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Bedingte Haft für "Schwurblerkönig" wegen Holocaustleugnung

Ein prominenter Corona-Leugner und Demo-Organisator wurde am Freitag wegen Holocaustleugnung in Linz nicht rechtskräftig zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Für ein Posting wurde er schuldig-, für zwei weitere freigesprochen.

Aus Sicht der Anklage hatte er auf Social Media Ausgangsbeschränkungen und Impfpflicht mit der Judenverfolgung verglichen. Er selbst fühlte sich missverstanden, er habe nur warnen wollen.

Der Angeklagte war während der Pandemie immer wieder in gröbere Konflikte mit Polizei und Behörden verwickelt. Im März 2022 fasste er etwa ein Jahr teilbedingt wegen Verleumdung, falscher Beweisaussage, übler Nachrede, Beleidigung und Fälschung eines Beweismittels aus. So hat er falsche Maskenatteste vorgelegt und Behördenvertreter beleidigt und verleumdet. Auf diese Strafe hatte das Gericht Bedacht zu nehmen. Daher wurde eine Zusatzstrafe verhängt.

Tote Ehefrau im Auto

Der Prozess gegen den Mann fand mit etlichen Monaten Verspätung statt. Denn er war im August des Vorjahres nicht zu seinem Prozess erschienen und untergetaucht.

Im Juli ging er dann der Polizei bei einer spektakulären Verkehrsanhaltung ins Netz: Im Wagen hatte er damals die Leiche seiner Ehefrau, die wenige Stunden zuvor gestorben war, und die gemeinsamen drei Kinder. Gegen ihn laufen noch weitere Ermittlungen, nachdem die Frau an einer Krebserkrankung, die sie offenbar nicht behandeln ließ, erlegen ist.

Impfpflicht sei Genozid

Laut Anklage soll er auf Social Media u.a. ein Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichts, das seine Beschwerde gegen die Ausgangssperre abgewiesen hatte, als "Wiederbetätigung" bezeichnet haben, denn in der Nazizeit hätten Ausgangssperren auch für Juden gegolten.

Auch soll er die Impfpflicht als völkerrechtliches Verbrechen und als Genozid bezeichnet sowie mit Holocaust verglichen haben. Wer gegen die Coronamaßnahmen verstieß, habe eine Verwaltungsstrafe zu erwarten gehabt - wenn man sich den Maßnahmen in der Nazizeit widersetzt habe, sei man im KZ gelandet, veranschaulichte der Staatsanwalt den Geschworenen die von der Anklage gesehene strafrechtliche Relevanz.

Auf Social Media soll der Angeklagte unter anderem ein Erkenntnis des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts, das seine Beschwerde gegen die Ausgangssperre abgewiesen hatte, als "Wiederbetätigung" bezeichnet haben, denn in der Nazizeit hätten Ausgangssperren auch für Juden gegolten. Dafür und für ein anderes Posting wurde er freigesprochen. Auch soll er die Impfpflicht als völkerrechtliches Verbrechen und als Genozid bezeichnet sowie mit dem Holocaust verglichen haben - hier setzte es einen Schuldspruch. 

Angeklagter spricht von "Interpretation"

Der Verteidiger konterte, dass man in der Nazizeit froh hätte sein können, wenn es mehr kritische Geister wie seinen Mandanten gegeben hätte. Dieser bekannte sich nicht schuldig.

"Mir ist keine traurigere Zeit eingefallen wie die damalige. Und mir ist klar gewesen, dass wir das niemals vergessen dürfen", erklärte er seine Motivation. Er habe es "als schockierend empfunden", dass Ausgangssperren wie in der Coronazeit auch in der Nazizeit für Juden gegolten hätten.

Ob er den Vergleich rückblickend heute noch für angebracht halte, fragte die Vorsitzende. "Wenn ich gewusst hätte, wie es interpretiert wird, würde ich andere Worte wählen", antwortete der Angeklagte. "Es ist eine Interpretation, die nicht in meiner Intention war, als ich es gesagt habe." Er habe "aus dem Bauch heraus" formuliert.

Angeklagter ist zurechnungsfähig

Ein psychiatrisches Gutachten kommt zum Schluss, dass er zurechnungsfähig ist. Laut der Sachverständigen Adelheid Kastner weise er eine "querulatorisch-fanatische Persönlichkeits-Akzentuierung" auf, die sich während der Pandemie manifestiert habe.

Mittlerweile habe sich der Angeklagte aber von der Holocaustleugnung distanziert und unter dem Eindruck des Todes seiner Frau und der Frage nach der Versorgung seiner Kinder sei auch kein weiteres entsprechendes Verhalten zu erwarten, so Kastners Prognose.

"Er war der Schwurblerkönig"

In seinem Schlussplädoyer wies der Staatsanwalt darauf hin, dass man für den angeklagten Paragrafen 3h des Verbotsgesetzes keine nationalsozialistische Gesinnung haben müsse, es gehe einzig um die Verharmlosung des Holocaust. Das sieht er verwirklicht.

Der Verteidiger hingegen meinte: "Er hat sich da hertreiben lassen. Er war der Schwurblerkönig, aber er ist nicht der Verharmloser", forderte er einen Freispruch.

Zu Mittag zogen sich die Geschworenen zurück. Ein Urteil ist am Nachmittag zu erwarten. Im Fall eines Schuldspruchs drohen ein bis zehn Jahre Haft.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein prominenter Corona-Leugner und Demo-Organisator wurde am Freitag in Linz von einem Geschworenengericht nicht rechtskräftig zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt.
  • Die Anklage warf ihm Holocaustleugnung vor. Ihm drohten ein bis zehn Jahre Haft. Für ein Posting wurde er schuldig-, für zwei weitere freigesprochen.
  • Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig und fühlte sich missverstanden: "Es war eine Warnung davor, dass so etwas nie wieder geschehen darf."
  • Im Juli ging er der Polizei bei einer spektakulären Verkehrsanhaltung ins Netz: Im Wagen hatte er damals die Leiche seiner Ehefrau und seine drei Kinder.
  • Der Angeklagte war während der Pandemie immer wieder in gröbere Konflikte mit Polizei und Behörden verwickelt.