Amtsgeheimnis soll mit 2025 abgeschafft werden
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich bei der Präsentation des Gesetzesentwurfs euphorisch: "Bye bye Amtsgeheimnis, welcome Informationsfreiheit", formulierte er und sprach von einem "monumentalen Kulturwandel" und einem "historischen Paradigmenwechsel". Das Grundrecht auf Information jeder und jedes einzelnen werde mit dieser "Transparenzrevolution" endlich Realität. Die Regierung beweise damit einmal mehr "Umsetzungskraft", so Kogler mit Blick auf Spekulationen über ein getrübtes Koalitionsklima nach dem jüngst öffentlich gewordenen Entwurf der ÖVP für einen Untersuchungsausschuss, der auch gegen den eigenen Koalitionspartner gerichtet gewesen wäre.
Von einem "Paradigmenwechsel" durch das einheitliche Grundrecht auf Zugang zu Information sprach auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). "Nach rund 100 Jahren wollen wir das Amtsgeheimnis abschaffen", sagte sie. Dabei habe man "Augenmaß" bewahrt, um die Handlungsfreiheit aufrechtzuerhalten und die Verwaltung nicht lahmzulegen. "Gut Ding braucht gut Weile", so die Verfassungsministerin in Bezug auf die jahrelangen Verhandlungen.
Mit dem neuen Gesetz soll ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Grundrecht auf Zugang zu Information eingeführt werden. Anstelle des Amtsgeheimnisses tritt ein "Grundrecht auf Information" für jede und jeden, das erforderlichenfalls auch bei Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden kann. Die Auskünfte können von Bürgerinnen und Bürgern gebührenfrei schriftlich, telefonisch oder persönlich angefragt werden, erklärte Edtstadler.
Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung betrifft die Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie von allen Gemeinden - samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen. Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen. Dabei darf aber die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden.
Zeit zur Auskunftserteilung haben die informationspflichtigen Stellen ab Antragsstellung vier Wochen, wobei diese Frist aus triftigen Gründen um weitere vier Wochen verlängert werden kann. Bei der Auskunftserteilung ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen.
Informationen von allgemeinem Interesse müssen von staatlichen Organen künftig auch proaktiv veröffentlicht werden. Diese sollen auf einer Website (dem zentralen Informationsregister) öffentlich zugänglich gemacht werden. Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnern sind von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen. Darüber hinaus gilt diese Verpflichtung auch für den Nationalrat und den Bundesrat, sowie den Rechnungshof und der Volksanwaltschaft, ebenso für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof.
Nicht veröffentlicht werden müssen Informationen, die im Interesse der nationalen Sicherheit einer Geheimhaltung unterliegen, gleiches gilt für derartige Informationen betreffend der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.
Betroffen sind damit von der proaktiven Informationspflicht nur 259 der insgesamt 2.093 Gemeinden in Österreich. Die übrigen 1.834 haben weniger als 5.000 Einwohner. In den betroffenen Gemeinden würden aber 60 Prozent der Bevölkerung leben, betonte Edtstadler. Kogler zeigte sich zuversichtlich, dass viele kleine Gemeinden freiwillig proaktiv Informationen veröffentlichen werden und dabei sogar ein Wettbewerb entstehen könne zwischen den Gemeinden.
Für die Umsetzung ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat sowie eine qualifizierte Zustimmung des Bundesrats erforderlich - und damit die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ. Am Vormittag wurde das Paket den Parlamentsfraktionen vorgestellt. Die Gespräche seien konstruktiv gewesen und sollen kommende Woche fortgesetzt werden, berichtete Edtstadler.
Kogler zeigte sich in der ZIB2 überzeugt, dass das Gesetz "relativ rasch beschlossen" werden kann. In den "nächsten Tagen" soll der Entwurf mitsamt Erläuterungen im Parlament ankommen, so Kogler: "Und dann kann es schon losgehen mit den Gesprächen." Dass es an der nötigen Zweidrittelmehrheit scheitern könnte, glaubt Kogler nicht. Schließlich sei es ein "großer Wurf".
Die FPÖ erteilte der Regierung allerdings bereits eine Absage. In dieser Form werde die Partei dem Gesetzesentwurf keine Zustimmung geben, so FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst und der Abgeordnete Werner Herbert in einer Aussendung. Die SPÖ zeigte sich dagegen offen für Gespräche. Man werde den längst überfälligen Gesetzesentwurf nun genau prüfen, so SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried, der "auf den ersten Blick" aber bereits Verbesserungsbedarf ortete.
Beschlossen werden soll das Gesetz so rasch wie möglich, in Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen laut Regierungsplänen dann im Jahr 2025. Jedenfalls aber soll zwischen Parlamentsbeschluss und dem Inkrafttreten eine Zeitspanne von eineinhalb Jahren liegen, damit sich die jeweiligen Stellen ausreichend vorbereiten können.
Im Gegensatz zum 2021 präsentierten Gesetzesentwurf nicht mehr enthalten sind im nun präsentierten Entwurf die Änderungen den Verfassungsgerichtshof betreffend - eine Cooling-off-Phase für ehemalige Politiker, bevor sie Richter werden, und die Veröffentlichung abweichender Stellungnahmen nach Entscheidungen des VfGh. Auch die geplante Erweiterung der Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofs auf Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung von Bund, Land oder Gemeinden kommt nicht (sondern erst ab 50 Prozent).
Zusammenfassung
- Nach jahrelangem Ringen hat die Regierung am Donnerstag den fertigen Entwurf zur Reform des Amtsgeheimnisses vorgelegt.
- Dieses soll mit dem Jahr 2025 Geschichte sein, an seine Stelle wird den Plänen zufolge das neue Informationsfreiheitsgesetz treten.
- Mit diesem soll dafür gesorgt werden, dass Bund, Länder und Gemeinden Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantworten und ihnen Informationen erteilen müssen.