Alpenverein: "Hütten-Finanzierung ins Regierungsprogramm"
"Was ich mir erwarte ist, dass wir ins Regierungsprogramm reinkommen mit einer längerfristigen Absicherung", hielt Schnabl, der seit heuer Präsident des Alpenvereins ist, mit Blick auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS fest. Zwar höre man täglich, "wie das Budget aussehen wird, soll oder muss". Dennoch wäre es wünschenswert, an den Koalitionsverhandlungen beteiligt zu sein, denn das Thema sei größer als die alpinen Vereine: "Es ist die touristische Infrastruktur". Schließlich würden zwei Drittel der Touristinnen und Touristen der Berge wegen nach Österreich kommen.
Schnabl verwies erneut auf eine Petition des Verbandes alpiner Vereine (VAVÖ), in der ein Rettungspaket zum Erhalt der Hütten und Wege gefordert wird. "Eigentlich sollten nicht wir diese Petition machen, sondern der Tourismus. Das ist der große Nutznießer", verdeutlichte der Alpenvereinspräsident seine Position. Der VAVÖ rechnete zuletzt vor, dass in den kommenden fünf Jahren 95 Millionen Euro nötig seien, um Hütten zu erhalten, die laut Schnabl "massiv in Schwierigkeiten" sind. Die türkis-grüne Bundesregierung stellte im Sommer nach der Bereitstellung von drei Millionen Euro eine finanzielle Hilfe über die Legislaturperiode hinaus in Aussicht.
Für den ÖAV-Präsidenten wäre die Finanzierung der Hütten nämlich "Aufgabe der Öffentlichkeit". Die Betreuung, Instandhaltung sowie die Pächtersuche sei "schon genug", fand er. Eine Hütte zu betreiben, sei nämlich "nicht diese Idylle, die man im Kopf hat", sprach Schnabl die romantische Vorstellung des Aussteigertums an. Hütten seien etwa aufgrund von Photovoltaikanlagen oder Kläranlagen mit "hochkomplexen Systemen" ausgestattet. "Und man muss mit den Gästen gut können, was heutzutage auch schwieriger wird. Die Ansprüche sind schon gestiegen. Viele glauben, wir sind in einem Hotel", erzählte er von den Erfahrungen am Berg.
Stellenweise empfand er auch die Kapazitätsgrenzen am Berg erreicht. Der Alpenverein versuche hier, mit Besucherlenkung entgegenzuwirken. "Letztendlich geht es darum, die Natur zu schonen", sagte Schnabl. Das Thema Umweltschutz spiele im Alpenverein indes eine traditionell große Rolle: "Wir haben zwei große gleichberechtigte Punkte in unserer Satzung: Das eine ist Bergsport, das andere ist Naturschutz." Innerhalb des Vereins gebe es zwar eine Diskussion darüber, ob sich der Alpenverein zu sehr umweltpolitisch engagiert. Bei 700.000 Mitgliedern vereine man jedoch alle Parteien und alle Meinungen. Er könne Bergsport und Umweltschutz aber nicht getrennt voneinander betrachten: "Wenn Wege wegbrechen, Muren abgehen, Permafrost auftaut und Felsen runterkommen, kann man auch nicht mehr in die Natur gehen", argumentierte der ÖAV-Chef.
"Ein bisschen in die Zukunft schauen" will Schnabl daher auch beim Thema Skifahren. "Wir sind nicht gegen Skifahren. Wir bieten ja auch selbst Skikurse an", schickte er voraus. Dennoch: "Gletschererweiterungen sind für uns total tabu. Das ist nicht mehr der Zeitgeist", verwies er auf "massive Gletscherrückgänge". Ebenso nicht "schwarz/weiß" sehen könne man das Thema Windräder. Der Alpenverein habe "Ausschlusszonen" definiert, wie etwa Nationalparks. Aber es gebe sehr wohl Gegenden, wo man darüber nachdenken könne.
Bei Themen wie Skifahren, Windrädern oder auch Gipfelkreuzen - wobei Schnabl auf einen Beschluss aus den 1980ern verwies, keine neuen Kreuze aufstellen zu wollen - werde man oft in politische Diskussionen involviert. "Es springt immer eine Partei auf ein Thema an. Aber es ist nicht immer bei jedem Thema die gleiche Partei". Früher sei der Alpenverein trotz in der Satzung festgeschriebenen Unparteilichkeit "automatisch mit der ÖVP in Verbindung gebracht worden". "Das ist heute nicht mehr so", meinte er. In Präsidium und Gremien seien "alle Parteien vertreten", denn "die Natur ist nicht von einer Partei gepachtet".
Schnabl wurde bei der heurigen Jahreshauptversammlung als Präsident bestätigt, nachdem er das Amt zuvor interimistisch von Gerhard Dunkel-Schwarzenberger übernommen hatte. Dieser hatte sich nur vier Monate nach Amtsübernahme "aus wichtigen persönlichen Gründen" zurückgezogen. Zuvor war der Innsbrucker Anwalt Andreas Ermacora elf Jahre lang an der Spitze des Vereins gestanden. Wie lange Schnabl die Präsidentschaft innehaben möchte, wollte er auf Nachfrage nicht sagen: "Ich muss jetzt einmal Punkte auf den Weg bekommen und umsetzen. Letztlich hängt es von den Sektionen ab, wie zufrieden sie sind."
Zusammenfassung
- Der Präsident des ÖAV, Wolfgang Schnabl, fordert eine langfristige Finanzierung der Hütten im Regierungsprogramm, um die touristische Infrastruktur abzusichern.
- Ein Rettungspaket des VAVÖ beziffert den Bedarf für die Erhaltung der Hütten auf 95 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren.
- Die türkis-grüne Regierung hat im Sommer eine Unterstützung von drei Millionen Euro bereitgestellt und plant weitere Hilfen über die Legislaturperiode hinaus.
- Schnabl sieht die Hüttenfinanzierung als öffentliche Aufgabe und verweist auf die komplexen Anforderungen beim Betrieb.
- Der Alpenverein engagiert sich im Umweltschutz und verbindet Bergsport mit Naturschutz, wobei er sich kritisch zu Gletschererweiterungen äußert.