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Biden will US-Truppen bis 11. September aus Afghanistan abziehen

US-Präsident Joe Biden will offenbar bis zum 11. September sämtliche US-Truppen aus Afghanistan abziehen.

Über den Wunsch Bidens, die US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen berichteten mehrere in die Entscheidung eingeweihte Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. Allerdings werde es zum Abzug nur kommen, wenn bestimmte Sicherheitszusagen kommen. Der Stichtag fällt genau auf den 20. Jahrestag der islamistischen Anschläge vom 11. September 2001, die der Anlass für den längsten Kriegseinsatz der USA waren.

NATO soll am Mittwoch informiert werden

Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin werden die NATO-Verbündeten nach Auskunft der Insider voraussichtlich am Mittwoch informieren. Biden werde die Entscheidung zudem womöglich auch selbst öffentlich verkünden.

Friedensgespräche brachten kaum etwas

Biden steht unter Druck, rasch über einen Fahrplan für einen Abzug der US-Soldaten zu entscheiden, weil davon auch der Einsatz anderer internationaler Truppen in Afghanistan abhängt. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Washington mit den Taliban einen Abzug bis zum 1. Mai vereinbart. Im Gegenzug gingen die Taliban mit der Regierung in Kabul direkte Friedensgespräche ein, die seit September im Golfemirat Katar laufen. Diese brachten allerdings bisher kaum nennenswerte Fortschritte.

Ein US-Regierungsvertreter sagte laut Nachrichtenagentur dpa, der Abzug werde mit den NATO-Partnern koordiniert. Man sei gemeinsam nach Afghanistan gegangen, und "wir sind darauf vorbereitet, gemeinsam wegzugehen". Der Abzug sei nicht an Bedingungen geknüpft, weil ein solcher Ansatz nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre dazu führe, "für immer in Afghanistan zu bleiben". Der US-Regierungsvertreter betonte, der 11. September sei das späteste Datum, um den Abzug abzuschließen - das Ziel könne aber auch deutlich vorher erreicht werden. Danach sollten nur noch Soldaten zum Schutz der US-Diplomaten in Afghanistan im Land verbleiben.

Taliban drohten mit Gewalt gegen NATO

Die Aufständischen hatten zuletzt neue Gewalt gegen NATO-Truppen angedroht, sollte die Frist bis zum 1. Mai nicht eingehalten werden. Der US-Regierungsvertreter warnte die Taliban vor Angriffen auf ausländische Truppen während des Abzugs. In einem solchen Fall würden die USA hart zurückschlagen, drohte er. Mit Blick auf die Frauenrechte in Afghanistan fügte er hinzu, die USA würden sich mit allen diplomatischen, humanitären und wirtschaftlichen Mitteln für deren Schutz einsetzen.

10.000 Soldaten, 16 aus Österreich

Nach offiziellen Angaben befinden sich derzeit noch rund 2.500 US-Soldaten in Afghanistan. Zum Höhepunkt vor zehn Jahren waren es rund 100.000 amerikanische Soldaten. Zuletzt waren inklusive der US-Truppen insgesamt noch etwa 10.000 Soldaten aus NATO-Ländern und Partnernationen in Afghanistan, um die demokratisch gewählte Regierung durch die Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften zu unterstützen. Unter ihnen sind rund 1.000 deutsche und 16 österreichische Bundesheer-Soldaten.

Die Afghanistan-Entscheidung gehört zu den heikelsten, die Biden in seiner jungen Amtszeit treffen musste. Beide Optionen - Rückzug oder Verbleib - gelten als riskant. Eine vom US-Kongress eingesetzte Expertengruppe empfahl in einem Bericht im Februar, dass die US-Regierung im Doha-Abkommen verbleibt, die Truppen aber nicht zum 1. Mai abzieht, sondern erst dann, wenn die Taliban ihre Verpflichtungen erfüllt haben.

Ein Verbleib in Afghanistan über den 1. Mai hinaus birgt die Gefahr, dass westliche Truppen wieder Ziel von Gewalttaten der Taliban werden. Wegen dieses Szenarios hat etwa die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bereits in Absprache mit den militärischen Spitzen angeordnet, die Schutzmaßnahmen für die Bundeswehrsoldaten zu verstärken.

Machtübernahme der Taliban droht

Im Fall eines Rückzugs zum 1. Mai sahen die Experten unter anderem die Gefahr einer Machtübernahme der Taliban, eines erneuten Bürgerkrieges, einer terroristischen Bedrohung für die USA und einer weiteren Flüchtlingskrise mit Auswirkungen auch auf die EU.

ribbon Zusammenfassung
  • US-Präsident Joe Biden will offenbar bis zum 11. September sämtliche US-Truppen aus Afghanistan abziehen.
  • Unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Washington mit den Taliban einen Abzug bis zum 1. Mai vereinbart.
  • Danach sollten nur noch Soldaten zum Schutz der US-Diplomaten in Afghanistan im Land verbleiben.
  • Der US-Regierungsvertreter warnte die Taliban vor Angriffen auf ausländische Truppen während des Abzugs.