Rasant radikalisiert
Anschlag am Westbahnhof verhindert: 14-Jähriger festgenommen
Wie das Innenministerium am Mittwoch mitteilte, nahmen Ermittler des Landesamtes Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung (LSE) und Kräfte der WEGA den Jugendlichen am 10. Februar fest.
Bei ihm wurden unter anderem zwei Messer und zahlreiches Material gefunden, das auf eine Anhängerschaft des Islamischen Staates (IS) hindeutet, so die Ermittler.
Der 14-Jährige befindet sich seit 12. Februar wegen Tatbegehungs- und Tatausführungsgefahr in U-Haft. Das teilte die Sprecherin der Landesgerichts, Christina Salzborn, auf APA-Anfrage mit. Der U-Haft-Beschluss ist rechtswirksam. Der 14-Jährige machte vor der Haftrichterin keine Angaben.
Verteidigerin sieht "eine Kinderzeichnung"
"Ich glaube nicht, dass wir unmittelbar vor einem Anschlag waren. Aus meiner Sicht war es ein Auseinandersetzen mit dem Gedankengut des IS und eine Fantasie, die aber im Bereich der Fantasie geblieben ist", sagte Anna Mair, die Verteidigerin des 14-Jährigen, im Gespräch mit der APA.
Anwältin fürchtet U-Haft könnte 14-Jährigen weiter radikalisieren
Bezogen auf das dem Jugendlichen unterstellte beabsichtigte Umsetzen eines Terror-Akts meinte Mair, der 14-Jährige hätte "Gedanken darüber" gehabt und "diese Gedanken aufgezeichnet". Bei einer Hausdurchsuchung sei "eine Kinderzeichnung" sichergestellt worden. Diese zeige "Züge, Geleise, kleine Männchen und die U6-Station am Westbahnhof", sagte die Anwältin. "Aufgrund meines Eindrucks glaube ich aber, dass das eine Fantasie war. Wir sind weit weg von einer konkreten Umsetzung", legte Mair dar.
Hinweis aus Deutschland führte auf Spur des 14-Jährigen
Auf den 14-Jährigen war man nach APA-Informationen aufgrund eines Hinweises des deutschen Bundeskriminalamts gekommen. Die deutschen Ermittler hatten ein besorgniserregendes Profil mit radikal islamistischen Inhalten entdeckt. Dieses Profil konnte dem 14-Jährigen zugeordnet werden. Daraufhin wurde die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informiert, die weiter gegen den Verdächtigen ermittelte.
"Dieser Erfolg des Verfassungsschutzes zeigt die Wichtigkeit einer funktionierenden Terrorismusbekämpfung. Die Ermittlungsmethoden der Sicherheitsbehörden müssen aber ständig an die fortschreitende Digitalisierung angepasst werden, um weiterhin effizient arbeiten zu können", teilte Omar Haijawi-Pirchner, Direktor der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, in einer Aussendung mit.
"Bestens integrierte" Eltern, rasante Radikalisierung
Der 14-Jährige wuchs in einem intakten Elternhaus auf und besuchte zum Zeitpunkt seiner Festnahme das letzte Pflichtschuljahr. Er hätte im kommenden Herbst eine Lehre beginnen wollen. Die Eltern – sie haben türkische Wurzeln – seien "bestens integriert" und "liberal eingestellt", erklärte Verteidigerin Mair. Den Radikalisierungsprozess ihres Sohnes hätten sie nicht mitbekommen.
-
Mehr lesen: Nach Anschlag: Villacher Faschingsumzug abgesagt
Dieser dürfte sich – ähnlich, wie der Villach-Attentäter – ausschließlich online abgespielt und ebenfalls vorrangig über die Plattform TikTok stattgefunden haben. Im Anlassbericht der DSN heißt es, der 14-Jährige hätte sich im August 2024 zu radikalisieren begonnen.
Dass er Moscheen besucht hätte oder in Kontakt mit anderen IS-Anhängern war, ist derzeit nicht bekannt. Allerdings bleiben diesbezüglich die Auswertungen des Handys des Schülers abzuwarten, das – neben anderen Geräten – sichergestellt wurde.
Jugendlicher verbreitete auf TikTok islamistisches Gedankengut
Die Festnahme erfolgte in Wien-Währing anlässlich einer Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien. Gegen den 14-Jährigen – einen österreichischen Staatsbürger mit türkischen Wurzeln, so das Innenministerium – besteht demnach der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. in einer kriminellen Organisation.
Ausgangspunkt waren Hinweise an die DSN, dass ein zunächst unbekannter Anhänger einer terroristischen Vereinigung auf mehreren TikTok-Profilen Stories und Videos mit islamistischem Gedankengut verbreitet hatte.
Die Natur dieser Postings deutete den Ermittlern zufolge darauf hin, dass es sich um einen Anhänger des IS handelt. Weitere Ermittlungen führten die DSN zur Identität des Posters. Die Staatsanwaltschaft ordnete daraufhin seine Festnahme an.
Video: Terrorexperte: TikTok "eine Art Einstiegsdroge für Radikalisierung"
14-Jähriger hatte Messer bei sich
Bei der Festnahme hatte der 14-Jährige ein Messer mit einer Säge und einer fünf Zentimeter langen Klinge in seiner Hosentasche, so das Innenministerium. Neben der Festnahme ordnete die Anklagebehörde auch eine Hausdurchsuchung an.
Die Ermittler fanden zahlreiche islamistische Bücher sowie handschriftliche Skizzen von Anschlägen mit Messern und Macheten, die auf einem Bahnhof und auf Polizisten verübt werden sollten. Außerdem wurde eine handschriftliche Anleitung zur Herstellung von explosivem Material entdeckt, das als Zünder für eine Bombe dienen sollte, die ebenfalls noch herzustellen war.
Darüber hinaus fanden die DSN-Beamten im Kellerabteil der Wohnung Aluminiumrohre und Tischbeine sowie Panzertape in einem Versteck. Dieses Material hätte laut Innenministerium zur Herstellung einer Bombe verwendet werden sollen.
In einer Tasche wurden ein Kampfmesser mit 16,5 Zentimeter langer Klinge, ein weiteres Klappmesser mit einer Sieben-Zentimeter-Klinge und eine Flagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis entdeckt. Der 14-Jährige verweigerte bei der Erstvernehmung die Aussage.
Video: Wie TikTok Jugendliche radikalisiert
Mehr islamistische Propaganda im Netz
Das Innenministerium wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Verbreitung radikal-islamistischer Propaganda im digitalen Raum zunehme und "als Inspirationsquelle für terroristisch motivierte Taten" diene.
"Besonders gefährdet sind Jugendliche und junge Erwachsene, die über soziale Medien und geschlossene Online-Kanäle mit extremistischen Ideologien in Kontakt kommen", hieß es in einer Aussendung des Ressorts. Auch sogenannte "Influencer Preacher" würden mit Online-Auftritten ein breites Publikum erreichen - auch in Österreich -, die Täter agieren aber aus dem Ausland.
Zur gezielten Indoktrination nutzen Terrororganisationen "zunehmend eigene Computerspiele und Apps", teilte das Ministerium mit. "Gleichzeitig erschweren verschlüsselte Kommunikationskanäle und rechtliche Hürden die Arbeit der Sicherheitsbehörden, die erst nach Sicherstellung eines Geräts auf relevante Inhalte zugreifen können." Die wachsende digitale Radikalisierung stelle somit "eine ernst zu nehmende Herausforderung für die innere Sicherheit in Österreich dar", hieß es.
Zusammenfassung
- Ein 14-jähriger plante einen Terroranschlag am Wiener Westbahnhof, wurde jedoch am 10. Februar von der Polizei und dem Verfassungsschutz festgenommen.
- Ermittler des Landesamtes Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung (LSE) und Kräfte der WEGA waren an der Festnahme beteiligt.
- Bei dem Jugendlichen wurden zwei Messer und Material gefunden, das auf eine Verbindung zum Islamischen Staat (IS) hinweist.