Afghanische Botschafterin ins Außenamt bestellt: Gespräch "konstruktiv"
Nach ihrer Forderung an Österreich und andere europäische Länder nach einem verlängerten Abschiebestopp für abgewiesene afghanische Asylwerber, ist die afghanische Botschafterin in Wien, Manizha Bakhtari, ins Außenministerium einbestellt worden. Man sei "überrascht" über die Aussagen Bakhtaris, "nachdem es erst vergangene Woche anderslautende Signale gegeben hatte", teilte das Außenamt am Freitag der APA mit. Das Gespräch sei aber konstruktiv verlaufen, wurde danach betont.
"Wir sind nicht in der Lage, Abgeschobene aufzunehmen"
Bakhtari ersuchte Europa in einem Interview im Ö1-Radio am Freitag um die Verlängerung des Abschiebestopps für afghanische Asylwerber mit negativem Bescheid, über den Oktober hinaus. Bereits im Juli hatte die Regierung in Kabul gebeten, Rückführungen für drei Monate auszusetzen. "Wir sind nicht in der Lage, Abgeschobene aufzunehmen", sagte die Diplomatin mit Verweis auf die Sicherheitslage, die sich seit dem Abzug der NATO-Truppen aus dem Krisenland zunehmend verschlechtert.
Aussetzung stehe nicht zur Debatte
Eine Aussetzung von Abschiebungen stehe nicht zur Debatte, so eine Sprecherin des Außenministeriums am Freitag. Diesen Standpunkt wolle man der Botschafterin "noch einmal klar darlegen", hieß es im Vorfeld des Treffens, das am frühen Nachmittag stattfand und an dem auch eine Vertreterin des Innenministeriums teilnahm. Das Gespräch sei "konstruktiv" verlaufen, teilte eine Sprecherin am Nachmittag auf APA-Anfrage mit. Die Botschafterin habe erneut ersucht, dass Europa die Sicherheitslage in Afghanistan laufend re-evaluiere. Zugleich habe sie betonte, dass Afghanistan weiterhin zu allen Vereinbarungen stehe, was auch die Rückübernahme eigener Staatsbürger miteinschließe. Die afghanische Botschaft war für eine Stellungnahme und Bestätigung dessen für die APA am Freitag zunächst nicht erreichbar.
"Vonseiten Österreichs ist kein Abschiebestopp nach Afghanistan geplant", hieß es bereits am Donnerstag gegenüber der APA aus dem Innenministerium. Ein für Dienstagabend geplanter Abschiebeflug von München nach Afghanistan, an dessen Bord auch zwei aus Österreich abzuschiebende Afghanen hätten sein sollen, war am Dienstag kurzfristig abgesagt worden, soll jedoch "zeitnah" nachgeholt werden, hieß es aus Berlin. Grund für die Absage sei die Gewalteskalation in Kabul gewesen.
Über 5.000 Taliban-Anschläge seit April
Die Taliban hätten seit April mehr als 5.500 Anschläge verübt und terrorisierten die Bevölkerung in den Gebieten, die sie erobert haben. "Sie haben Hände abgeschlagen, sie haben geköpft und Frauen gesteinigt", berichtete Bakhtari. Die Taliban hätten Frauen befohlen, zu Hause zu bleiben und das Haus nur in männlicher Begleitung zu verlassen. Und sie hätten alle Mädchenschulen geschlossen. Die jüngste Eskalation habe außerdem zu einem massiven Anstieg von intern Vertriebener geführt. "Wir können schon sie nicht mit Essen, Unterkunft und anderem unterstützen."
Im Fall der 13-Jährigen, die nach einer gewaltsamen Begegnung mit mehreren jungen Afghanen ums Leben gekommen war, zeigte die Botschafterin Mitgefühl. Ihr Herz sei stehen geblieben, als die davon gehört habe, sagte die Mutter dreier Kinder. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihr und ihrer Familie." Afghanistan arbeite mit den österreichischen Behörden zusammen, damit Recht gesprochen werde. Die Täter repräsentieren laut der Botschafterin aber nicht Afghanistan, so wie es auch die Taliban nicht täten.
Gerichtshof stoppt Abschiebung nach Afghanistan
Mit einer einstweiligen Verfügung hat der Europäische Gerichtshof (EMGR) für Menschenrechte am Dienstag die Abschiebung eines abgelehnten Asylwerbers aus Österreich nach Afghanistan gestoppt. Als Grund wird die Sicherheitslage vor Ort genannt. Als Begründung wurde die Sicherheitslage in Afghanistan genannt.
Wilfried Embacher, Anwalt für Fremden- und Asylrecht, im Interview mit PULS 24 über die einstweilige Verfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
UNHCR: Abschiebungen aussetzen
Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) hatte bereits nach dem ersten Ersuchen Kabuls nach Aussetzen der Abschiebungen alle Staaten dazu aufgerufen, bei der Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden, die alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, "ganz besondere Vorsicht walten zu lassen".
Mitte Juli warnte das UNHCR angesichts steigender Zahlen von Flüchtlingen und Vertriebenen vor einer humanitären Krise in Afghanistan. Rund 270.000 Afghanen sind demnach seit Anfang des Jahres zusätzlich im eigenen Land vertrieben worden. Insgesamt sind damit mehr als 3,5 Millionen Menschen im Land auf der Flucht. Weltweit zählte das UNHCR im vergangenen Jahr rund 2,6 Millionen afghanische Flüchtlinge, die Mehrheit von ihnen beherbergen Pakistan und der Iran.
Zusammenfassung
- Nach ihrer Forderung an Österreich und andere europäische Länder nach einem verlängerten Abschiebestopp für abgewiesene afghanische Asylwerber, ist die afghanische Botschafterin in Wien, Manizha Bakhtari, ins Außenministerium einbestellt worden.
- Man sei "überrascht" über die Aussagen Bakhtaris, "nachdem es erst vergangene Woche anderslautende Signale gegeben hatte", teilte das Außenamt am Freitag der APA mit. Das Gespräch sei aber konstruktiv verlaufen, wurde danach betont.
- Bakhtari ersuchte Europa in einem Interview im Ö1-Radio am Freitag um die Verlängerung des Abschiebestopps für afghanische Asylwerber mit negativem Bescheid, über den Oktober hinaus.
- Bereits im Juli hatte die Regierung in Kabul gebeten, Rückführungen für drei Monate auszusetzen.
- "Wir sind nicht in der Lage, Abgeschobene aufzunehmen", sagte die Diplomatin mit Verweis auf die Sicherheitslage, die sich seit dem Abzug der NATO-Truppen aus dem Krisenland zunehmend verschlechtert.
- Eine Aussetzung von Abschiebungen stehe nicht zur Debatte, so eine Sprecherin des Außenministeriums am Freitag.