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Biden sieht Chancen für Wirtschaft im Kampf gegen Klimakrise

US-Präsident Joe Biden sieht im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe auch große wirtschaftliche Chancen. Bei dem von ihm ausgerichteten zweitägigen Online-Klimagipfel mit Dutzenden Staats- und Regierungschefs sagte Biden am Freitag, der Kampf gegen die Erderhitzung biete die Gelegenheit, Millionen gut bezahlter Jobs rund um die Welt zu schaffen - etwa durch den Ausbau von Elektromobilität oder erneuerbaren Energien.

Der US-Klimabeauftragte John Kerry sprach von einer wirtschaftlichen "Goldgrube". Beide mahnten jedoch, die Zeit dränge. Die Bekämpfung der Klimakrise sei eine "moralische Verpflichtung", betonte Biden. Er hatte den Klimagipfel einberufen, um die Dringlichkeit der Lage zu unterstreichen, aber auch um zu zeigen, dass die USA nach vier Jahren Donald Trump beim Klimaschutz wieder auf der globalen Bühne vertreten sind und eine Führungsrolle übernehmen wollen. Biden rief zu einem internationalen Kraftakt auf, um die Klimakrise einzudämmen. "Ich weiß, dass wir das schaffen können", sagte er zum Abschluss der Beratungen. "Lasst uns an die Arbeit gehen."

Biden dankte den Staats- und Regierungschefs beim Gipfel für ihre Klimaschutz-Zusagen. Er hatte am Vortag selbst ein neues Klimaziel der US-Regierung verkündet: Die USA wollen bis zum Ende des Jahrzehnts ihre Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 mindestens halbieren. Mit dem neuen Ziel erfüllen sie eine Vorgabe des Pariser Klimavertrags, in den Biden das Land am ersten Tag im Amt zurückgeführt hatte. Sein Vorgänger Trump war aus dem Abkommen ausgestiegen. Dieses sieht vor, dass die Vertragsstaaten ihre Klimaziele alle fünf Jahre nachbessern. Bei der Weltklimakonferenz im November in Glasgow sollen dies alle Partner offiziell tun.

Der von Biden ausgerichtete Gipfel gilt als wichtige Vorbereitung für Glasgow. Der US-Präsident betonte, es handle sich um eine Zwischenstation auf dem Weg dorthin: "Dieser Gipfel ist ein Anfang."

Experten sind sich einig, dass sich bis 2030 weltweit viel mehr tun muss, wenn die Erderwärmung, wie 2015 von knapp 200 Staaten in Paris vereinbart, deutlich unter zwei Grad bleiben soll. Schon jetzt hat sich die Erde um rund 1,2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhitzt. Am ersten Gipfel-Tag hatten die Teilnehmer eindringlich auf die existenzielle Bedrohung durch die Klimakrise hingewiesen und ihre schon sichtbaren fatalen Folgen: Je nach Region gibt es mehr Hitzewellen und Dürren sowie Starkregen, Stürme, Unwetter und Überschwemmungen. Den zweiten Tag nutzten sie vor allem dafür, die Chancen zu unterstreichen, die der Kampf gegen die Krise birgt.

Kerry betonte: "Niemand wird darum gebeten, ein Opfer zu erbringen." Vielmehr biete entschlossenes Handeln gegen die Klimakrise die Möglichkeit, Bereiche wie Gesundheit, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sicherheit zu verbessern. Kerry mahnte zugleich, die nächsten zehn Jahre seien kritisch im Kampf gegen die Erderwärmung. In dieser Zeit müssten dringend Entscheidungen gefällt werden, um die schlimmsten Folgen der Erderwärmung zu verhindern. "Dies muss das Jahrzehnt der Entscheidungen sein."

Die Regierungschefs mehrerer Staaten berichteten von Beispielen, wie sie gegen den Klimawandel angehen und daraus gleichzeitig wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen etwa nannte eine Energieinsel zur Speicherung von Offshore-Windenergie, die rund 80 Kilometer vor der Küste Jütlands entstehen soll. Es handelt sich um das größte Bauprojekt der dänischen Geschichte. Frederiksen sagte, schon heute stammten 50 Prozent des dänischen Stroms aus der Windenergie, das solle weiter ausgebaut werden. Nächste Aufgabe sei es, grüne Energie in grüne Kraftstoffe umzuwandeln, um damit die Emissionen von Lastwagen, Flugzeugen und Schiffen zu senken. Diese Innovationen schafften zahlreiche neue Arbeitsplätze. Dänemark hat das Ziel ausgegeben, die Treibhausgasemissionen des Landes bis 2030 um 70 Prozent im Vergleich zum Niveau des Jahres 1990 zu senken. Das ist derzeit das ambitionierteste Emissionsziel aller EU-Staaten.

Der emiratische Vizepräsident, Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum, sagte, die Vereinigten Arabischen Emirate gehörten zwar zu den größten Öl-Exporteuren der Welt. Sie hätten jedoch vor 15 Jahren die strategische Entscheidung getroffen, in erneuerbare Energien zu investieren, und betrieben inzwischen zwei der größten Solaranlagen der Welt. Eine dritte solle folgen. Die Emiraten gehören dank ihrer Einnahmen aus dem Geschäft mit Öl und Gas zu den reichsten Ländern der Welt. Trotz der großen Ressourcen bemüht sich das sonnenreiche Land, den heimischen Energiebedarf mit anderen Mitteln zu decken.

Biden bemüht sich gerade, auch der eigenen Bevölkerung gewaltige Investitionen in die Infrastruktur des Landes, den Ausbau der Elektromobilität und die Energiewende schmackhaft zu machen. Er betont dabei stets, auf diesem Weg ließen sich Millionen Arbeitsplätze schaffen. Der US-Präsident plant in den kommenden acht Jahren Ausgaben in Höhe von rund 2 Billionen US-Dollar (1,7 Billionen Euro) für sein Infrastrukturprogramm. Das entspräche etwa 10 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA. Innenpolitisch stößt das Vorhaben angesichts der immensen Ausgaben auf einigen Widerstand unter Republikanern. Biden nutzte auch den Klimagipfel, um für sein vorgeschlagenes Programm zu werben.

Parallel zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs lud Kerry zu Gesprächen ein. Mit dabei war auch Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Bei dem Round Table präsentierte Gewessler Österreichs ambitionierte Klimaschutz-Vorhaben. "Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Damit wir sie bewältigen können, müssen wir alle an einem Strang ziehen", so Gewessler in einem Statement. Auf EU-Ebene habe man sich auf ein gemeinsames Klimaziel von mindestens minus 55 Prozent geeinigt. Aber es brauche auch global viel mehr Klimaschutz. "Österreich ist mit seinem Ziel der Klimaneutralität 2040 global vorne mit dabei und ich möchte auch andere Staaten dazu motivieren, noch mehr für den Klimaschutz zu tun", betonte die Umweltministerin.

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