zielführend, einem Land den EU-Ratsvorsitz abzusprechen. Ich sehe es als Chance, wenn Ungarn während des Ratsvorsitzes europäische Interessen in den Vordergrund stellen und sich darauf auch entsprechend vorbereiten muss. Wir haben klare Regeln: Es ist im EU-Vertrag nirgends vorgesehen, einen Ratsvorsitz abzuerkennen", argumentiert Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). 

Ungarn habe noch einige Zeit zur Vorbereitung: "Das sollten wir ehrlich bewerten. Es sind nach wie vor EU-Gelder eingefroren, weil Ungarn vom Weg der Rechtsstaatlichkeit abgekommen ist", so Edtstadler. "Die Rechtsstaatlichkeit ist etwas, da darf es keine Kompromisse geben", betonte die Ministerin vor dem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen - sie sehe bei Ungarn aber bereits Fortschritte.

Abstimmung am Donnerstag

Ihre deutsche Amtskollegin Anna Lührmann äußerte hingegen "Zweifel, inwieweit es Ungarn gelingen kann, eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft zu führen." Abgestimmt werden soll am Donnerstag. Die Europäische Kommission pocht bei den Anstrengungen Ungarns zur Rechtsstaatlichkeit auf mehr Ergebnisse. 

In den Bereichen Justizwesen und Korruptionsbekämpfung sieht die für Demokratie zuständige Kommissions-Vizepräsidentin Vera Jourová bereits Schritte in die richtige Richtung. Sie sehe aber noch Handlungsbedarf, sagte sie nach dem Ministertreffen am Dienstag in Brüssel: "Unsere Bedenken sind nach wie vor da." Das Artikel-7-Verfahren sei noch lange nicht abgeschlossen. Dieses läuft gegen Ungarn wegen Verletzungen der Grundrechte und kann zu einem Entzug der Stimmrechte in der EU führen: "Soweit sind wir aber noch nicht", so Jourová. Auch eine mögliche Aberkennung des Ratsvorsitzes habe die EU-Kommission "bisher nicht diskutiert".

"Unser Fazit: Die Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Justizsysteme und der Medien sind wesentliche Bestandteile unserer europäischen Demokratie. Unsere Aufgabe ist es, diese zu schützen und zu fördern", betonte die EU-Kommissarin.

Pushbacks: Edtstadler widerspricht Karas

Als "kompletten Unsinn" bezeichnete die ungarische Justizministerin Judit Varga die Diskussion, die ihrer Meinung nach keine ist, sondern "politischer Druck des Europäischen Parlaments, welches europäische Werte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht respektiert." Das EU-Parlament spiele hier "keine Rolle. Das EU-Gesetz bestimmt die Reihenfolge der Ratspräsidentschaften." Ungarn habe fast 20 Jahre EU-Erfahrung und sei damit bestens gerüstet, betonte sie am Dienstag in Brüssel.

In Vorbereitung auf den Europäischen Rat Ende Juni stand auch die Migration auf der Agenda des Rates am Dienstag. Zum Thema Pushbacks, also illegale Zurückweisungen in Drittländer, betonte Edtstadler, Athen verurteile diese klar. Ihr griechischer Amtskollege habe ihr eine Untersuchung zugesagt. "Griechenland wird aber dafür Sorge tragen, dass die illegale Migration nicht ins Unermessliche steigt. Griechenland ist ein exponierter Staat an der EU-Außengrenze. Wir sollten gemeinsam Lösungen finden", widersprach die Ministerin dem Vorstoß ihres Parteikollegen Othmar Karas für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen. Pushbacks von Migranten seien aber "natürlich zu verurteilen".

ribbon Zusammenfassung
  • Wegen Verstößen Ungarns gegen die Rechtsstaatlichkeit wird darüber abgestimmt, ob Ungarn wirklich 2024 den EU-Ratsvorsitz übernehmen soll.
  • Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) stellt sich hingegen gegen die Resolution.