800-Milliarden-Paket
Woher das Geld zur Aufrüstung Europas kommen soll
Bei dem Sondergipfel zeichnete sich grundsätzlich grünes Licht für einen Wiederaufrüstungsplan von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab, der Investitionen von bis zu 800 Milliarden Euro ermöglichen soll.
Was schlägt von der Leyen vor?
Die deutsche Kommissionschefin will "ein neues EU-Finanzinstrument" von 150 Milliarden Euro schaffen. Das Geld soll als Darlehen an Mitgliedsländer fließen, die wegen hoher Zinsen Probleme haben, sich selbst Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen. Die Kommission will die Mittel im Namen der 27 aufnehmen, der EU-Haushalt dient als Garantie.
Reichen die Mittel aus?
Sollten die 150 Milliarden Euro erschöpft sein, werden in Brüssel auch höhere Summen nicht ausgeschlossen. Von der Leyen sprach beim Gipfel von einer brandgefährlichen Lage und einem "Wendepunkt" für Europas Sicherheit. Sie spielte damit auf die Annäherung von US-Präsident Donald Trump an den russischen Staatschef Wladimir Putin an.
Was will die EU genau finanzieren?
Mit dem neuen Milliardenfonds sollen die Staaten unter anderem Luftabwehrsysteme, Artillerie, Raketen und Munition beschaffen. Zudem könnten die Mitgliedstaaten damit ihre Militärhilfe für die Ukraine "massiv ausweiten", hatte von der Leyen vor dem Gipfel gesagt.
Wer haftet für den Milliarden-Fonds?
Umstritten ist, ob es sich bei dem 150-Milliarden-Euro-Fonds um Eurobonds handelt - also neue europäische Gemeinschaftsschulden, für die auch Österreich haften würde.
"Sparsame" Länder wie die Niederlande verweisen darauf, dass die Darlehen zurückgezahlt werden müssen und keine Subventionen gezahlt werden sollen. Das würde das neue Instrument von dem schuldenfinanzierten Corona-Hilfsfonds von 800 Milliarden Euro unterscheiden.
Was ist noch geplant?
Um nationale Rüstungsinvestitionen anzukurbeln, will von der Leyen die EU-Schuldenregeln lockern. Dies könne insgesamt "fiskalischen Spielraum von nahezu 650 Milliarden Euro über einen Zeitraum von vier Jahren schaffen", sagte sie.
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Bedingung ist allerdings, dass Länder ihre nationalen Verteidigungsausgaben im Schnitt um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigern. Spanien, Italien oder Belgien verfehlen bisher sogar das NATO-Ziel von Rüstungsinvestitionen in Höhe von zwei Prozent des BIP.
Wie will die EU die Regeln lockern?
Von der Leyen will eine nationale Ausnahmeklausel im Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU nutzen. Er schreibt den Ländern eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor und Gesamtschulden von maximal 80 Prozent. Die Ausnahmeregel soll auf vier Jahre befristet sein.
Was würde das für Deutschland bedeuten?
Die Bundesrepublik könnte von den gelockerten Schuldenregeln profitieren. Denn die wahrscheinlichen Koalitionspartner Union und SPD wollen ein beispielloses Finanzpaket schnüren, das Deutschland in Konflikt mit den EU-Vorschriften bringen könnte. Es sieht unter anderem ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro vor.
Wie reagieren Deutschland und andere EU-Länder?
Der scheidende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) plädierte beim Gipfel sogar für "eine langfristige Anpassung" der EU-Schuldenregeln für Verteidigungsinvestitionen. Das entspricht Forderungen hoch verschuldeter Länder wie Frankreich und Italien und kommt nach Brüsseler Einschätzung einer 180-Grad-Wende in der deutschen Haltung gleich.
Scholz: "Ukraine braucht weiterhin unsere Unterstützung!"
Frankreich will seine ohnehin bereits aufgestockten Rüstungsausgaben weiter erhöhen. Das Verteidigungsbudget müsse von jährlich derzeit 50,5 Milliarden auf 90 Milliarden Euro aufgestockt werden.
"Sparsame" Länder wie die Niederlande oder Schweden warnen dagegen vor einer Aufweichung der Schuldenregeln, sie fürchten eine Finanzkrise wie nach 2008.
Woher könnte noch Geld für die Ukraine kommen?
Polen und die Baltenstaaten wollen das in Europa eingefrorene russische Vermögen von mehr als 200 Milliarden Euro beschlagnahmen und Kiew zur Verfügung zu stellen. Ein Konsens zeichnet sich aber nicht ab.
Deutschland, Frankreich und andere warnen vor einem abschreckenden Signal an ausländische Investoren im Euroraum. Ungarn und die Slowakei stehen Russland nahe und lehnen grundsätzlich weitere Ukrainehilfen ab.
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Zusammenfassung
- Nach der Aussetzung der US-Militärhilfen für die Ukraine haben die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag über die Verteidigung Europas gegen Russland beraten.
- Bei dem Sondergipfel zeichnete sich grundsätzlich grünes Licht für einen Wiederaufrüstungsplan von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab, der Investitionen von bis zu 800 Milliarden Euro ermöglichen soll.
- Aber woher soll das Geld dafür kommen?