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Beispiel Deutschland

Terrorbekämpfung: Hilft die Messenger-Überwachung wirklich?

17. Feb. 2025 · Lesedauer 3 min

Spätestens seit dem Terroranschlag in Villach wird in Österreich wieder über die fehlenden Möglichkeiten zur Überwachung von Messenger-Diensten diskutiert. Ein Blick nach Deutschland zeigt jedoch, dass die Maßnahme nicht alle Probleme löst.

Die Information "Nachrichten in diesem Chat sowie Anrufe sind jetzt mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt", dürfte den meisten Nutzer:innen von Messenger-Diensten bekannt vorkommen. Dank der "Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" können diese Inhalte in vielen Fällen nicht mehr mit der klassischen Telekommunikationsüberwachung ausgewertet werden. 


Laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stellt diese Verschlüsselung für die heimischen Nachrichtendienste oft eine entscheidende Hürde dar. Seit längerem fordert er daher für die Sicherheitsdienste die Möglichkeit, in Messenger-Diensten wie WhatsApp, Telegram oder Signal mitlesen zu können.

Dabei handle es sich um ein "zeitgemäßes Handwerkszeug", um gegen Terrorismus und Spionage vorgehen zu können und "mittlerweile internationaler Standard", so der Innenminister.

"Bundestrojaner" made in Germany

In Deutschland darf das Bundeskriminalamt (BKA) bereits seit 2008 Messenger-Dienste überwachen. Damals griffen die Ermittler noch auf die Software einer Sicherheitsfirma zurück, die jedoch starke Mängel aufwies. Das BKA entschloss sich daher, einen eigenen "Bundestrojaner" zu entwickeln.

Der Einsatz der sogenannten "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" (TKÜ) wurde 2017 schließlich im Strafprozessrecht verankert

Video: Datenschutz-Experte warnt vor Bundestrojaner

Damit erhielt die Polizei zur Strafverfolgung die Befugnis, unter bestimmten Umständen die Geräte von Verdächtigen zu hacken, um ihnen eine Überwachungssoftware zu installieren. Damit kann sämtliche Kommunikation abgefangen und mitgelesen werden, bevor sie verschlüsselt oder nachdem sie wieder entschlüsselt wurde. Voraussetzung für den Einsatz ist jedoch ein richterlicher Beschluss

Seit 2021 haben auch die deutsche Bundespolizei sowie alle 19 Nachrichtendienste Deutschlands die Befugnis, den "Bundestrojaner" einzusetzen.

Trojaner bisher nur selten eingesetzt

Allzu häufig wurde diese Maßnahme jedoch bisher nicht angewendet, wie die Zahlen des deutschen Bundesjustizamtes zeigen. Im Jahr 2020 gab es demnach 98 Anordnungen zur Quellen-TKÜ, von denen jedoch nur 15 tatsächlich durchgeführt wurden.


2021 wurde die Maßnahme nur noch 35-mal angeordnet, wobei 23 davon durchgeführt wurden. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2022, als es 94 Quellen-TKÜ-Anordnungen gab, von denen 49 vollzogen wurden.

Der "Bundestrojaner" wird laut den Daten des Bundesjustizamts in Deutschland vor allem bei Verdacht auf Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, also Drogenkriminalität, eingesetzt. 

Anschlag dank Quellen-TKÜ verhindert

Bevor die deutschen Nachrichtendienste die Befugnis erhielten, den "Bundestrojaner" einzusetzen, wurde in Deutschland – ähnlich wie aktuell auch in Österreich – vielfach die Abhängigkeit von ausländischen Nachrichtendiensten kritisiert.


Von 2011 bis 2022 wurden in Deutschland 13 Anschläge vereitelt, drei weitere scheiterten an technischen Gründen. "In sechs dieser Fälle waren Erkenntnisse von ausländischen Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden von wesentlicher Bedeutung für die Verhinderung", erklärte die deutsche Bundesregierung 2022 auf eine schriftliche Frage des CDU-Abgeordneten Christoph de Vries. 

Wie oft der "Bundestrojaner" seitdem erfolgreich bei der Terror-Bekämpfung eingesetzt wurde, lässt sich nicht endgültig feststellen.

Zumindest im April 2024 feierten die Behörden dank der Quellen-TKÜ jedoch einen entscheidenden Erfolg - allerdings in der Spionagebekämpfung. Damals wurden zwei mutmaßliche russische Agenten in Bayreuth festgenommen, die durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) überwacht wurden. 

Der jüngste islamistische Anschlag in München, bei dem sich der Täter ebenfalls innerhalb relativ kurzer Zeit über Social Media radikalisierte, zeigt jedoch deutlich, dass Messenger-Überwachung kein Allheilmittel ist.

Video: Soziale Netzwerke fördern Radikalisierung

Zusammenfassung
  • Spätestens seit dem Terroranschlag in Villach wird in Österreich wieder über die fehlenden Möglichkeiten zur Überwachung von Messenger-Diensten diskutiert.
  • Nach Angaben von Karner sei die Messenger-Überwachung "mittlerweile internationaler Standard".
  • Ein Blick nach Deutschland zeigt jedoch, dass die Maßnahme nicht alle Probleme löst.