APA/APA/dpa/Jason Tschepljakow

Ausschreitungen am Rande bei Eritrea-Treffen in Deutschland

Nach den massiven Ausschreitungen am Samstag am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart sind 227 der 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Krawallmacher wieder frei. Das teilte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler am Sonntag in Stuttgart mit. Gegen die Personen liefen Strafverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs. Ein mutmaßlicher Täter werde am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt, weil er schon öfter polizeilich in Erscheinung getreten sei.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser verurteilte die Ausschreitungen in Stuttgart scharf. "Ausländische Konflikte dürfen nicht in unserem Land ausgetragen werden", sagte die SPD-Politikerin am Sonntag. Die Gewalttäter müssten zur Verantwortung gezogen werden. Den verletzten Polizeikräften wünschte Faeser eine schnelle und vollständige Genesung.

Die Polizei geriet aus eigener Sicht bei den Ausschreitungen in Stuttgart zwischen die Fronten von Anhängern und Gegnern des eritreischen Regimes. "Wir waren heute der Prellbock für einen eritreischen Konflikt, der auf Stuttgarter Straßen mit massiver Gewalt ausgetragen wurde", teilte Höfler in der Nacht auf Sonntag mit Blick auf die Ausschreitungen vom Samstag mit.

Bis zu 200 Personen hätten Teilnehmer des Treffens und Polizisten mit Steinen, Flaschen und Holzlatten angegriffen. 26 Polizeibeamte seien verletzt worden, zudem vier Teilnehmer der regimenahen Veranstaltung und zwei Oppositionelle. Sechs Beamte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Fünf Polizisten könnten ihren Dienst nicht weiter ausführen. 300 Beamte seien insgesamt am Samstag im Einsatz gewesen.

Die Polizei kesselte am Samstagabend 170 Personen ein. Sie würden des schweren Landfriedensbruchs beschuldigt, sagte der Sprecher. Auf Videos in sozialen Medien ist zu sehen, wie Männer mit Holzlatten und Flaschen auf Polizisten losgehen.

Rund 200 Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben am Samstagnachmittag zu einer Veranstaltung des Verbands eritreischer Vereine in Stuttgart und Umgebung. Die Vereine sympathisierten mit der Regierung in Eritrea, so der Polizeisprecher. Zur Mittagszeit hätten sich dann mehrere Kleingruppen von Oppositionellen am Bahnhof Bad Cannstatt und am Stuttgarter Hauptbahnhof versammelt. Sie seien am Stuttgarter Römerkastell auf die Beamten losgegangen, hätten sie mit Flaschen und Steinen beworfen. Auch mit Holzlatten hätten sie Teilnehmer des Treffens und Polizisten attackiert.

Die Polizei sei mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Angreifer vorgegangen, so der Sprecher. Kräfte wurden aus umliegenden Polizeipräsidien und vom Polizeipräsidium Einsatz und der Bundespolizei beordert. Auch mit dem Hubschrauber wurden Polizisten eingeflogen. Die Lage war lange unübersichtlich. Die Beamten baten Bürgerinnen und Bürger darum, das Gebiet zu meiden. Anrainer wurden dazu aufgerufen, zuhause zu bleiben.

Eritrea mit seinen gut drei Millionen Einwohnern liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer und ist international weitgehend abgeschottet. Seit einer in einem jahrzehntelangen Krieg erkämpften Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren regiert Präsident Isaias Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur das Land. Andere Parteien sind verboten, die Meinungs- und Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Es gibt weder ein Parlament noch unabhängige Gerichte oder zivilgesellschaftliche Organisationen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen.

Im Juli war es im hessischen Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival mit mindestens 26 verletzten Polizisten gekommen, als Gegner der Veranstaltung Sicherheitskräfte mit Stein- und Flaschenwürfen attackierten und Rauchbomben zündeten. Die Beamten hatten unter anderem Schlagstöcke gegen sie eingesetzt. Die Organisatoren des Events in Gießen standen der umstrittenen Führung des ostafrikanischen Landes nahe. In Stockholm kam es im August bei einem Eritrea-Festival zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehr als 50 Verletzten.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach den massiven Ausschreitungen am Samstag am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart sind 227 der 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Krawallmacher wieder frei.
  • Das teilte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler am Sonntag in Stuttgart mit.
  • 300 Beamte seien insgesamt am Samstag im Einsatz gewesen.
  • Sie seien am Stuttgarter Römerkastell auf die Beamten losgegangen, hätten sie mit Flaschen und Steinen beworfen.