China hielt Militärmanöver rund um Taiwan ab
Die Übungen wurden von scharfer Kritik chinesischer Medien an Lai begleitet, der als aussichtsreicher Kandidat der Präsidentschaftswahl im Jänner gilt. In taiwanesischen Sicherheitskreisen wurde Chinas Verhalten am Samstag vorläufig als weniger scharf eingestuft als nach früheren Treffen von Vertretern der USA und Taiwans.
Die Übungen hätten sich auf Gebiete nördlich und südwestlich der Insel konzentriert, teilte das Ostkommando der chinesischen Volksbefreiungsarmee mit. Luft- und Seestreitkräfte hätten ihre Kampfbereitschaft erprobt und das koordinierte Vorgehen von Kriegsschiffen und Flugzeugen geübt, unter anderem die Bekämpfung von U-Booten.
Das taiwanesische Verteidigungsministerium zählte nach eigenen Angaben 42 chinesische Flugzeuge und acht Schiffe. 26 chinesische Flugzeuge hätten die inoffizielle Seegrenze oder Gebiete nördlich und südlich davon überquert. Als inoffizielle Grenze galt traditionell eine hundert Kilometer lange Strecke in der Mitte der Taiwanstraße, der Meerenge zwischen beiden Staaten. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, während dieses auf seine Eigenständigkeit unter dem Namen Republik China pocht.
Das taiwanesische Verteidigungsministerium erklärte, die chinesischen Militärübungen trügen nicht zum Frieden und zur Stabilität in der Taiwanstraße bei. Man habe mit der Entsendung eigener Schiffe und Flugzeuge darauf reagiert. Taiwan habe die Fähigkeit, die Entschlossenheit und das Vertrauen, die nationale Sicherheit zu gewährleisten.
Taiwans Vizepräsident Lai, der im Jänner die scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen beerben will und in Umfragen vorn liegt, war in den vergangenen Tagen in den USA mit Vertretern verschiedener Organisationen zusammengetroffen. Offiziell handelte es sich um Zwischenstopps auf einer Reise nach und von Paraguay, das als eines der wenigen Länder weltweit formale Beziehungen zu Taiwan unterhält und damit auf entsprechende Beziehungen zu China verzichtet. Die USA unterhalten zwar keine formalen Beziehungen zu Taiwan, haben sich aber zur Verteidigung von dessen Unabhängigkeit verpflichtet. Lai gilt als einer der entschiedensten Vertreter des Unabhängigkeitskurses.
Das für die Beziehungen zu Taiwan zuständige Büro der Kommunistischen Partei Chinas bezeichnete Lais US-Aufenthalte als Versuch, sich auf Kosten der taiwanesischen Interessen einen Vorteil bei der Wahl zu verschaffen. Taiwans Außenminister Joseph Wu warf seinerseits der von der Kommunistischen Partei regierten Volksrepublik am Samstag vor, mit Drohgebärden die Wahl in Taiwan beeinflussen zu wollen. "China sollte seine eigenen Wahlen abhalten. Ich bin sicher, dass sein Volk begeistert wäre", erklärte Wu.
China hatte auf einen US-Besuch von Taiwans Präsidentin Tsai im April sowie auf eine Taiwan-Reise der damaligen Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im vergangenen Jahr ebenfalls mit Militärmanövern reagiert. Ein hochrangiger Insider mit Kenntnis der taiwanesischen Sicherheitsplanungen sagte Reuters am Samstag, diesmal sei Chinas Reaktion offenbar nicht ganz so scharf ausgefallen wie damals. Die Volksrepublik habe ihre Übungen erst begonnen, nachdem das Gipfeltreffen von US-Präsident Joe Biden mit Spitzenvertretern Südkoreas und Japans zur Stärkung gemeinsamer Interessen in der von China beanspruchten Pazifikregion beendet gewesen sei.
Zusammenfassung
- China hat mit Militärübungen vor Taiwan und Drohungen gegen die Inselrepublik auf die US-Besuche von deren Vizepräsident William Lai reagiert.
- Luft- und Seestreitkräfte der Volksrepublik hätten am Samstag die Einkreisung der Insel erprobt, teilte die chinesische Armee mit.
- "Dies ist eine ernste Warnung an Taiwans Separatisten, die sich zur Provokation mit externen Kräften zusammentun."