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AK-Zangerl für "offene Diskussion" über Vermögenssteuern

Der Tiroler Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl (ÖVP) ist - anders als seine Partei - Vermögenssteuern gegenüber offenbar aufgeschlossener eingestellt. Er spreche sich für eine "offene und ehrliche Diskussion" darüber aus, sagte Zangerl im APA-Interview. Eine künftige Regierungskonstellation betreffend ließ Zangerl eine Präferenz für eine Koalition aus ÖVP und SPÖ anklingen, glaubte jedoch nicht an einen Verbleib von SPÖ-Bundesparteivorsitzendem Andreas Babler.

Hinsichtlich möglicher Vermögenssteuern müsse insbesondere für die Bevölkerung "nachvollziehbar" sein, wer davon betroffen wäre. Aktuell würden sich "Leute betroffen fühlen, die wahrscheinlich gar nicht betroffen sind". Für ihn sei indes fraglich, ob der Nutzen den bürokratischen Aufwand übersteige: "Das wird das Budget wohl nicht sanieren". Andere ÖVP-Granden, allen voran Bundeskanzler und Bundesparteiobmann Karl Nehammer, hatten eine Vermögenssteuer kategorisch abgelehnt. Vor dem Stopfen von aufgetretenen Budgetlöchern sei jedenfalls ein Kassasturz zu machen und "Notwendiges" von "Luxus" zu unterscheiden, sagte der schwarze Arbeiterkammerpräsident. Etwa könnten nicht wirksame Förderungen gestrichen werden. Konkrete Beispiele hierfür wollte Zangerl mit Verweis auf eine unklare Ausgangslage nicht nennen.

Nach einer möglichen ehemals "Großen Koalition" aus ÖVP und SPÖ nach der Nationalratswahl am 29. September gefragt, erklärte Zangerl, eine "breite Basis" sei in "schwierigen Zeiten vernünftiger". Inwieweit die SPÖ nach der Wahl ein möglicher Koalitionspartner sei, bleibe jedoch abzuwarten - immerhin könnte es zu einem Wechsel an der Spitze kommen, mutmaßte der schwarze Arbeiterkammerchef. Eine Mehrheit der "bürgerlichen Sozialisten" in der SPÖ habe keine Freude mit den von Babler vertretenen Positionen.

Eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen sei aus seiner Sicht "problematisch", immerhin seien diese teils "demokratiepolitisch bedenklich" unterwegs. Die Position der FPÖ zu den Interessensvertretungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erinnere ihn "an den Ständestaat", sagte Zangerl. Bundeskanzler Nehammer habe eine Koalition mit Kickl ausgeschlossen, ob die FPÖ "umdenke" oder an Kickl festhalte, bleibe abzuwarten. Er bezweifle das jedenfalls: "Die FPÖ hat sich auf Bundesebene zur Führerpartei entwickelt". Mit der Landes-FPÖ habe man indes ein gutes Einvernehmen, betonte Zangerl.

Eine Dreierkoalition sei "natürlich" ebenfalls denkbar, so der Arbeiterkammerpräsident auf Nachfrage. Hinsichtlich möglicher Partner hierfür gebe es jedoch sowohl bei Grünen als auch NEOS Probleme. Bei den Grünen seien "Zerwürfnisse" fortgeschritten. Auch mit den Bundes-Pinken hätte er "keine Freude" und es wäre wohl "sehr schwierig", verwies Zangerl auf Aussagen aus deren Reihen. Wenn sich jemand als "Kammerjäger" tituliere, sei das "nicht nur beleidigend, sondern eine Sauerei", kritisierte der Arbeiterkammerchef. Immerhin impliziere man damit, dass man gegen "Ungeziefer" vorgehen wolle.

Hinsichtlich eines in Europa beobachteten Aufschwungs rechter und rechtspopulistischer Parteien ortete Zangerl die Gründe "im Allgemeinzustand". Man habe insbesondere im Bereich der "illegalen Zuwanderung" - die Zangerl von gewollter Zuwanderung in den Arbeitsmarkt sowie Flucht abgegrenzt sah - die richtigen Maßnahmen "verabsäumt". Insbesondere diese "illegale Zuwanderung ins Sozialsystem" sei es, was die Menschen ärgere und zur Wahl "extremer Positionen" aus einem "Bauchgefühl" heraus verleite. Rechte Parteien würden dies auch für "Propaganda auf dem Rücken von Flüchtlingen" nutzen. Es handle sich um ein "europäisches Problem". Nach der innereuropäischen Öffnung der Grenzen durch Schengen habe man einen strengeren "Außengrenzschutz" verabsäumt.

Inhaltlich forderte Zangerl insbesondere eine Entlastung der Arbeitnehmer und ein Senkung der Steuern auf Löhne und Gehälter. Diese "enorme Belastung" treffe vor allem den Mittelstand. Immerhin sei die Kalte Progression und damit "effektiver staatlicher Lohnraub" nahezu abgeschafft worden, merkte der Arbeiterkammerchef an. Auch einer Diskussion über eine Senkung der Lohnnebenkosten wollte sich Zangerl nicht verschließen. Der Ruf der Wirtschaft nach Entlastung sei "berechtigt". Jedoch müssten die Arbeitgeber zuvor klar sagen: "Was wollt ihr nicht mehr zahlen"? Jedenfalls würde es sich um eine reine Entlastung auf deren Seite handeln, Arbeitnehmer hätten deshalb nicht mehr Geld als zuvor.

Nach zwei Jahren Amtszeit der schwarz-roten Tiroler Landesregierung stellte Zangerl dem Team um Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) indes ein durchwegs positives Zwischenzeugnis aus. Es gebe "keinen Streit", es sei "Bemühen erkennbar" und man arbeite "engagiert, positiv und unaufgeregt" zusammen. Auch was das Arbeitstempo betreffe, sei man im Vergleich zum Bund "geradezu rasant unterwegs". Mattle selbst sei als "Ruhepol" wichtig und "der richtige Mann zur richtigen Zeit". Kritik übte Zangerl indes an "überbordendem Zentralismus", der den Bundesländern Gestaltungsspielraum nehme. Als Beispiel nannte er die Krankenkassenreform.

Innerhalb der ÖVP sah sich der oftmals ausscherende Zangerl weiter gut aufgehoben. Zu Zeiten von Bundesparteichef und Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte er noch von "türkisen Unsozialen" gesprochen. Seitdem habe sich die Partei "grundlegend" verändert und einen "Neustart" hingelegt. Begründet sah dies Zangerl insbesondere im "grundlegend anderen Charakter" von Bundesparteiobmann Nehammer. Die Mannschaft um Kurz sei teils "abgehoben und präpotent" aufgetreten, Nehammer hingegen sei "nicht polarisierend" und "glaubt nicht, er ist alleine auf der Welt".

Zu seiner persönlichen Zukunft bekräftigte der schwarze Arbeiterkammerchef, letztmalig zur Wahl angetreten zu sein und nach dieser Amtsperiode abtreten zu wollen. Natürlich habe es "Anreize" gegeben, etwas anderes zu machen, sagte Zangerl nach Jahrzehnten in der Arbeiterkammer - das sei "menschlich". Ein Wechsel in die Landespolitik sei für ihn jedoch nicht zur Debatte gestanden: "Die Gestaltungsmöglichkeiten in der Kammer sind bedeutend höher". Ein möglicher Wechsel in das Amt des Landeshauptmanns sei ebenso kein Thema gewesen: "Das ist in meiner Gedankenwelt nicht vorhanden". Zangerl amtiert bereits seit 2008 als Arbeiterkammerpräsident, im heurigen Februar erhielt seine Liste AAB-FCG erneut eine absolute Mandatsmehrheit. Mit 59,2 Prozent der Stimmen (2019: 61,4 Prozent) musste man indes ein kleines Minus hinnehmen.

ribbon Zusammenfassung
  • Erwin Zangerl, Präsident der Tiroler Arbeiterkammer, spricht sich für eine offene Diskussion über Vermögenssteuern aus.
  • Zangerl zweifelt am Nutzen von Vermögenssteuern aufgrund des bürokratischen Aufwands und betont, dass diese für die Bevölkerung nachvollziehbar sein müssen.
  • Er sieht eine Koalition aus ÖVP und SPÖ als vernünftig an, glaubt jedoch nicht an einen Verbleib von Andreas Babler als SPÖ-Bundesparteivorsitzender.
  • Zangerl fordert eine Entlastung der Arbeitnehmer und eine Senkung der Lohnnebenkosten, um den Mittelstand zu entlasten.
  • Er plant, nach dieser Amtsperiode als Arbeiterkammerpräsident abzutreten, nachdem seine Liste AAB-FCG im Februar 59,2 Prozent der Stimmen erhielt.