Bischof Chalupka über Kurz-Chat: "Freude an der Demütigung"
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte das Finanzministerium angewiesen, "Vollgas" gegen Privilegien der katholischen Kirche zu geben. Chalupka erinnert das an die Karfreitagsdebatte, die noch immer eine Wunde sei, "die nicht vergessen wird".
"Freude an der Demütigung"
Ob die Ansage des Kanzlers an den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid als Revanche auf Kirchenkritik an der Asylpolitik zu verstehen sei, will Chalupka nicht mutmaßen, aber: "Was an diesen Chat-Protokollen deutlich geworden ist, und das macht mich besorgt, ist eine mangelnde Achtung des Gegenübers und eine klammheimliche Freude an der Demütigung." Dies beschädige nicht nur die Würde des Gegenübers, "sondern es beschädigt auch die Würde des politischen Amtes und damit unserer Demokratie".
"Mangelnde Achtung"
Chalupka erinnert der Chat an den Umgang mit der evangelischen Kirche bei den Karfreitagsverhandlungen, "wo auch wir eine mangelnde Achtung vor unserer Tradition, aber auch unseren Repräsentanten verspürt haben". Für den Bischof ist diese Diskussion nicht abgeschlossen, erinnere der Karfreitag doch auch an die leidvolle Geschichte der Protestanten in Österreich. "Es muss auch eine Diskussion geben, unabhängig vom Karfreitag, über ein Gedenken an die Coronapandemie und über die Opfer", erhofft sich der Bischof.
Dialog zu assistiertem Suizid
Trotz aller Kritik gibt es dennoch einen Dialog mit der Regierung - etwa bezüglich des Urteils des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zum assistierten Suizid. In den kommenden Wochen soll es "ausführliche Gespräche" mit dem Justizministerium geben, bei denen geklärt werden soll, wie man mit der Aufhebung des Verbots künftig umgeht, berichtet der Bischof. "Der Regierung ist es sehr bewusst, dass sie etwas tun muss", meint Chalupka. Es dürfe vor allem keine Verpflichtung etwa für Ärzte zur Beihilfe zum assistierten Suizid geben, betont er.
Schweigen zu "Pakt gegen Einsamkeit"
Gar nichts getan hat sich hingegen nach dem groß angelegten Auftaktgespräch der Regierung für einen "Pakt gegen die Einsamkeit" im August des vergangenen Jahres. "Dabei ist es geblieben, alle eingeladenen Organisationen haben ihre Konzepte geschrieben und dann nichts mehr gehört", berichtet der Bischof. Angekündigt worden war etwa die Ernennung eines eigenen Regierungskoordinators, im Hinblick auf die Coronakrise waren Maßnahmen zur Bekämpfung der Alterseinsamkeit geplant. Sollte sich doch etwas getan haben, "dann im Geheimen", so der Bischof.
Wenig Verständnis hat Chalupka dafür, dass bei Demonstrationen von Gegnern der Coronamaßnahmen Regeln zum Schutz aller missachtet werden. "Und wofür ich gar kein Verständnis habe ist, dass das auch noch religiös verbrämt wird."
Keine Debatte zu homosexuellen Paaren
Eine große Debatte über den Umgang mit homosexuellen Paaren - wie sie derzeit wieder in der römisch-katholischen Kirche geführt wird - haben Österreichs Protestanten nicht. Man habe ja vor zwei Jahren in einem Synodenbeschluss den einzelnen Gemeinden die Entscheidung selbst überlassen. Eine Segnung anlässlich der staatlichen Eheschließung sei also in Gemeinden möglich, die sich dafür entschieden haben, erläuterte Chalupka. Probleme habe es bis jetzt nicht gegeben, denn: "Das ist sozusagen der Vorteil einer synodal-presbyterialen Kirche, dass man sich einigen muss und wenn man sich geeinigt hat, dann hält man sich auch daran."
Zusammenfassung
- Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka sorgt sich im APA-Osterinterview über den Umgangston der Politik mit den Religionsgemeinschaften.
- Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte das Finanzministerium angewiesen, "Vollgas" gegen Privilegien der katholischen Kirche zu geben.
- "Was an diesen Chat-Protokollen deutlich geworden ist, und das macht mich besorgt, ist eine mangelnde Achtung des Gegenübers und eine klammheimliche Freude an der Demütigung."
- Dies beschädige nicht nur die Würde des Gegenübers, "sondern es beschädigt auch die Würde des politischen Amtes und damit unserer Demokratie".
- Chalupka erinnert der Chat an den Umgang mit der evangelischen Kirche bei den Karfreitagsverhandlungen, "wo auch wir eine mangelnde Achtung vor unserer Tradition, aber auch unseren Repräsentanten verspürt haben".